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Corona – Virologe Christian Drosten: Deswegen macht die aktuelle Lage Hoffnung


Virologe erklärt Unterschiede
Drosten: Weshalb bei der Schweinegrippe alles anders kam

Von t-online, rew

Aktualisiert am 20.05.2020Lesedauer: 4 Min.
Christian Drosten: Zweimal in der Woche erklärt der Chef-Virologe der Berliner Charité die neuesten Erkenntnisse zum Coronavirus in einem Podcast. (Archivbild)Vergrößern des BildesChristian Drosten: Zweimal in der Woche erklärt der Chef-Virologe der Berliner Charité die neuesten Erkenntnisse zum Coronavirus in einem Podcast. (Archivbild) (Quelle: Reiner Zensen/imago-images-bilder)
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Als die Schweinegrippe sich 2009 verbreitete, war die Angst groß. Letztlich verlief die Pandemie glimpflicher als befürchtet. Der Virologe Christian Drosten erklärt, was damals passierte – und ob es diese Hoffnung für die aktuelle Lage gibt.

Der Virologe Christian Drosten hat davor gewarnt, bei dem Coronavirus auf eine ähnliche Entwicklung wie bei der Schweinegrippe-Pandemie im Jahr 2009 zu hoffen. Damals hatte die Weltgesundheitsorganisation eine deutliche Warnung ausgesprochen, die im Nachhinein als überzogen kritisiert worden war. Man habe sich damals hinsichtlich der Schwere verschätzt, erklärte Charité-Wissenschaftler Drosten nun im aktuellen NDR-Podcast. Das habe allerdings eine bestimmte Ursache, die sich nicht ohne Weiteres auf die Coronavirus-Pandamie übertragen lasse.

Wie Drosten in dem Podcast erläuterte, bestand bei bestimmten Bevölkerungsgruppen eine sogenannte Hintergrundimmunität gegen die Schweinegrippe, die Forscher damals zunächst nicht erkannt hatten. Das bedeutet, dass die damaligen Erreger mit anderen Influenza-Viren verwandt waren, die bereits in Deutschland zirkulierten: nämlich mit denen, die auf die Spanische Grippe im Jahr 1918 zurückgingen und die bis 1957 verbreitet waren.

Über-65-Jährige waren gegen den Erreger teilweise immun

So sei zu erklären gewesen, dass vor allem junge Erwachsene an der Schweinegrippe erkrankten und verstarben, während Menschen im Alter über 65 Jahre tendenziell von der Erkrankung verschont blieben. Denn wer sich im Jahr 1957 oder davor bereits mit den Viren infiziert hatte, war gegen den Schweinegrippe-Erreger H1N1 immun, so Drosten. Damit sei nicht zu rechnen gewesen, betonte Drosten – und machte auch deutlich, dass die Pandemie trotzdem nicht so harmlos gewesen sei, wie häufig dargestellt.

Ob es eine vergleichbare Wirkung – einen sogenannten Kreuzschutz – auch für das Coronavirus gebe, hätten erste Studien nun bereits untersucht. Abschließende Ergebnisse lägen noch nicht vor, allerdings machte Drosten keine großen Hoffnungen: "Es gibt ein bisschen Kreuzschutz, aber sicherlich nicht – das wage ich jetzt doch mal zu sagen – in dem Ausmaß, wie das damals offenbar der Fall bei der 2009er H1N1-Pandemie war", so der Wissenschaftler in dem Podcast.

Drosten ging auch auf die Impf-Diskussion ein

Drosten griff auch die Diskussionen um den Impfschutz auf. Während es weiterhin keinen immunisierenden Wirkstoff gegen das Coronavirus gibt, lag im Fall der Schweinegrippe sehr schnell ein Impfstoff vor. Damals gab es starke Kritik an den Wirkverstärkern, die das Schutzmittel enthielt und die angeblich starke Nebenwirkungen hervorriefen.

Drosten betonte, dass es schon damals falsch gewesen sei, dass diese Wirkverstärker ein Risiko darstellten: "Es gibt extrem gute Daten zu diesen Wirkverstärkern und ich glaube, wir können heute schon sagen: Es ist nicht so, dass sie gefährlich sind. Es ist so, dass sie nützlich sind – gerade in einer Pandemie."

Auch die derzeitige Diskussion um Impfstoffe kann der Virologe nicht nachvollziehen. Es sei klar, dass nur gut erprobte Stoffe zugelassen werden würden: "Die Kriterien in der Impfstoff-Zulassung sind extrem streng. Wir müssen diese Diskussion im Prinzip nicht führen."

Eine neue Studie zur Übersterblichkeit ist besorgniserregend

Ein weiteres Thema der Podcast-Ausgabe war die Übersterblichkeit, die sich momentan infolge der Coronavirus-Pandemie zeigt. Konkret bezog sich Drosten auf eine Studie, die die Übersterblichkeit in Nembro, einem Ort mit 11.000 Einwohnern in der Lombardei, untersucht hatte. Forscher verglichen die durchschnittlichen Todeszahlen der letzten acht Jahre und konnten so nachweisen, dass bis Mitte April dieses Jahr bereits mehr Menschen starben, als sonst in einem ganzen Jahr.

Man habe "deutlich gesehen, dass ein Übersterblichkeitseffekt auftritt", so Drosten. Dieser sei "extrem viel höher als die tatsächlich gemeldeten Fälle von Verstorbenen wegen der Sars-2-Infektion. Da sind dann auch die Fälle dabei, die nie diagnostiziert wurden."

Die Situation ist nicht so anders als in Deutschland

Zwar handele es sich nur um eine Einzelstudie und es sei richtig, dass man die Gegebenenheiten in Italien nicht unmittelbar auf Deutschland übertragen könne, gab Drosten zu. Er betonte aber, dass es sich bei der Region um eine wohlhabende Gegend mit guter medizinischer Infrastruktur handele und dass die Situation dort nicht so sehr von der in Deutschland abweiche.

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Die Studie zeige, so Drosten, dass das Coronavirus enorme Auswirkungen habe – obwohl das immer wieder in Frage gestellt werde: "Ich finde es wichtig, das hier mal zu besprechen, weil einfach so viel angezweifelt wird, (...) dass diese Erkrankung so harmlos ist wie eine normale saisonale Grippe und dass man da gar keine Unterschiede sehen kann." Die Folgen seien spürbar, obwohl man sie durch den Lockdown stark eingegrenzt hätte.

Drosten kritisierte die Medien

Außerdem sprach Drosten in der Ausgabe über die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie im globalen Süden, also in afrikanischen und tropischen Ländern. Er kritisierte, dass die Medien den Blick generell nicht genug auf die Entwicklung der Pandemie im Ausland richteten, obwohl man von der dortigen Situation viel über das Virus lernen könne. Selbst über die Situation in New York sei in seinen Augen nicht genug berichtet worden.

Zudem griff der Wissenschaftler noch die Diskussion über die Coronavirus-Ausbrüche in Schlachthöfen auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus auf Fleisch im Supermarkt finde, stufte Drosten als sehr gering ein: "Das halte ich für nicht kritisch. Das Fleisch lagert ja auch eine ganze Zeit. Viren sind dann doch nicht besonders stabil."

Spielt die Temperatur in den Schlachtbetrieben eine Rolle?

Für relevanter in der Diskussion halte er einen anderen Aspekt: "Ein Faktor ist noch nicht so stark besprochen worden in der Öffentlichkeit – und das ist die Umgebungstemperatur." Weil sich das Virus in Schlachtbetrieben auf der ganzen Welt, zum Beispiel auch in den USA, häufig ausbreite, sei es möglich, dass es nicht nur an den schlechten Wohnverhältnissen der Arbeiter in Deutschland liege, dass sich so viele Arbeiter infizierten.

"Es ist nicht so, dass ich dafür Beweise oder Daten gefunden habe. Ich denke aber, dass man sich das schon mal anschauen muss", machte Drosten deutlich. Er blicke aber zumindest sehr aufmerksam auf diesen Aspekt.

Verwendete Quellen
  • NDR-Podcast "Das Coronavirus-Update, Folge 42"
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