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Corona-Schnelltest in Berlin – Angebot kostet jetzt: "Wird nicht lange gut gehen"


Schnelltests in Berlin
"Oh, das kostet jetzt Geld? Nee, dann lieber nicht"

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 12.10.2021Lesedauer: 5 Min.
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Menschen warten vor einem Corona-Schnelltestzentrum in Berlin: Die Tests kosten nun Geld. In Berlin reagieren Kunden und Mitarbeiter unterschiedlich auf diese neue Regelung.Vergrößern des Bildes
Menschen warten vor einem Corona-Schnelltestzentrum in Berlin: Die Tests kosten nun Geld. In Berlin reagieren Kunden und Mitarbeiter unterschiedlich auf diese neue Regelung. (Quelle: Contini/imago-images-bilder)

Corona-Schnelltests sind nicht mehr kostenlos. Wer sich testen lassen will, muss zwischen 12 und 20 Euro zahlen. In Berlin schreckt das viele Testwillige ab, Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs.

"Ich finde es einfach blöd." Kerem Yasen ist 23 und arbeitet in einem Corona-Testzentrum an der Samariterstraße. "Es ergibt für mich einfach keinen Sinn. Wir reden hier ja nicht von 50 Cent – sondern von bis zu 20 Euro. Und das nur, weil man sich noch nicht impfen lassen konnte oder wollte."

Viele der Menschen, die am Montag zu Yasen kamen, waren genervt. "Ich verstehe die Leute. Ein Restaurantbesuch kostet ja schnell mal 30 Euro. Und dann noch mal 20 für den Test? Das geht doch nicht. Das wird nicht lange gut gehen", so der 23-Jährige. Er befürchtet, dass sich viel weniger Bürger testen lassen werden. "Die wissen dann nicht, wenn sie positiv sind. Und schon geht das mit den Lockdowns wieder von vorne los."

Auch um seinen Job macht er sich Sorgen: "Wir werden hier sehr große Verluste machen. Sonst kamen viel mehr Menschen zum Testen. Heute waren es gerade ein mal 30. Da könnte echt meine Arbeit dran hängen." Die Preise für die Tests können die Betreiber selbst wählen. Vor der Maßnahme bekamen sie acht Euro pro kostenlosem Bürgertest. Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci empfiehlt in einer Mitteilung an die Testcenter allerdings einen Preis von 11,50 Euro als Richtwert für eine faire Preisfindung. Stark abweichende Preise könnten, so die Mitteilung, als nichtig erklärt werden. Weiterhin kostenlos sollen die Tests für alle sein, die jünger als 12 sind oder sich nicht impfen lassen können, wie etwa Kranke mit Attest oder Schwangere. Unter-18-Jährige können einmal pro Woche einen kostenlosen Test machen.

"Das kann ich einfach nicht zahlen gerade"

Einer, der sich gerne testen lassen würde, ist Martin. Der Berliner ist 32 und bezüglich der neuen Regelung geteilter Meinung, wie er sagt. "Ich kann die Maßnahme nachvollziehen, irgendwie. Aber für Leute mit wenig Geld ist es scheiße. Das geht in Richtung Zweiklassengerechtigkeit." Außerdem würden Menschen zum Impfen genötigt. "Obwohl das ja eigentlich eine gute Sache ist. Ich bin definitiv pro Impfen. Aber die Motivation ist dann die falsche. Viele machen es dann nur widerwillig – das schürt Unzufriedenheit", so der 32-Jährige. "Und der Schuss kann nach hinten losgehen.“ Manche an Corona Erkrankte würden sich jetzt nicht mehr testen lassen. "Und zack, haben wir den vierten Lockdown."

Er selbst wollte sich heute testen lassen, weil er sich trotz Impfung krank fühlt. "Ich will einfach auf Nummer sicher gehen." Die Preise schrecken ihn dann aber doch ab. "Wirklich krass. Ich muss jetzt wirklich 20 Euro bezahlen hier. Das kann ich einfach nicht zahlen gerade." Dann geht er zur nächsten Apotheke. Wenigstens einen Selbsttest möchte er noch machen, bevor er zur Arbeit geht.

"Tote Hose hier"

Fathi arbeitet im Testzentrum am Alexanderplatz als Organisator. An einem Wochentag ließen sich hier normalerweise etwa 200 Personen testen. "Aber bis heute Mittag waren es nur vier. Tote Hose hier. Und von denen mussten drei nichts zahlen, weil sie unter 18 sind." Mindestens genau so viele Kunden verließen das Testzelt wieder, nachdem sie erfuhren, dass sie für den Test bezahlen müssen. "Die Kunden sagen dann: 'Oh, das kostet jetzt Geld? Nee, dann lieber nicht.'" Während er spricht, kommt eine Kundin mit Kopftuch in das Testzelt. Sie fragt, ob sie jetzt etwas bezahlen müsse. Als Fathi bejaht, dreht sie auf dem Absatz um. "Geld für Tests? Ohne mich", ruft sie noch beim Rausgehen.

Den Effekt auf das Impftempo sieht Fathi jedoch als gelungen an. "Es wird auf jeden Fall mehr Impfungen geben jetzt. Wer drei mal pro Woche zum Sport geht, zahlt 45 Euro nur für die Tests. Und zwanzig Euro Mitgliedsbeitrag im Monat. Das macht doch keinen Sinn. Fathi selbst ist noch ungeimpft. "Momentan bin ich noch genesen. Aber den Impftermin habe ich schon – aber in erster Linie wegen der teuren Tests. Das kann sich ja keiner leisten."

"Die Maßnahme hat gefruchtet, aber dieser Zwang..."

Auch viele seiner Stammkunden hätten sich jetzt kurzfristig impfen lassen. "Die Maßnahme hat definitiv gefruchtet", so der Testcenter-Mitarbeiter. So richtig überzeugt davon ist er allerdings immer noch nicht. "Geimpfte können das Virus ja auch übertragen. Bei uns war heute morgen eine alte Frau, die ins Krankenhaus musste und einen Test vorweisen musste – obwohl sie durchgeimpft war. Das hat sie selber zahlen müssen."

Um das Testzentrum, in dem er arbeitet, macht er sich Sorgen. "Das hier ist der Anfang vom Ende." Für die Center gebe es einfach keine finanziellen Anreize mehr. "Warum sollten die weitermachen? Es werden so viele zu machen müssen. Wir hier werden bis Ende des Monats schauen, ob es irgendwie weitergehen kann. Sonst müssen wir auch die Türen schließen." Er selbst habe sich schon einen Plan B überlegt, wie es für ihn weitergehe, sobald das Zentrum zumacht, sagt er. Er würde gerne zur Polizei, wartet nur noch auf das Ergebnis seines Einstufungstests.

Claudia möchten ihren richtigen Namen nicht sagen. Sie wartet vor dem Testcenter am Alexanderplatz auf ihre Kinder, die sich drinnen gerade testen lassen. Sie sind als Touristen in Berlin. Sie findet, das Ende der kostenlosen Tests ist eine gute Maßnahme: "Man soll ja geimpft sein. Klar ist das eine Art Pflicht, aber das finde ich gut. Impfen ist eine gesellschaftliche Verantwortung. Wir wollen doch alle zurück in ein normales Leben."

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"Der Testanreiz ist extrem gesunken"

"Happig ist definitiv das Wort der Woche", sagt Otis Brenstedt, 26. Er arbeitet für ein Corona-Testzentrum in Prenzlauer Berg. "Wir haben die Maßnahme letzte Woche schon angekündigt", sagt er. "Viele Leute sind trotzdem überrascht. Hier kostet ein Test 15 Euro. Das ist schon ein Brett. Da kannste auch von Essen gehen." Viele Kunden fänden es doof, dass sie Geld bezahlen müssen, wie er sagt. Auch in diesem Testzentrum nahm die Zahl der Kunden ab. "Normal haben wir in der Frühschicht an einem Montag drei- bis vierhundert Leute getestet. Heute waren es im gleichen Zeitraum 140."

Seine Kollegin Lisa, 30, ist Testerin. Auch sie hat bemerkt, dass die Zahl der Tests abgenommen hat. "Ich war aber überrascht, dass überhaupt so viele Leute heute gekommen sind. Ich dachte es würden weniger." Dementsprechend positiv sieht sie in die Zukunft: "So wie es jetzt aussieht, können wir weitermachen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Gespräche vor Ort
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