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Vereinsführung | Revolution oder Erfahrung? Neuer Präsident gesucht


Vereinsführung
Revolution oder Erfahrung? Neuer Präsident gesucht

Von dpa
Aktualisiert am 25.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Frank Steffel (l) und Kay Bernstein (r)Vergrößern des Bildes
Die beiden Hertha-Präsidentschafts-Kandidatn Frank Steffel (l) und Kay Bernstein (r). (Quelle: Arne Richter/dpa/Archivbild/dpa-bilder)

Die Alte Dame sehnt sich nach Ruhe. Nach turbulenten Jahren wählt Hertha BSC am Sonntag (11.00 Uhr) bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im City Cube der Berliner Messe einen neuen Präsidenten zum Nachfolger des nach 14 Jahren im Amt zurückgetretenen Werner Gegenbauer. Die Kernaufgaben des neuen Chefs: Den Club einen und Aufbruchstimmung erzeugen. Es dürfte auf einen Zweikampf zwischen CDU-Politiker und Unternehmer Frank Steffel (56 Jahre) und dem ehemaligen Ultra und heutigen Eventmanager Kay Bernstein (41) hinauslaufen - mit leichten Vorteilen für Steffel. Dem weitgehend unbekannten Marvin Brumme (37) werden kaum Chancen eingeräumt.

Abstiegskampf, Streit innerhalb des Vereins und mit Millionen-Investor Lars Windhorst, finanzielle Misere, Entfremdung zwischen Fans und Club: An Problemen mangelt es bei den Berlinern nicht. Es wird für alle Beteiligten eine Mammutaufgabe, einen Aufbruch in bessere Zeiten hinzubekommen.

Immerhin: Der neue Trainer Sandro Schwarz gilt als jemand, der Mannschaften zu einer Einheit machen und zusammenhalten kann. Dazu verspricht er, aktiveren und leidenschaftlicheren Fußball spielen zu lassen. Ob Geschäftsführer Fredi Bobic die finanziellen Mittel haben wird, um den Kader dafür zu verstärken, ist schon deutlich fraglicher. Der Club müsse wieder "mehr einnehmen als ausgeben", sagte Bobic kürzlich.

Dass sich all die Probleme nicht von heute auf morgen lösen lassen werden, wissen auch Steffel und Bernstein - und kommen bei den großen Linien zu ähnlichen Diagnosen. Mehr Zusammenhalt muss im Verein her, die Kommunikation nach innen und außen besser, das Umfeld versöhnt und die starke Jugendarbeit besser genutzt werden. "Verzeihen, vertrauen und das Umfeld mitnehmen", sagte Bernstein dem "Kicker". "Lasst uns den Streit der Vergangenheit, viele Wunden und persönliche Verletzungen vergessen. Lasst uns nach vorne schauen, es ist genug Arbeit für alle da", sagte Steffel. Auch für einen besseren Dialog und einen Burgfrieden mit Windhorst sprechen sich beide aus.

So ähnlich diese Aussagen klingen, so schnell hören auch die Gemeinsamkeiten zwischen beiden auf. Für Steffel sprechen seine langjährige Erfahrung als Präsident von Handball-Bundesligist Füchse Berlin und seine Vernetzung in Politik und Wirtschaft. Er ist der Wunsch-Präsident des Hertha-Aufsichtsrats.

Der 56-Jährige gibt sich als überparteilicher Kandidat: "Ich trete unverändert gegen gar niemanden an, sondern für einen gemeinsamen Aufbruch bei Hertha BSC", sagte der Unternehmer der Deutschen Presse-Agentur. Die Kehrseite davon ist, dass Steffel zwar frei von alten Hertha-Seilschaften ist, aber trotzdem zum West-Berliner Establishment gerechnet werden kann. Zudem sind Druck und Ansprüche beim Führen eines Fußball-Bundesligisten noch einmal ganz andere als beim Handball.

Eventmanager Bernstein (41) kommt dagegen von der Basis. Er war Ultra und Vorsänger, kennt die aktive Fan-Szene gut und ist inzwischen im Stadion auf der Haupttribüne angekommen. Er will eine inhaltliche Neuausrichtung, die für Bundesliga-Clubs revolutionär und einmalig wäre. Diese Inhalte kamen Bernstein im Wahlkampf zu kurz. "Die Mitglieder werden entscheiden, ob sie Handel oder Wandel wollen", sagt er. Dafür stellt er sich immer wieder im Austausch mit der Basis. Zu einem von ihm und der Initiative "Wir Herthaner" initiierten Workshop zur Zukunft der Hertha kam auch Steffel.

Die Erfahrung und die Verbindungen von Steffel gehen Bernstein dagegen ab. Und auch wenn er aus der Fan-Szene kommt: Ob das durchschnittliche Mitglied einen Ex-Ultra zum Präsidenten machen will, ist fraglich.

In Hinterzimmergesprächen versuchte Steffel schon vor der Wahl, alle Kandidaten hinter sich zu einen, beim langjährige Präsidiumsmitglied Ingmar Pering gelang es, bei Bernstein nicht. Ob eine Zusammenarbeit nach der Wahl möglich ist, wird sich zeigen. Basisdemokratisch wird es auf jeden Fall: Die Mitglieder können entscheiden, welchen Weg die Hertha gehen soll.

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