Mail an die Redaktion "Pflegende Angehörige werden völlig übersehen"
Ein großer Teil der Pflegearbeit findet im häuslichen Bereich statt. Eine t-online-Leserin kritisiert, dass sich die Politik hiermit zu wenig auseinandersetze. Das stelle sie und andere Pflegende vor Herausforderungen.
Wir fragen unsere Leser regelmäßig, welche Themen sie momentan besonders beschäftigen und bitten sie, auf die Berichterstattung von t-online zu reagieren. In Lesermails an die Redaktion formulieren sie ihre Gedanken, die sie publik machen wollen. Hier eine Auswahl:
22. Juli 2021: t-online-Leserin Nicole Heppe über Herausforderungen in der häuslichen Pflege
"Es geht oft um das Gesundheitswesen und pflegende Einrichtungen. Aber pflegenden Angehörigen werden völlig übersehen. 80 Prozent der Pflege in Deutschland werden in Privathaushalten geleistet. Mehr als die Hälfte davon werden von Angehörigen betreut. Wir sind damit ein eigener Stamm in der Pflege.
Allerdings gibt es unzählige Probleme für pflegende Angehörige und damit auch für die zu Pflegenden. Dazu gehören die finanzielle Situation und Absicherung, die Versorgung im Notfall, die Verfügbarkeit notwendiger Utensilien und die generelle ärztliche Versorgung.
Die Umstände, unter denen wir Tag und Nacht pflegen, waren vor Corona schon untragbar. Jetzt wissen wir oft nicht mehr ein noch aus. Wir bekommen bei Engpässen keine Hilfsmittel wie Handschuhe und Desinfektionsmittel. Wenn wir etwas bekommen, ist es unbezahlbar. Die Kosten werden bei weitem nicht getragen. Wir müssen um nahezu alles kämpfen. Von Hilfsmitteln wie Pflegebetten, Rollstühlen, Badewannenlift, Autositze bis hin zur medizinischen Versorgung.
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Keiner von uns kann vom Pflegegeld leben, geschweige denn später von der Rente. Das Pflegegeld steht übrigens den zu Pflegenden zu, nicht denjenigen, die die Pflegearbeit leisten. Fallen wir aus, wird direkt das Pflegegeld gekürzt. Nach kurzer Zeit fällt es komplett weg. Auch wenn unsere Pfleglinge ins Krankenhaus müssen. Wir haben nur ein paar Tage im Jahr frei – gegen Kürzung. Egal ob wir krank sind oder Urlaub haben wollen. Das führt dazu, dass eigentlich nie jemand Urlaub in Anspruch nimmt.
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Bei all diesen Problemen tragen wir die Verantwortung für Pflege, Medikamente, Versorgung und Wohl der Pflegebedürftigen komplett allein und müssen uns mit einem Wahnsinn an Bürokratie rumschlagen. Das fängt schon bei einfachen Verordnungen auf Rezept an. Sehr oft müssen wir monatelang in Widerspruch gehen und uns gegen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung durchsetzen.
Was uns aber auch zu schaffen macht: Wir müssen uns sehr oft noch Abwertungen aus der Gesellschaft aussetzen. Jeder einzelne von uns pflegt aus dem Herzen. Aber kaum einer von uns kann noch.
Und was passiert, wenn wir wirklich nicht mehr können? Wie geht es dann mit der Pflege weiter?"
Die in Lesermails geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.
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