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"Nicht unser erster Streich" – so narrte ein Fake-Busdienst die Querdenker


Für sie fuhr kein Bus nach Berlin
So narrte der "Reisedienst Anette" Dutzende "Querdenker"

  • Matti Hartmann
Von Matti Hartmann

Aktualisiert am 31.08.2021Lesedauer: 3 Min.
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Am Wochenende demonstrierten Hunderte Menschen in Berlin gegen die Corona-Politik: Sie zogen Samstag und Sonntag in mehreren Gruppen durch die Stadt.Vergrößern des Bildes
Am Wochenende demonstrierten Hunderte Menschen in Berlin gegen die Corona-Politik: Sie zogen am Samstag und Sonntag in mehreren Gruppen durch die Stadt. (Quelle: Christophe Gateau/dpa-bilder)

Dutzende "Querdenker" haben vergebens auf ihren Bus zur Demo in Berlin gewartet. Dabei hatte es klare Hinweise gegeben, dass der "Reisedienst Anette" gar nicht existiert. Prominente Corona-Leugner machten trotzdem Werbung dafür.

"Und noch mal der Toby hier. Für alle, die noch nicht wissen, wie sie nach Berlin kommen, haben wir hier ein paar Abfahrtsdaten und eine Telefonnummer, wo ihr euch hinwenden könnt."

Diese Telegram-Nachricht ist am Abend des 24. August im "Querdenker"-Kanal "Toby informiert" erschienen und wurde von mehr als 75.000 Menschen gesehen. Größen der Corona-Leugner-Szene teilten sie, auch der Schunkelsänger Björn Banane, die szenebekannte Aktivistin Eva Rosen und Janko Williams von den "Anwälten für Aufklärung" machten Werbung für den angeblichen "Reisedienst Anette".

So trugen sie dazu bei, dass in der Nacht zu Samstag Dutzende "Querdenker" umsonst auf ihren Bus nach Berlin warteten. Denn das Busunternehmen "Reisedienst Anette", das versprochen hatte, Demonstranten aus halb Deutschland ohne Corona-Test nach Berlin zu bringen, hat es nie gegeben.

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Es war ein Einfall von Denise (Name geändert, bei Twitter als @bohngiorno aktiv) aus der Schweiz. Zusammen mit drei Freunden aus Osnabrück, Berlin und Frankfurt hat sie den Coup umgesetzt. Über einen Kontakt zu Björn Banane habe sie alles ins Rollen gebracht und schließlich auch die anderen "Querdenker" überzeugt, erzählt Denise t-online.

"Das war nicht unser erster Streich", sagt sie. "Wir haben 'Querdenkern' schon öfter Mitfahrgelegenheiten angeboten, die es gar nicht gab. Aber ein professionelles Busunternehmen haben wir zum ersten Mal imitiert."

Warten auf Godeaux

Die Story, mit der sie Banane, Toby und Co. überzeugten: Anette sei durch Corona arbeitslos geworden und habe sich darum selbstständig gemacht. Dass das angebliche Jungunternehmen im Internet nicht zu finden war, machte allerdings niemanden der "Querdenker" stutzig. Denise: "Einmal googeln hätte gereicht, um die ganze Geschichte infrage zu stellen. Auch daran, dass Anette mit einem super ollen Retrobus Werbung für sich machte, hat sich niemand gestört."

Noch frecher: Als Nachnamen für die ausgedachte Anette wählte Denise "Godeaux" – nur ein bisschen anders geschrieben als Samuel Becketts berühmter Godot, der nie kommt. Und für ihre Kommunikation mit den "Querdenkern" benutzte sie einen Telegram-Account, der nach früheren Aktionen eigentlich schon verbrannt war: "Es gab bereits diverse Warnungen vor diesem Account. Aber das haben die alles nicht geschnallt. Viele wären erstaunt, wie chaotisch die 'Querdenker' sind."

Schließlich buchten laut Denise und ihren Freunden 87 Menschen einen Platz in zwei imaginären Bussen. Einer sollte angeblich um 1.30 Uhr nachts von Frankfurt aus losfahren und Menschen unter anderem in Göttingen, Braunschweig und Magdeburg einsammeln. Die andere ausgedachte Route führte von Düsseldorf über Essen, Bochum, Dortmund und Hannover nach Berlin.

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"Die Antifa futtert jetzt Tapas"

"Im Laufe der Nacht haben uns viele Verwirrte auf die Mailbox gesprochen", berichtet Denise. Am Samstagmorgen löste ihr Verbündeter Dennis bei Twitter dann das Täuschungsmanöver auf.

Gleichzeitig stiftete er weitere Verwirrung, schrieb am Abend "die Antifa" futtere nach erfolgreichem Tag jetzt Tapas. Denise erklärt: "Alles, was die 'Querdenker' nicht mögen, etikettieren sie als 'Antifa'. Darum spielen wir mit dem Begriff."

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Drohen jetzt rechtliche Konsequenzen?

Nach der Aktion hätten zahlreiche Menschen gratuliert, sagt sie. Darunter auch Anwälte, die ihre Hilfe angeboten hätten – falls es Klagen aus dem "Querdenker"-Milieu gebe.

"Aber ich rechne nicht damit, dass uns jemand verklagt. Wir haben absichtlich kein Geld vorab verlangt, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Die 'Querdenker' sollten erst vor Ort im Bus bezahlen. Aber dazu sind sie ja nicht gekommen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Gespräch mit Denise (Name geändert)
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