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Post aus Washington: Der Mueller-Report – Donald Trump lügt!


Herr der Lügen

Eine Kolumne von Fabian Reinbold

Aktualisiert am 20.04.2019Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Donald und Melania Trump auf dem Weg zum HelikopterVergrößern des Bildes
Donald und Melania Trump auf dem Weg zum Helikopter (Quelle: Carlos Barria/reuters)

Spannender als ein Krimi liest sich der Bericht von Sonderermittler Robert Mueller. Das Sittengemälde, das er vom Weißen Haus unter Donald Trump entwirft, ist atemberaubend.

Es wird gedrängelt, geschubst, gerufen: "Bewegt Euch!" Neben mir hat sich eine Kollegin von NBC in einem Busch verheddert. Gleich kommt Donald Trump.

Es ist der große Tag des Mueller-Reports. Und der Präsident, das hat uns seine Spindoktorin Kellyanne Conway versichert, wird Fragen beantworten. Sie hatte ein paar Stunden zuvor vom “besten Tag seit der Wahl” schwadroniert.

Trump kommt, an der Seite die First Lady. Die Fragen prasseln auf ihn ein, doch sein Blick geht nur kurz für einen leeren Gruß in unsere Richtung. Ansonsten blickt er starr an uns vorbei. “Der kommt nicht zu uns”, merkt der erste Kollege. Tatsächlich, Trump und Melania schreiten zum wartenden Helikopter Marine One, keinen weiteren Blick gönnen sie der Presse.

Trump – am Ende dieses historischen, turbulenten Tages – klettert in den Hubschrauber. Er fliegt!

Es ist ein Sinnbild. Am Vormittag hatte ihn sein Justizminister mit aller Kraft versucht reinzuwaschen, doch als der Bericht zur Russland-Affäre dann eine Stunde später veröffentlicht wird, gibt es so viele Unmöglichkeiten zu lesen, die sich Trump im Amt geleistet hat, dass die mediale Lage einfach zu negativ ist. Also keine Fragen, ab nach Mar-a-Lago.

Ich habe den Großteil des 448 Seiten langen Berichts zur Russland-Affäre mittlerweile gelesen. Er ist faszinierende Lektüre. In fast schon schmerzhafter Detailtiefe breiten Mueller und Team ihre Ergebnisse dazu aus, wie bereitwillig die Trump-Kampagne Hilfe von Russland annahm, wie frenetisch Trump immer wieder die Untersuchungen zu behindern versuchte. Liest sich streckenweise nicht schlechter als "Fire and Fury", ist aber deutlich besser belegt. Hier lesen Sie meine Analyse dazu.

In der "Post aus Washington" berichtet unser Korrespondent Fabian Reinbold von der Arbeit im Weißen Haus und seinen Eindrücken aus den USA. Gefällt Ihnen die Kolumne? Sie können sie hier als kostenlosen Newsletter abonnieren, der noch weitere Beobachtungen und Einschätzungen aus Washington enthält und einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Die Ironie des Ganzen: Trump wollte die Ermittlungen sehr wohl behindern, schlussfolgert Mueller. Es gelang ihm nur deshalb nicht, weil sich seine Mitarbeiter und Berater seinen zahlreichen Anordnungen in der Sache ein ums andere Mal widersetzen. Und so retteten die renitenten Mitarbeiter gewissermaßen ihren launischen Präsidenten vor dem Urteil Justizbehinderung.

Der Bericht wird Trump nicht das Amt kosten. Und jedermann hat sich schon längst seine Meinung zu Trump gebildet. Hinzu kommt, dass wir uns durch die vielen Berichte über das Thema (die Muellers Report eindrucksvoll bestätigte) schon an den Wahnsinn gewöhnt haben.

Treten wir einmal einen Schritt zurück, und lassen das permanente Geschrei von links und rechts, der Trump-Fans und -Gegner sowie des parteiischen Teils der Medien verstummen. Schauen wir nur darauf, welches Sittengemälde der Report über den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika malt.

Der Präsident belügt Öffentlichkeit und seine Mitarbeiter, stiftet diese Mitarbeiter zum Lügen an und versucht auch hinter den Kulissen unablässig, die Ermittlungen zu torpedieren. Es geht ihm nur um ihn selbst. Zur Erinnerung: Im Bericht sprechen nicht die Trump-Gegner, sondern seine früheren und aktuellen Mitarbeiter. Trump bettet sie alle in die Kultur des Lügens ein:

  • Trump ruft seinen Chefjustiziar Donald McGahn mehrfach zu Hause an und fordert ihn auf, für die Entlassung Muellers zu sorgen. Der sträubt sich. Als die "New York Times" Monate später darüber berichtet, will Trump McGahn zu einem unwahren Dementi treiben. Der sträubt sich wieder. Trump nennt den zutreffenden Bericht, ja, was wohl: "fake news!"
  • Trump diktiert seiner Kommunikationsdirektorin ein unwahres Statement zum berüchtigten Treffen im Trump Tower. Über das wiederum lügt Pressesprecherin Sarah Sanders, Trump habe gar kein Statement diktiert.
  • Als Trump FBI-Chef Comey entlässt, behauptet Sanders, “zahllose FBI-Agenten” hätten das Vertrauen in Comey verloren und ihr das mitgeteilt. Sie wiederholt die Behauptung mehrfach, zum Erstaunen vieler Kollegen damals. Muellers Ermittlern gegenüber räumt sie unter Eid ein: Der Satz basierte auf keinerlei Tatsachen. Unter einem anderen Präsidenten wäre das wohl das Aus für eine Pressesprecherin, nicht aber in Trumps Haus der Lügen.
  • Und schließlich, das schmerzt viele Amerikaner besonders, der Justizminister, eigentlich für den Erhalt der Rechtsstaatlichkeit zuständig, verbog sich vor den Augen der Nation derart zum Verteidiger Trumps, dass er Muellers Bericht bis zur Unkenntlichkeit schönte.

Dies bleibt eine der großen Herausforderungen, als Korrespondent über dieses Weiße Haus zu berichten. Es wird so unfassbar viel gelogen.

In die Geschichte dürfte der Mueller-Bericht als das Dokument für die Zeit eingehen, in der die USA von einem alle Regeln verachtenden, launischen Präsidenten regiert wurden, der mit allem durchzukommen scheint.

Jetzt treten wir wieder zurück in die Arena der heutigen maximalen polarisierten Öffentlichkeit, und da sieht es so aus: Der Bericht liefert den Demokraten neue Munition für ihre Untersuchungen. Sie werden den komplett ungeschwärzten Bericht in Augenschein nehmen wollen, Barr und Mueller öffentlich aussagen lassen.

Dem Trump-Lager wiederum liefert der Bericht den Freispruch in der größten Kategorie: verschwörerische Zusammenarbeit mit den Russen, das bleibt auf dieser Seite der gespaltenen Öffentlichkeit das Mantra bis zum Wahltag 2020 (ja, die Latte liegt sehr niedrig mittlerweile).


Ach ja, und Mueller hat aus der Untersuchung heraus schon zwölf weitere Verfahren angeschoben, über die wir noch nichts wissen. Es sind also noch ein paar Runden zu kämpfen in der politischen Schlacht.

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