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Palliativarzt wegen Mordes in Berlin vor Gericht: "Herr über Leben und Tod"


Palliativarzt soll Massenmörder sein
"Herr über Leben und Tod"


14.07.2025 - 15:47 UhrLesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:250714-911-005223Vergrößern des Bildes
Die Rechtsanwälte des Angeklagten stehen beim Mordprozess gegen einen Palliativarzt im Landgericht Berlin. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)
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Ein Berliner Palliativarzt soll mindestens 15 Menschen getötet haben. In etlichen weiteren Fällen wird noch ermittelt. Jetzt hat der monatelange Prozess gegen den Mann begonnen.

Der Mann, der einer der schlimmsten Serienmörder der Berliner Kriminalgeschichte sein könnte, hat sich schick gemacht. Johannes M. trägt Hemd und Jackett. Sein Haar ist an den Seiten nur wenige Millimeter kurz, offenbar frisch frisiert. Auf dem Kopf trägt er dunkelblonde Locken. Heute beginnt der Prozess, der ihn lebenslänglich ins Gefängnis bringen könnte.

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Die Staatsanwaltschaft wirft Johannes M. vor, 15 Menschen ermordet zu haben. Mindestens. Bis zu seiner Festnahme im August 2024 war der heute 40-Jährige als Palliativarzt tätig, also dafür zuständig, die Beschwerden seiner unheilbar kranken Patienten zu lindern. In etlichen Fällen soll er Patienten zunächst mit einem Medikament betäubt haben. Dann hat er laut Staatsanwaltschaft ein weiteres Medikament gespritzt, das bewirkt hat, dass die Atmung aussetzt. Ohne dass die Patienten davon wussten oder dem zugestimmt haben. Die Opferzahl könnte noch weit höher liegen als 15, in 72 Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft noch. Auch der Tod der Schwiegermutter des Angeklagten wird untersucht.

Neben der Frage der Schuld wird es im Prozess gegen Johannes M. vor allem darum gehen, was das Motiv des Mediziners sein könnte. Er selbst möchte nichts zu den Vorwürfen sagen. Seine Verteidiger lassen Richterin Sylvia Busch wissen, dass auch in den nächsten Wochen keine Aussage geplant sei. Ein Gespräch mit der psychologischen Gutachterin Dagny Luther lehnte der Angeklagte ebenfalls ab.

Staatsanwaltschaft sieht Mordmerkmale erfüllt

Die Staatsanwaltschaft sieht in den 15 angeklagten Fällen die Mordmerkmale niedere Beweggründe und Heimtücke erfüllt. In der von Staatsanwalt Philipp Meyhöfer verlesenen Anklage heißt es, dass M. getötet habe, "um sich als Herr über Leben und Tod zu gerieren". Er habe unter "Missachtung des Lebens und des Selbstbestimmungsrechts" seiner Patienten gehandelt, "um die eigene Vorstellung vom Lebensende zu verwirklichen". Dabei habe M. das Vertrauen seiner Patienten in seine Expertise bewusst ausgenutzt.

Die 15 angeklagten Fälle ereigneten sich zwischen September 2021 und Juli 2024. Bei dem ersten mutmaßlichen Opfer handelt es sich um eine erst 25 Jahre alte Frau. Als der Staatsanwalt ihren Namen vorliest, bricht eine Angehörige in Tränen aus. Mehrmals winkt die Frau in Richtung des Angeklagten, der die Verhandlung in einem großen Glaskasten im Gerichtssaal verfolgt. Als wolle sie seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wie mehrere andere Angehörige auch, tritt die Frau als Nebenklägerin auf. Johannes M. blickt nur kurz auf, dann schaut er wieder auf den Tisch vor sich. An seinem Gesicht lässt sich keine Emotion ablesen.

Auf den ersten Blick weckt der Fall Johannes M. Erinnerungen an Niels Högel. Der Pfleger hat zwischen 2000 und 2005 Dutzende Patienten zu Tode gespritzt. Wegen insgesamt 85 Morden wurde er 2019 zu lebenslanger Haft verurteilt. Laut dem Urteil hat Högel absichtlich lebensbedrohliche Zustände hervorgerufen, um sich durch Wiederbelebungen die Anerkennung von Kollegen zu sichern. Außerdem soll er die Spannung genossen haben.

Johannes M. soll Feuer zur Vertuschung gelegt haben

Der Fall Johannes M. scheint anders gelagert. Seine mutmaßlichen Opfer eint, dass sie alle unheilbar krank waren. Ihr Tod soll aber nicht unmittelbar bevorgestanden haben. Dachte ihr mutmaßlicher Mörder, er würde ihnen etwas Gutes tun, sie erlösen? Unklar. Ihm soll aber zumindest klar gewesen sein, dass er Unrechtes tut. Ermittler wurden erst durch eine Brandserie auf ihn aufmerksam. Er soll mehrfach Feuer gelegt haben, um seine Taten zu vertuschen.

Der erste Prozesstag ist schnell vorbei, Zeugen sind noch keine geladen. Bis es zu einem Urteil kommt, werden noch Monate vergehen. Bisher sind 34 weitere Prozesstage bis in den Januar 2026 angesetzt. Je nach Verlauf der Ermittlungen könnte es sein, dass das nicht der letzte Prozess gegen Johannes M. bleibt.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
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