Capri-Vorstoß zum Wohl von Touristen Italiener begrüßen "Anti-Nerv-Verordnung" gegen Abzocker
Auf Capri darf man sich Touristen nicht mehr zu sehr nähern, um ihnen Flyer, Menüs oder Prospekte zu zeigen. Wird so der Verfall "der Gastfreundschaft" gestoppt?
Kaum kommen Besucher mit dem Schiff auf Capri an, geht der Spießrutenlauf los. Sogenannte Schlepper bestürmen die Touristen, in ihrem Geschäft einzukaufen, Restaurantkarten entgegenzunehmen oder sich die Auslagen eines Standes anzuschauen. Damit soll nun Schluss sein. Am Montag wurde bekannt, dass der Bürgermeister der weltberühmten Insel die Gäste besser davor schützen wolle und ab sofort strenge Regeln einführt.
Wo liegt das Problem wirklich? Die italienischen Medien diskutieren das Thema am Tag danach lebendig, denn eigentlich ist im Strafgesetzbuch des Landes geregelt, wie mit Belästigungen und Störungen umgegangen werden soll. Der Paragraf ist laut der Tageszeitung "Corriere della Serra" im Volksmund als "Anti-Nerv-Verordnung" bekannt. "Doch offenbar reicht das Gesetz nicht aus", schreibt die Zeitung und begrüßt den Vorstoß von Bürgermeister Paolo Falco, der zusätzliche Streifengänge der Polizei anordnet, mit Bußgeldern bei Zuwiderhandlungen und sogar Lizenzentzug droht.
"Es wird nicht mehr sein wie auf ägyptischen Basaren"
Der "Corriere" schreibt: "Es geht darum, den unaufhaltsamen Verfall einer einst leichten, sagenumwobenen Gastfreundschaft zu benennen, die heute einem resignierten Mitmachen weicht. Von der Leichtigkeit der Sechzigerjahre – von den einfachen Lederriemen an den Füßen von Jacqueline Kennedy und Brigitte Bardot – zur Schwere des heutigen Lärms, der schnatternden Kellner an den Tischen der Tavernen, die den Limoncello-Spritz um jeden Preis (auch wortwörtlich gemeint) an den Mann bringen wollen."
"Es wird nicht mehr sein wie auf ägyptischen Basaren, wo man nach Überschreiten der weißen Linie dem Verkäufer ausgeliefert ist – hier gilt das Gegenteil", schreibt "Torino Oggi". Die augenscheinliche Hoffnung des Blattes: Der Bürgermeister von Capri soll Erfolg haben.
Die Entscheidung des Bürgermeisters im Wortlaut
"Es ist untersagt, auf öffentlichen Flächen oder Wegen jegliche Art von Vermittlung und/oder Werbung für Waren und Dienstleistungen zu betreiben – auch nicht in Form mobiler Werbung mit irgendwelchen Mitteln oder Methoden.
Ebenso verboten ist die Werbung für gastronomische Betriebe durch Personal außerhalb des Lokals oder durch Straßenverkäufer. Es ist auch untersagt, sich Einwohnern oder Touristen zu nähern, um ihnen Speisekarten, Prospekte, Flyer, Karten oder jegliches Werbematerial zu zeigen."
Beide Zeitungen weisen jedoch darauf hin, dass das Problem auch im Übertourismus liegt. "Capri soll für alle sein, aber nicht für alle gleichzeitig", so etwa der "Corriere". Hotels und Restaurants würden derzeit an hoch bietende arabische Geschäftsleute verkauft. Bürgermeister Falco wird mit den Worten zitiert: "Wir können nicht alle Hotels an die Araber verkaufen wie in Monte-Carlo oder Saint-Vincent und dann das Feld räumen." Er habe die Unternehmer aufgefordert, verantwortungsvoll zu handeln.
Ob die neue Verordnung von Capri auch auf andere italienische Inseln und Gemeinden ausstrahlt und Verantwortliche dazu bewegt, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, ist unklar. Die Nachrichtenagentur Ansa weist darauf hin, dass durch Falcos Vorstoß auf Capri auch gegen Schwarzarbeit vorgegangen wird. Die unrechtmäßige Belegung von Gehwegen, Treppen, Fußgängerzonen oder historischen Winkeln der Insel sei "ein Angriff auf die Legalität und das Gemeinwohl".
- corriere.it: "Capri e l'ordinanza anti-petulanza: i turisti non vanno importunati" (Italienisch)
- torinoggi.it: "Capri: Vietato disturbare i turisti, l'ordinanza del sindaco" (Italienisch)
- ansa.it: "Capri: Vietato disturbare i turisti. C'è l'ordinanza anti-petulanza" (Italienisch)
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