Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Tötungen in Zoos Die Lüge vom Tierwohl in Zoos

Im Nürnberg wurden aus Platzgründen zwölf Paviane getötet, was heftige Proteste auslöste. Die Vorgehensweise wirft grundlegende Fragen zum Tierschutz auf.
Der Tiergarten Nürnberg hat zwölf Paviane getötet, da die Gruppe zu groß geworden war und keine anderen Lösungen gefunden wurden. Die Maßnahme war jahrelang geplant, wurde aber erst jetzt, trotz Protesten und unter Polizeischutz, umgesetzt. Tierschützer zeigten sich entsetzt und kündigten Strafanzeige an. Auch am Kölner Zoo gab es Kritik, nachdem zwei Löwenbabys eingeschläfert worden waren, weil ihre Mutter sie nicht angenommen hatte.
Die Tötungen in Nürnberg und Köln werfen grundsätzliche Fragen zum Umgang mit Zootieren auf, wie diese:
Dürfen Tiere aus Platz- oder Zuchtgründen getötet werden – auch wenn sie gesund sind?

Hege ist Tierschutz
Vorweg: Zoos sind Einrichtungen, die man aus guten Gründen infrage stellen muss. Für die Schaulust und das Amüsement der Menschen werden Tiere hinter Gitter gesperrt. Dieses Konzept ist aus der Zeit gefallen, geht zurück bis ins ausgehende Mittelalter, als Tierschutz noch keine Rolle spielte. Im Jahr 1515 schickte der Sultan von Gujarat in Indien dem portugiesischen König Manuel I. ein Indisches Nashorn als exotisches Geschenk. Es war das erste lebende Nashorn in Europa seit der Antike. Eine Sensation, die Albrecht Dürer zu seinem ikonischen Holzschnitt vom "Rhinozerus" animierte.
Das vorher schon weit gereiste Tier wurde von Lissabon nach Rom verschifft, um es dem Papst zu schenken, das Schiff sank vor Genua, das bedauernswerte Nashorn ertrank. Wer je einen Tiger oder einen Leoparden im Zoo an der Scheibe krankhaft hin und her laufen sieht, kann ungefähr ermessen, dass es diesen Tieren dort heute auch nicht besser geht als dem Panzernashorn.
Wenn es aber Zoos gibt, dann müssen alle Dinge getan werden für eine einigermaßen artgerechte Haltung. Dazu gehört auch Hege. Und Hege heißt am Ende auch: dezimieren, töten. Ohne Pavianologe zu sein: Es gibt ganz bestimmt eine Grenze, von der an ein Rudel, zumal auf einem eng begrenzten Territorium, zu groß wird. Und dann ist es Tierschutz und nicht Tierqual, einen Teil der Tiere zu töten, wenn kein anderer Zoo sie haben will.
Paviane sind fortpflanzungstechnisch keine Pandas und folglich nicht selten in den Zoos dieser Welt. Sondern eher überschüssig. Auswildern geht nicht, denn in der Wildnis gingen diese Tiere jämmerlich zugrunde. Und einfach immer mehr werden lassen auf dem Pavianhügel geht auch nicht. Weil die Tiere sich sonst gegenseitig massakrieren. Wer je in ein Paviangebiss geschaut hat, weiß, dass das im Vergleich zur Gewehrkugel ein grausamerer Tod ist. Die nun getöteten Tiere starben idealerweise auch nicht umsonst, sondern sind Löwenfutter geworden. Eine Rolle, die ihnen von der Natur in freier Wildbahn auch zugedacht ist.

Eingesperrt, ausgestellt, getötet
Zoos stehen schon seit Längerem in der Kritik – und das völlig zu Recht. Tiere, die in freier Wildbahn viel Platz haben und artgerecht leben können, werden in meist viel zu kleinen Gehegen eingesperrt. Einige Tiere entwickeln sogar eine sogenannte Zoochose. Das ist eine Verhaltensstörung, die bei Tieren in Gefangenschaft auftreten kann. Das Gedicht "Der Panther" von Rainer Maria Rilke zeichnet ein eindrucksvolles und trauriges Bild davon.
Und wozu das? Damit wir Menschen sie anschauen und uns daran erfreuen können, während die Tiere leiden? Allein das ist absurd. Noch absurder ist es aber, wenn genau diese Tiere, die zu Unterhaltungszwecken eingepfercht werden, getötet werden. Aus dem einfachen Grund, weil kein Platz mehr ist.
In Deutschland ist es verboten, Tiere "ohne vernünftigen Grund" zu töten, für Zoos gelten allerdings Sonderregelungen. Der Nürnberger Tierpark begründet die Tötungen damit, dass andere Maßnahmen – wie etwa der Einsatz von Verhütungsmitteln – "biologisch nicht zielführend" gewesen seien. Außerdem könne bei einer Überpopulation der Tierschutz nicht mehr aufrechterhalten werden.
Das widerspricht aber dem, was Zoos und Tierparks regelmäßig predigen – es geht nicht um die Belustigung der Massen, sondern um Artenschutz und -erhalt. Wie glaubwürdig ist dieser Artenschutzauftrag, wenn gesunde Tiere bei Überpopulation getötet werden? Wenn das Leben eines Tieres hinter organisatorische Bequemlichkeit zurücktritt – und zwar in Einrichtungen, die sich selbst als Bollwerk gegen das Artensterben inszenieren? Der Widerspruch ist offensichtlich. Das ist nicht nur unglaubwürdig, es ist ethisch nicht vertretbar. Dass die toten Paviane anschließend verfüttert werden sollen, macht es nicht besser.
Vielleicht ist es an der Zeit, unsere Vorstellung von Tierhaltung grundsätzlich zu überdenken – weg vom lebenden Schaubild hinter Glas, hin zu echter Verantwortung für das Leben, das wir angeblich schützen wollen.
Teilen Sie Ihre Meinung mit
Welche Meinung zum Thema haben Sie? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de
- Eigene Beobachtungen