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8. Mai vor 75 Jahren: Unsere Leser berichten vom Ende des Zweiten Weltkrieges


Leserberichte zum Kriegsende
"Pausenlos hörten wir das Rasseln der Kettenfahrzeuge"

Von Charlotte Janus

Aktualisiert am 08.05.2020Lesedauer: 4 Min.
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Historische Aufnahmen: Wie Deutschlands verbrecherischer Krieg begann und sich zur Tragödie des 20. Jahrhunderts entwickelte. (Quelle: t-online)

In Kellern harrten viele Familien aus, um den Bomben der letzten Kriegsphase zu entgehen. t-online.de-Leser erzählen, wie dramatisch sie das Ende des Zweiten Weltkrieges in ihrer Kindheit erlebt haben.

Sie waren noch Kinder als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. Heute sind die Zeitzeugen des Krieges hochbetagt im Alter von deutlich über 80 Jahren. In einigen Jahren wird niemand mehr von eigenen Erfahrungen aus dieser Zeit berichten können.

Wir haben die t-online.de-Leser gefragt, ob diejenigen, die das Kriegsende noch erlebt haben, uns davon berichten wollen. Zwischen vier und elf Jahren waren die Leser, deren Erfahrungsberichte wir ausgewählt haben, zum Zeitpunkt der Kapitulation alt. Ihre Erlebnisse sind geprägt von Angstzuständen beim Ausharren in dunklen Kellern, dem ohrenbetäubenden Lärm von Sirenen, Bomben, Fliegern oder heranrollenden Panzern und dem Vertrauen auf Schutz durch die Familie. So erinnern sich die Leser:

"Es wurde so unerträglich laut, dass wir einen Einschlag befürchteten." – Wolf Thieme

"Mitten in der Nacht zum 13. April wurden meine Mutter und ich von meinem Vater geweckt. Wir lebten damals in Mücheln (Geiseltal), einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt, und hatten uns aus Angst vor Kampfhandlungen zusammen mit anderen Einwohnern in einer Höhle vor der Stadt versteckt.

Draußen hörten wir ein fernes Brummen. "Amerikanische Panzer", sagte mein Vater: "Der Krieg ist aus." Das war kurz vor meinem achten Geburtstag. Wir packten unsere Sachen und gingen nach Hause. Endlich kein Bombenalarm mehr. Doch in der Nacht gellten die Sirenen – Vollalarm. Keine Zeit mehr, um in einen Bunker zu laufen.

Wir stürzten in die Keller, hörten draußen das wilde Geballer der Amerikaner und dann ein merkwürdiges Geräusch. Es war ein Sägen, das immer schriller wurde, das Sägen eine abstürzenden Maschine. Es wurde so unerträglich laut, dass wir einen Einschlag befürchteten. Mein Vater drückte uns in eine Ecke und stellte sich schützend vor uns. Es gab ein Rauschen und dann einen Knall. Der Jäger war auf einen Acker gestürzt, der Luftsog hatte Ziegel vom Dach gerissen.

Es war, so las ich später, "einer der seltenen deutschen Luftangriffe" (...) Der Pilot war mit dem Fallschirm abgesprungen. So wären wir nach unzähligen Bombennächten der Alliierten am letzten Tag des Krieges in Mücheln fast durch Deutsche umgekommen. Das grauenhafte sägende Geräusch kann ich bis heute nicht vergessen."

"Von der nahen Autobahn hörten wir pausenlos das Rasseln der Kettenfahrzeuge" – Klaus Buchholz

"Wir saßen im Keller. Frauen und Kinder. Ich war neun und mit meiner Mutter da. Von der nahen Autobahn hörten wir pausenlos das Rasseln der Kettenfahrzeuge. Waren es noch die deutschen oder schon die sowjetischen? Da ging die Tür auf. Herein kamen junge deutsche Soldaten. Alle redeten auf sie ein. Sie sollten sich Zivilsachen anziehen. Der Krieg ist zu Ende. Aber sie gingen nach einer Weile wieder nach draußen. Am nächsten Tag hörten wir von toten deutschen Soldaten auf der Straße. Waren es die jungen Deutschen aus dem Keller?"

"Eigentlich waren wir zu dieser Zeit alle bereit, unser Heimatdorf zu verteidigen." – Wolfgang Thielbörger

"Bei Kriegsende, im Mai 1945, war ich gerade elf Jahre alt. Im Alter von zehn Jahren war es Pflicht dem Jungvolk, die Vorstufe der Hitler-Jugend, beizutreten. So war ich schon ein Jahr im Dienst dieser Organisation. Selbst in diesem Alter wurden wir auf den Krieg vorbereitet. Zweimal in der Woche mussten wir antreten und dann gab es Kriegsspiele, Schießübungen sowie das Sammeln von Heilkräutern, Eisen, Lumpen, Knochen und Papier.
Als sich das Ende des Krieges näherte, wurden wir Jugendlichen auf den bevorstehenden Endkampf vorbereitet.

Obwohl es am Tag vor dem Einmarsch der Alliierten noch etliche
Bombenabwürfe durch die englische Luftwaffe gegeben hatte, wurden wir von der Führungsriege noch einmal zusammengeholt. Und wir wurden eingeschworen, dem "Führer" zu dienen und Deutschland zu verteidigen.

Schon Wochen vorher haben wir damit begonnen, an Straßen Schützengräben auszuheben. Nun sollten wir aus diesen Gräben den Vormarsch der Feinde stoppen. Als damals 11-Jähriger
wurde ich eingewiesen, wie man eine Panzerfaust abfeuert. Darüber hinaus wurde mir ein Gewehr mit Munition gereicht, das fast so groß war, wie meine Körpergröße. Immer wieder wurde von uns wortgewaltig einghämmert, bereit zu sein, für Volk und Vaterland zu kämpfen.

Es war ein Sonntag, blauer Himmel und im Ort machte es die Kunde, die Alliierten werden uns gegen Mittag erreichen. Ich nahm mein Gewehr und begab mich zu den Schützengräben. Dort übergab man mir auch die Panzerfaust. Eigentlich waren wir zu dieser Zeit alle bereit, unser Heimatdorf zu verteidigen. Aber als wir in der Ferne die vielen Panzer gesehen haben, die auf uns zurollten, sind wir alle so schnell wir konnten nach Hause gelaufen.

Statt zu schießen, standen wir dann alle mit weißen Tüchern an der Straße und signalisierten: Wir haben uns ergeben."

"Meine Cousinen hatten sich schon zuvor aus Angst im hintersten Winkel auf dem Heuboden versteckt." – Norbert Jenfer

"Obwohl ich erst vier Jahre bei Kriegsende war, erinnere ich mich noch ganz genau an den März 1945. Meine Großmutter lag krankheitsbedingt im Sterben. An diesem Tag rollten die ersten Amerikaner in unserem Dorf durch die Straßen. Mein Vater war noch dienstverpflichtet in Berchtesgaden. Im Haus waren mein Großvater, meine Mutter, ein Cousin und drei Cousinen sowie meine sterbende Großmutter. Abends klopften mit den Gewehrläufen zwei amerikanische Soldaten an die Haustür. Mein Opa öffnete und sofort umringten ihn die zwei Amis. Sie suchten deutsche Fräuleins.

  • 75 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg: Alle Artikel in der Übersicht

Meine Cousinen hatten sich schon zuvor aus Angst im hintersten Winkel auf dem Heuboden versteckt. Da zeigte mein Opa seine sterbende Frau. Die beiden Amis gaben sich anscheinend damit zufrieden und gingen ins nächste Haus (…) Dort demolierten (…) sie was in diesem Haus nicht niet- und nagelfest war."

Verwendete Quellen
  • Einsendungen von t-online.de-Lesern
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