Deutsche Aktionäre verkaufen Anteile MediamarktSaturn bekommt chinesischen Eigentümer

Die Elektronikhandelsketten Mediamarkt und Saturn sollen einen chinesischen Eigentümer bekommen: den Tech-Giganten JD.com.
Der chinesische E-Commerce-Riese JD.com will die Mediamarkt-Saturn-Mutter Ceconomy schlucken. Dazu legte deren Tochter Jingdong Holding Germany GmbH ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot vor.
Die Familie Kellerhals, die mit knapp 30 Prozent der Anteile größter Einzelaktionär ist, habe die Offerte für ihre Aktien angenommen, teilte die Ceconomy AG in einer Pflichtmitteilung in Düsseldorf mit. Damit werden die Elektronikhandelsketten Mediamarkt und Saturn wohl einen chinesischen Eigentümer bekommen. Ceconomy bestätigte vor einer Woche fortgeschrittene Gespräche mit den Chinesen, nachdem die Nachrichtenagentur Bloomberg darüber berichtet hatte.
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"Wir gehen eine Partnerschaft mit JD.com ein, um den europäischen Handel zu stärken, basierend auf komplementären Stärken und gemeinsamen Werten", sagte Ceconomy-Chef Kai-Ulrich Deissner laut einer ergänzenden Mitteilung. In einem Pressegespräch am Donnerstag sagte Deissner: "Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben." Auch die Standorte sollten erhalten bleiben.
Deissner ist seit Mai interimsweise Vorstandsvorsitzender von Ceconomy, nachdem der bisherige CEO, Karsten Wildberger, als Bundesminister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung in die Bundesregierung von Friedrich Merz (beide CDU) eingetreten ist.
"JD.com wird außerdem die bestehenden Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und die bestehende Unternehmensmitbestimmung im Aufsichtsrat wahren. Diese Zusagen gelten für drei Jahre", heißt es in der Mitteilung. JD.com plane zudem keine wesentlichen Änderungen an der Unternehmensstruktur oder der Markenarchitektur. Das Closing, also der Abschluss der Transaktion, soll in der ersten Jahreshälfte 2026 stattfinden, so Deissner weiter.
Aktienkapital mit mehr als 2,2 Milliarden Euro bewertet
Die Familie Kellerhals, die mit knapp 30 Prozent der Anteile größter Einzelaktionär ist, habe die Offerte für 3,81 Prozent ihrer Aktien akzeptiert, hieß es. Sie will also mit einem Anteil von rund 25,35 Prozent an Bord bleiben. Die Aktionäre Haniel, Beisheim, BC Equities und Freenet, die gemeinsam rund 27,9 Prozent der Anteile kontrollieren, wollen ihre Aktien an JD.com verkaufen. Inklusive der Kellerhals-Anteile haben sich die Chinesen nach eigenen Angaben eine Gesamtbeteiligung von 57,1 Prozent gesichert.
Über den Zeitpunkt, wann ein Delisting stattfindet, also wann Ceconomy von der Börse genommen wird, wollte Deissner am Donnerstag nicht spekulieren. Das ist ab einem Anteil von 90 Prozent möglich bzw. über ein Squeeze-Out (etwa: Herausdrängen) ab 95 Prozent. JD.com würde nach dem Einstieg einen Anteil von 57,1 Prozent halten. Das bedeutet: Weitere Aktionäre müssten ihren Anteil an JD.com verkaufen, bevor ein Delisting vollzogen werden kann.
Politische Bedenken? Offenbar nicht
JD.com mit einem Jahresumsatz von knapp 159 Milliarden US-Dollar (2024) sieht sich als "ein weltweit führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit einer Lieferkette als Kernstück und Chinas größter Einzelhändler nach Umsatz". Seit mehr als zehn Jahren ist das Unternehmen an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert.
"JD.com ist genau der richtige Partner zur richtigen Zeit", sagte Deissner dazu. Er betonte nochmals die Bedeutung der Partnerschaft. Politische Bedenken, da der künftige Eigentümer aus China stammt, hat Deissner derweil nicht. Auf eine entsprechende Frage antwortete er nur kryptisch: "Uns ist bewusst, dass die Partnerschaft einen regulatorischen Prozess durchlaufen wird. Wir sind zuversichtlich, dass dieser Prozess erfolgreich sein wird."
Auch werde Deissner nicht "über die persönliche Involvierung" von Karsten Wildberger in den Deal spekulieren. Die Gespräche laufen schon etwas länger, nicht nur vier Wochen.
Man gehe davon aus, dass man von dem neuen Eigentümer etwas lernen könnte. "Es liegt mir fern, dem Bundesminister für Digitalisierung Vorschriften zu machen oder Ideen mitzugeben." Doch der Einzelhandel in Europa habe sich zu modernisieren, so Deissner. "Wir sind überzeugt, dass wir einen Beitrag dazu leisten wollen."
Rund 50.000 Beschäftigte
Mit der Übernahme von Mediamarkt und Saturn würde sich JD.com Zugriff auf einen der größten Onlineshops für Elektronikartikel in Europa und auf ein Netz von etwa 1.000 Märkten in mehreren europäischen Ländern verschaffen. Ceconomy erzielte mit rund 50.000 Beschäftigten zuletzt einen Jahresumsatz von 22,4 Milliarden Euro – 5,1 Milliarden Euro davon erbrachte das Onlinegeschäft. Gerüchte um eine Übernahme durch JD.com hatten wiederholt die Runde gemacht. Nun machte der Tech-Riese Ernst.
Die erste Saturn-Filiale wurde 1961 in Köln eröffnet, der erste Mediamarkt 1979 in München. Die Einzelhandelskette übernahm den Wettbewerber Saturn 1990. Einige Jahre später besaß die Metro AG die Mehrheit an beiden Marken. Das Handelsunternehmen Ceconomy, zu dem die MediaMarktSaturn Retail Group heute zählt, entstand 2017 als Abspaltung von Metro.
Mit der Übernahme bekommt JD.com auch bei der französischen Elektronikhandelskette Fnac Darty den Fuß in die Tür: Ceconomy hält über 23 Prozent der Aktien an dem Konzern.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
- Pressegespräch mit Kai-Ulrich Deissner