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Fall Antonio Rüdiger: Aktivistin kritisiert "Islamistengruß" von DFB-Star


Seyran Ateş zum Fall Antonio Rüdiger
"Diese Symbolik wurde von Extremisten verbreitet"


Aktualisiert am 26.03.2024Lesedauer: 3 Min.
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Antonio Rüdiger: Er ist derzeit mit der deutschen Nationalmannschaft unterwegs. (Quelle: IMAGO/Moritz Mueller/imago)

Ein Journalist wurde angezeigt, weil er eine Geste des Fußballers Antonio Rüdiger als "Islamistengruß" bezeichnet hatte. Die Berliner Menschenrechtsaktivistin Seyran Ateş hat den Fall für t-online eingeordnet.

Seyran Ateş gibt dem Journalisten Julian Reichelt recht. Der erhobene Zeigefinger, den Fußballer Antonio Rüdiger auf einem Instagram-Foto zeigt, sei kein harmloses islamisches Symbol, wie viele behaupteten. "Die Symbolik, die Rüdiger verwendet, wurde von Extremisten eingeführt und verbreitet", sagt Ateş im Interview mit t-online.

Doch das ist höchst umstritten. Islamexperte Ahmad Mansour sieht das beispielsweise anders. Er sagt: "Der Tauhid-Finger ist eine zutiefst religiöse Geste und sie hat von ihrem Ursprung her mit Extremismus absolut nichts zu tun. Sie bedeutet ursprünglich lediglich: 'Es gibt keinen Gott außer Allah'. Sie ist zudem viel älter als der Islamismus, wie wir ihn kennen."

Am 11. März teilte der praktizierende Muslim Antonio Rüdiger zu Beginn des Fastenmonats Ramadan auf Instagram ein Foto, auf dem er im weißen Gewand auf einem Gebetsteppich sitzt. Dabei zeigt der 31-Jährige mit dem Finger nach oben. "Möge der Allmächtige unser Fasten und unsere Gebete annehmen", schrieb er dazu.

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Journalist Julian Reichelt bezeichnete Rüdigers erhobenen Finger in einem Instagram-Post als "Islamistengruß". Daraufhin gingen der Nationalspieler und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) juristisch gegen den ehemaligen "Bild"-Chefredakteur vor. Die Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main bestätigte die Meldung (mehr dazu lesen Sie hier). Zuerst berichtete die "Bild"-Zeitung darüber.

Rüdiger hätte sich seiner Verantwortung bewusst sein müssen

In Zeiten wie diesen müsse sich Rüdiger seiner Verantwortung bewusst sein, welche Symbolik er für den Islam wähle, sagt Ateş zu t-online. Sie habe mitbekommen, wie Rüdiger für seine gewählte Symbolik in sozialen Netzwerken von islamistisch angehauchten oder islamistischen Anhängern gefeiert worden sei. Damit habe der 31-Jährige mit Sicherheit keinen Beitrag zu mehr Toleranz und Akzeptanz von Religiosität geleistet, so die 60-Jährige.

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(Quelle: IMAGO/Alexander Gonschior)

Seyran Ateş

Seyran Ateş ist eine deutsche Rechtsanwältin, Autorin und Frauenrechtlerin türkischer und kurdischer Abstammung. Sie ist Initiatorin und Mitbegründerin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, die für einen liberalen Islam steht. Seit Jahren wird die Menschenrechtsaktivistin bedroht. Im Juli vergangenen Jahres sollen verhaftete Islamisten erwogen haben, einen Anschlag auf Ateş' liberale Moschee zu verüben.

Reichelt sei nicht das Problem

Dass sich derzeit so viele Menschen mit Rüdiger solidarisieren, sei vor allem auf Unwissenheit zurückzuführen. Auch spiele eine Rolle, dass die schärfste Kritik von einem umstrittenen Journalisten wie Julian Reichelt kommt. Das sollte aber nicht der ausschlaggebende Grund sein, sich auf Rüdigers Seite zu stellen. Reichelt dürfe seine Meinung äußern und er dürfe auch recht bekommen, so Ateş.

Das Problem liege hier viel tiefer: "Die Welt leidet derzeit unter einem falschen Demokratieverständnis. Es kann nicht sein, dass wir nur mit Menschen reden, die zu 100 Prozent mit uns einer Meinung sind." Ateş wünscht sich, dass solche Debatten ausgewogen geführt werden und auch Experten hinzugezogen werden. Doch gerade Liberale täten sich schwer, einen vernünftigen Umgang mit Islamkritik zu finden. Zu oft sähen sie sich auf der Seite der "Guten", was genauso populistisch sei wie das, was Julian Reichelt oder die AfD machten.

Fall kaum strafrechtlich relevant

Das Bundesinnenministerium stufte Rüdigers Geste laut einem "Bild"-Bericht "mit Blick auf die öffentliche Sicherheit als unproblematisch" ein. Ateş findet diese Einschätzung falsch: "Das Bundesministerium strahlt nicht gerade Intelligenz aus." Auch hier hätten sich die Verantwortlichen nicht vernünftig über die Geste informiert und vorschnell geurteilt.

Dennoch habe Antonio Rüdiger das Recht, Julian Reichelt zu verklagen. Für die Rechtsanwältin Ateş ist der Fall jedoch klar: "Nur das, was ganz klar einen Straftatbestand erfüllt, wird geahndet, und das wird meiner Meinung nach ein sehr geringer Prozentsatz sein."

Reichelt wegen Verleumdung angezeigt

Rüdiger stellte, nachdem Reichelt die Geste auf Instagram als "Islamistengruß" bezeichnet hatte, Strafanzeige gegen den Journalisten bei der Staatsanwaltschaft Berlin. Sie bezieht sich auf den Vorwurf der Beleidigung beziehungsweise Verleumdung, der verhetzenden Beleidigung und Volksverhetzung. Zudem meldete der DFB den Fall bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main.

Auf der Plattform X, vormals Twitter, schreibt Reichelt, dass er aus den Medien von der Anzeige erfahren habe. "Was Antonio Rüdiger und der DFB hier anwenden, sind Einschüchterungsmethoden", so der Journalist. Er werde sich den Mund nicht verbieten lassen.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Artikels fehlte eine Einordnung zu der Aussage von Seyran Ateş, dass die Symbolik, die Rüdiger verwendet, von Extremisten eingeführt wurde. Diese haben wir nun durch ein Zitat von Islamexperten Ahmad Mansour ergänzt. Zudem haben wir eine weitere umstrittene Aussage zur Symbolik im Islam entfernt, da sie für die Aussage des Textes keine Relevanz hatte.

Verwendete Quellen
  • twitter: Post von @jreichelt
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