Gastarbeiter gegen Flughafen-Chaos? Her mit dem Flugrabatt!
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Die Regierung will 3.000 Gastarbeiter holen, damit der Flugbetrieb reibungslos läuft. Die Kosten tragen am Ende die Fluggäste. Muss das sein?
Gestrichene Flüge, lange Schlangen vor dem Check-in, Koffer, die liegen bleiben und erst Tage später ankommen. Ausgerechnet vor den Sommerferien spitzt sich die Lage an vielen deutschen Flughäfen zu.
Endlich sind sie zurück, die Massen, die in den Urlaub fliegen wollen. Doch sie treffen auf Flughäfen, denen in der Corona-Krise das Personal abhanden gekommen ist. Arbeitnehmer wurden ohne Zuschläge in Kurzarbeit geschickt. Weil das Geld nicht mehr zum Leben reichte, suchten sie sich andere Jobs. Jetzt stehen die Flughäfen vor einem Problem – und die Passagiere müssen es ausbaden.
Die Bundesregierung hat das Sprengpotenzial dieses Problems erkannt: Der Urlaub ist den Deutschen heilig, viele waren seit Beginn der Pandemie nicht mehr verreist. Die Aussicht auf chaotische Zustände an den Flughäfen weckt keine Freude aufs Reisen – sie schreckt eher ab. Dass die Bundesregierung nach einer Lösung sucht, um den Flughäfen zu helfen, ist ein gutes Zeichen.
Kein Wirtschaftswunder ohne Gastarbeiter
Die Idee, schnell und unbürokratisch 3.000 Gastarbeiter aus der Türkei abzuwerben, um den Engpass zu beheben, erscheint allerdings ziemlich weltfremd. In den Sechzigerjahren ging das Kalkül noch auf. Das Wirtschaftswunder wäre nicht möglich gewesen ohne die vielen Menschen, die vor der Armut in ihrer Heimat flüchteten. Damals kamen fast alle ohne Ausbildung und Fachkenntnisse. Für einen Job in der Fabrik reichte das aus.
Jetzt sollen "geschulte Bodendienstleister" und Fachkräfte den Flughafenbetreibern aus der Bredouille helfen. Die aber liegen auch in der Türkei nicht auf der Straße. Sie müssten obendrein extra geschult und polizeilich überprüft werden, um den hohen deutschen Standards zu genügen. Es ist eine Aufgabe, für die im Sicherheitsbereich spontan nur Bundespolizisten einspringen könnten.
Die Kosten trägt der Fluggast
Wenn die Regierung den Flughäfen jetzt personelle Verstärkung verspricht, demonstriert sie Aktionismus – sie löst das Problem aber nicht. Arbeitnehmer aus der Türkei müssen eingeflogen und angemessen untergebracht und bezahlt werden. Und zwar nach Tarif, das hat der Bundesarbeitsminister unmissverständlich gefordert. Das kostet Geld. Bezahlen aber sollen die Betreiber der Flughäfen, und die werden die Kosten auf die Flugtickets umschlagen. Wer kann sich eine Flugreise dann noch leisten?
Wenn die Bundesregierung wirklich einen Beitrag zur Entspannung an den Flughäfen leisten will, sollte sie langfristig eine Offensive zur Qualifizierung von einheimischen Arbeitslosen starten und kurzfristig die Mehrkosten für Gastarbeiter übernehmen. Ein Flugrabatt als Äquivalent zum Tankrabatt? Warum eigentlich nicht.