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Flughafen BER: Warum ist Fliegen in Berlin so chaotisch?


Chaos am BER
Warum schafft es Berlin nicht, einen Flughafen zu betreiben?

Eine Reportage von Kriss Rudolph

Aktualisiert am 18.10.2021Lesedauer: 3 Min.
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Lange Warteschlangen am BER: Am vergangenen Wochenende herrschten auf dem Hauptstadtflughafen teils chaotische Zustände.Vergrößern des Bildes
Lange Warteschlangen im BER: Am vergangenen Wochenende herrschten am Hauptstadtflughafen teils chaotische Zustände. (Quelle: Paul Zinken/dpa)

Check-in-Chaos, stundenlange Warteschlangen, zu wenig Personal: Fliegen ist in Berlin längst zum Abenteuer geworden. Besonders auffällig wird das im Vergleich zu anderen Hauptstädten, wie unser Reporter berichtet.

Als ich am Samstagvormittag am Flughafen ankomme, besorge ich mir einen Café Latte to go und stelle mich in die Check-in-Schlange. Alles geht schnell über die Bühne. Ich komme nicht mal dazu, meinen Kaffee auszutrinken, da drückt man mir schon meine Bordkarte in die Hand. Spoiler: Diese Szene trägt sich am Flughafen Wien-Schwechat zu. An diesem Tag trete ich meinen Rückflug nach Berlin an.

Fliegen ist in Berlin wie ein Abenteuerurlaub

Auf meinem Hinflug zwei Wochen zuvor hätte ich die ganz Frühstückskarte rauf- und runterbestellen können und wäre trotzdem nur fünf Meter vorangekommen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Flughafen geben ihr Bestes: Wenn sich wieder ein Abflug nähert und nur noch etwa 45 Minuten verbleiben, die Schlange aber partout nicht kürzer werden will, werden die Zielflughäfen in die Menge gerufen und man darf als Betroffener die anderen in der Reihe Wartenden überspringen.

Vor einer Woche brach am Berliner Flughafen BER das Chaos aus: Stundenlange Wartezeiten und lange Schlangen bei der Abfertigung führten dazu, dass Passagiere zum Teil ihre Flüge verpassten. An diesem Samstag ist am BER eine Wiederholung des jüngsten Abfertigungschaos hingegen weitgehend ausgeblieben. Zwar habe es Spitzenzeiten gegeben, bei denen es wieder zu Schlangen vor der Abfertigung gekommen sei, sagte ein Flughafensprecher. Unser Reporter hat sich am Samstag davon selbst ein Bild gemacht und ist von Wien nach Berlin geflogen.

Fliegen hat für Berlinerinnen und Berliner neuerdings immer etwas von Abenteuerurlaub. Es gibt so viele viele offene Fragen: Kriege ich meinen Flieger rechtzeitig, wenn ich nur drei Stunden vor Abflug am BER bin? Reicht es, wenn ich bei meiner Rückkehr noch mal drei Stunden einplane, bis ich meinen Koffer wiederkriege? Und wenn ich ihn habe: Wie lange muss ich auf ein Taxi warten, das ich mich in die Zivilisation zurückbringt?

In Wien weniger als drei Minuten Wartezeit, in Berlin fehlen die Busse

Bei meiner letzten Ankunft am BER mussten wir fast eine halbe Stunde im Flieger warten, weil man wohl Treppen herangeschafft hatte, aber keine Busse. Unsere – planmäßige – Landung, damals aus Neapel, muss die Leute am Flughafen geradezu überrumpelt haben: Denn als wir dann endlich von der Landebahn zum Flughafengebäude gebracht wurden, sahen wir aus dem Bus, wie ein BER-Mitarbeiter eilig mit einem Schlüssel angelaufen kam, um uns die Türen aufzuschließen.

In Wien dagegen klappt alles wie am Schnürchen und man ist gleichzeitig glücklich und traurig, dass andere Städte es hinkriegen, einen Flughafen zu betreiben. In Schwechat geht die Sicherheitskontrolle erfreulich zügig über die Bühne, und man kann wirklich nicht behaupten, dass die Mitarbeiter dort oberflächlich arbeiten. Auf den Anzeigen überall in den Gängen des Flughafens ist zu lesen: Drei Minuten Wartezeit beim Security-Check. Und selbst die wurden noch übertroffen.

Weil die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg ihren Passagieren kürzlich geraten hat, das Gepäck schon am Abend vor dem Abflug aufzugeben und man am BER ohnehin ein irgendwie gespaltenes Verhältnis zu Koffern zu haben scheint, versuche ich in Wien, meine etwas zu große und vermutlich auch zu schwere Tasche als Handgepäck ins Flugzeug zu schmuggeln. Mit Erfolg – keiner hat's gemerkt!

Der BER tut so, als sei nichts gewesen

Dann sitzen wir im Flieger. "Wieder Chaos", schimpft mein Sitznachbar, ein älterer Herr – da sind wir noch gar nicht gestartet. Der Pilot hat nämlich gerade durchgesagt: Wegen des hohen Flugaufkommens hat uns Berlin eine Landezeit zugewiesen, für die wir aber noch 20 Minuten mit dem Start warten müssen. Da ist der Abflug eh schon 20 Minuten überfällig.

Wir kommen mit kleiner Verspätung in Berlin an. Es ist Samstagnachmittag. Der BER tut so, als wäre nichts gewesen. Das Fahrgastaufkommen wirkt übersichtlich. Größere Schlangen gibt es nur bei Air Portugal und der griechischen Airline Aegean. Überall stehen Self-Service-Kioske zum selbst Einchecken. Insgesamt soll es am BER 67 Check-in-Automaten sowie 52 Gepäckaufgabe-Automaten geben. Aber auf jedem Display dieselbe Anzeige: Außer Betrieb.

Berlin und Brandenburg fordern Aufarbeitung der Probleme

Trotzdem: Das große Chaos scheint erst mal vorüber zu sein. Bis zum nächsten Chaos fordern die Länder Berlin und Brandenburg die Aufarbeitung der Probleme. Sind es fehlende Abfertigungskapazitäten im Terminal, wie die Lufthansa sagt, oder Personalengpässe, wie die Flughafengesellschaft meint?

Ich erinnere mich an meinen Hinflug nach Wien: Am Sicherheitscheck war ein gut gelaunter, etwas untersetzter Beamter im Einsatz, der mit einem Ehepaar plauderte, das sein ganzes Hab und Gut in eine der schwarzen Plastikwannen packte. Zu dem Mann sagte der Beamte: "Und das da, unter ihrer Jacke?" Der Passagier schaute verwirrt an sich hinunter. Da kicherte der Sicherheitsbeamte und sagte: "Ach so, das ist ihr Bauch."

Vielleicht ist das die Lösung. Das Prinzip BVG: Man kriegt Service und Pünktlichkeit einfach nicht in den Griff, also leistet man sich Hofnarren, die zumindest die schlechte Stimmung heben. Vielleicht wäre der BER so noch zu retten. Oder zumindest sein Ruf.

Verwendete Quellen
  • Recherche vor Ort
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