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Erwartet uns ein Sommer ohne Urlaubsreisen?
Kein Wandern in den Bergen. Kein Entdecken ferner LĂ€nder. Angesichts der zunehmenden MaĂnahmen gegen das Coronavirus fragen sich viele: Droht uns nun eine Ferienzeit ohne Reisen?
Die Sommerferien gelten fĂŒr viele Menschen als "die schönsten Wochen des Jahres" â nun aber könnten sie ausfallen. Angesichts der weltweiten Corona-Krise ist derzeit offen, ob Reisen im Sommer ĂŒberhaupt stattfinden können. Das gab es so noch nie. Macht Deutschland daher 2020 geschlossen Urlaub auf Balkonien?
Was die Bundesregierung und die BundeslĂ€nder nun angekĂŒndigt haben, ist nicht weniger als das temporĂ€re Ende der Reisefreiheit. Das AuswĂ€rtige Amt (AA) hat eine weltweite Reisewarnung fĂŒr touristische Reisen ausgesprochen. Viele Reiseveranstalter haben ihren Betrieb vorerst eingestellt, Kreuzfahrtreedereien ebenso. Grenzen wurden fĂŒr Urlauber geschlossen, zahllose FlĂŒge gestrichen. Das Reisen als eine der liebsten FreizeitbeschĂ€ftigungen ist damit zum Erliegen gekommen. Auch die Osterferien im April dĂŒrften als Reisezeitraum ausfallen.
Wie lange diese Situation andauert, ist nicht vorherzusagen. "Die Entwicklung rund um das Coronavirus ist sehr dynamisch. Aktuell kann einfach niemand sagen, wie sich die Situation verÀndert oder auch wie lange sie andauern wird", sagt Kerstin Heinen, Sprecherin des Deutschen Reiseverbands (DRV). Die Branche hofft noch auf den Sommer.
Nicht voreilig stornieren
Urlauber sollten jetzt aber nicht in Panik verfallen. "Wann die jeweiligen Einreisesperren und örtlichen QuarantĂ€nemaĂnahmen der LĂ€nder endgĂŒltig aufgehoben werden, ist derzeit ungewiss", sagt die Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin. "Daher ist es ratsam, bereits gebuchte Reisen, die erst in einigen Wochen oder Monaten angetreten werden sollen, nicht schon jetzt zu stornieren. Ansonsten fallen StornogebĂŒhren an."
Die Reiserechtsexpertin mahnt auch zu Vernunft und SolidaritÀt. Die Corona-Krise treffe nicht nur die Reisebranche. Reiseanbieter arbeiteten derzeit auf Hochtouren, um ihre Kunden angemessen zu informieren. "Voreilige Stornierungen helfen da kaum weiter. Umsichtiges Beobachten und Handeln ist jetzt die Devise."
Die Reiseveranstalter planen auf Sicht
Was wird nun zum Beispiel aus einem Urlaub auf Mallorca im Juni? "Wir haben einfach noch keine belastbaren Informationen. Eine langfristige Prognose ist sehr schwierig", sagt die Leiterin des Sicherheits- und Krisenmanagements beim Anbieter DER Touristik, Melanie Gerhardt. Auch die Reiseprofis können nur abwarten. "Wir bereiten uns intensiv vor auf die Zeit, in der die Menschen wieder reisen können und wollen."
Viele Reiseveranstalter haben zunĂ€chst ihre Reisen bis Ende MĂ€rz abgesagt. Bei DER Touristik gilt mit Blick auf die groĂen Ferien: "An bestehende Buchungen fĂŒr den Sommer Ă€ndert sich erst einmal nichts", sagt Gerhardt. Und beim Branchenprimus TUI sind kostenfreie Stornierungen von Sommerbuchungen derzeit nicht möglich. Man gehe davon aus, den Betrieb in einigen Wochen wieder starten zu können.
Soll ich eine Reise in den Sommer verschieben?
Anders sieht es fĂŒr Reisen aus, die eigentlich in den nun folgenden Wochen angetreten werden sollten. DafĂŒr bieten die Veranstalter kostenlose Umbuchungen oder Erstattungen an.
Fischer-Volk rĂ€t hier dazu, eher auf Nummer sicher zu gehen: "Da derzeit nicht mit Sicherheit abgeschĂ€tzt werden kann, wie sich die Corona-Pandemie kĂŒnftig entwickelt, fĂ€llt eine Entscheidung fĂŒr eine Umbuchung zu einem spĂ€teren Reisetermin oder einen anderen Urlaubsort natĂŒrlich schwer." Die Reisewirtschaft appelliert daran, Reisegutschriften zu akzeptieren â und hofft auf politische Hilfen.
Der schlimmste Fall: Der Reiseveranstalter geht pleite
"Viele Urlauber befĂŒrchten nicht ganz unbegrĂŒndet, dass einige Anbieter durch die Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten kommen könnten und sie dann um ihre gezahlten Reisepreise bangen mĂŒssen", sagt Fischer-Volk. "Die Thomas-Cook-Pleite hat hier den bislang guten Ruf der Pauschalreise doch arg erschĂŒttert."
Im Falle einer Insolvenz sind europÀische Reiseveranstalter der Juristin zufolge zwar insolvenzversichert. Ob der gesamte Reisepreis vom Insolvenzversicherer erstattet werden kann, hÀnge aber auch von der Zahl der Insolvenzen in einem GeschÀftsjahr ab. Die nÀchsten Wochen sind entscheidend: Mehrere Touristikkonzerne wollen Staatshilfe in Anspruch nehmen und könnten so durch die Krise kommen.