Berlin: Barbesitzer rettet Mutter und Sohn vor Brand | "Es war wie ein Erdbeben"

Hätte er nicht so reagiert, wäre vermutlich viel Schlimmeres passiert. Murat Köse gilt als Held. Denn er hat eine Mutter und ihren Sohn aus einem brennenden Haus gerettet.

Für viele ist Murat Köse ein Held. Als in der Nacht auf Dienstag das Haus brannte, in dessen Erdgeschoss er seine Bar betreibt, überlegte er nicht lange. Mit seinem Eingreifen rettete er wohl einer Mutter und ihrem Sohn das Leben – auch wenn sich bei der Rettung Tragisches abspielte. Mehr dazu lesen Sie hier. t-online hat mit ihm und einem Opfer des Brandes über die dramatische Nacht gesprochen.

Gegen zwei Uhr nachts stürmte plötzlich ein Anwohner in seine Bar in Berlin-Wilmersdorf, erzählt Köse. Ein paar Gäste waren noch da. "Feuer! Das Haus brennt!". Köse rannte vor die Tür. "Da habe ich schon gesehen, wie die Flammen aus den Fenstern schlagen", erzählt er am Tag nach dem Brand. Es sei ihm alles wie in Zeitlupe vorgekommen. "Ich habe einfach reagiert, einfach gemacht."

"Oben stand eine Frau mit Kind, sie hat die ganze Zeit um Hilfe geschrien." Aus dem Fenster, an dem die beiden Verzweifelten standen, drangen schon Rauch und Flammen. Köse reagierte blitzschnell. Er erinnerte sich an die große Leiter in seinem Lager. Mit diesem Geistesblitz hat er wohl beiden das Leben gerettet. "Ich bin schnell hingerannt, habe die Leiter geholt und an das Fenster gestellt." Der Junge sei zuerst die Leiter heruntergeklettert. Danach macht sich seine Mutter an den Abstieg.

"Sie war schon völlig fertig. Der Rauch, die Flammen, sie war psychisch am Ende. Kaputt." Dann machte sie einen wohl fatalen Fehler. Anstatt, wie ihr Sohn, die Leiter mit dem Gesicht zur Hauswand runterzuklettern, begann sie den Abstieg andersherum. "Ich habe noch geschrien, dass sie das nicht machen soll. Aber da ist sie auch schon abgestürzt." Lediglich ein paar wenige Stufen habe sie geschafft. "Dass die Frau runterfällt, habe ich dann auch beim Halten der Leiter gemerkt." Zum Glück sind schnell Rettungskräfte da, können die schwer verletzte Frau stabilisieren und in ein Krankenhaus bringen. Ihr und ihrem Sohn hat Köse wohl trotzdem das Leben gerettet.

Berlin: "Stell dir vor, deine Frau steht da und die Flammen schlagen aus dem Fenster"

"Man will Menschenleben retten, da denkt man nicht nach", erklärt er seinen Einsatz. "Stell dir vor, deine Frau steht da, dein Sohn steht am offenen Fenster und die Flammen schlagen raus." Alle anderen hätten nur zugeschaut, so der Barbetreiber. "Was ich gemacht habe, hätte jeder machen müssen. Aber ich bin stolz, Leben gerettet zu haben." Köse ist für den Preis "Engel der Großstadt" vorgeschlagen worden. Wie es der Frau geht, die sich bei dem Sturz schwer verletzt hat, ist unklar. Feuerwehr und Krankenhaus wollen sich nicht dazu äußern – zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Frau.

Die Heldentat von Barbesitzer Köse hat Joachim Münch direkt mitbekommen. Der 36-jährige Restaurantleiter wohnt im dritten Stock des Brandhauses. Jetzt ist er erst mal obdachlos, seine Frau und er konnten sich zusammen mit ihrem Hund Bibo gerade noch so retten.

"Nachts um zwei bin ich wach geworden, es war wie ein Erdbeben", beschreibt er die Nacht des Brandes. "Meine Frau hat mich geweckt, sie hat mich geschüttelt und gerufen 'Du musst aufstehen'". Sie sei dann nach unten gerannt. Doch Münch musste noch den Familienhund retten. "Ich habe mir Bibo geschnappt und ihn in eine Decke gewickelt. Er hat doch überall Haare. Der wäre doch verbrannt. Diesen Tag werde ich nie vergessen. Das war mein zweiter Geburtstag."

Unten angekommen, sieht er dann Murat Köse an der Leiter stehen, wie er sagt. "Murat hat zwei Leben gerettet, er sollte das Bundesverdienstkreuz bekommen."