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Berlin: SUV-Fahrer wegen Unfall mit vier Toten vor Gericht – "Ganz trauriges Unglück"


Prozessbeginn in Berlin
SUV-Fahrer bedauert Unfall mit vier Toten

Von dpa, afp
Aktualisiert am 27.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Der Angeklagte steht im Gerichtssaal zwischen seinen Anwälten: Ihm wird fahrlässige Tötung und fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs vorgeworfen.Vergrößern des BildesDer Angeklagte steht im Gerichtssaal zwischen seinen Anwälten: Ihm wird fahrlässige Tötung und fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs vorgeworfen. (Quelle: Paul Zinken/dpa-bilder)
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Bei einem schweren Verkehrsunfall auf der Invalidenstraße kamen vier Menschen ums Leben. Wegen eines epileptischen Anfalls hatte der Fahrer die Kontrolle verloren. Nun steht er vor Gericht.

Gut zwei Jahre nach einem Verkehrsunfall in Berlin-Mitte mit vier Toten hat am Mittwoch der Prozess gegen den Fahrer begonnen. Zum Prozessstart äußerte der Angeklagte sein Bedauern über den Unfall und dessen Folgen. "Ich möchte den Angehörigen mein tiefstes Beileid aussprechen", hieß es in einer von Michael M. verlesenen Einlassung nach der Anklageverlesung.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 44-Jährigen fahrlässige Tötung und fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs vor. Aus ihrer Sicht hatte sich M. ans Steuer des Wagens gesetzt, obwohl er wusste, dass bei ihm eine strukturelle Epilepsie sowie – nach einer etwa einen Monat zuvor erfolgten Operation – eine Hirnnarbe bestand. Bei gebotener Sorgfalt habe er erkennen können, gesundheitlich nicht in der Lage gewesen zu sein, das Fahrzeug sicher zu führen.

Der SUV des Angeklagten hatte am 6. September 2019 auf der Invalidenstraße eine Ampel und mehrere Poller gerammt, sich mehrfach überschlagen und dabei wartende Menschen auf dem Gehweg erfasst. Die vier Opfer – ein drei Jahre altes Kind, zwei Männer im Alter von 28 und 29 Jahren sowie eine 64-jährige Frau – erlagen noch am Unfallort ihren Verletzungen.

Berlin: Fahrer verlor wegen epileptischen Anfalls Kontrolle über Wagen

Nach Gerichtsangaben war der Fahrer zuvor vor einer roten Ampel, vor der mehrere Fahrzeuge warteten, ausgeschert und hatte seinen Wagen stark beschleunigt. Infolge eines epileptischen Anfalls sei es zum Krampf gekommen, so dass er mit durchgedrücktem Gaspedal "konstant voll beschleunigend gradlinig" etwa 80 Meter weitergefahren sei. Seine Opfer habe er mit einer "Kollisionsgeschwindigkeit von 102 bis 106 Stundenkilometern" erfasst und deren Tod "fahrlässig in Kauf genommen".

In seiner Einlassung sprach M. von einem "schrecklichen, ganz traurigen Unglück". Er habe bislang in seinem Leben nur zwei epileptische Anfälle gehabt und am Tag des Unfall nicht mit einem Anfall gerechnet. Dass es dennoch "zu dem Anfall mit den grausamen Folgen kam, ist für mich unfassbar", sagte M. mit brüchiger Stimme und unter Tränen.

Nebenklageanwältin: "Sind empört"

"Wir sind empört über die Einlassung", sagte eine Nebenklageanwältin am Rande des Prozesses. M. habe einen eindeutigen ärztlichen Rat gehabt, nicht Auto zu fahren. "Die Tragödie wäre vermeidbar gewesen." Der Angeklagte sei "ein absoluter Autofan, ein Autonarr". M. selbst gab an, seit 2018 selbstständig im Automobilgewerbe tätig zu sein.

Die Nebenklagevertreter bemängelten zudem, dass sich der Angeklagte vor dem Prozess, in den zwei Jahren seit dem Unfall, nicht bei den Hinterbliebenen entschuldigt habe. Insgesamt neun Nebenkläger, allesamt Angehörige der Getöteten, nehmen am Prozess teil.

Zudem hat die Staatsanwaltschaft etwa 70 Zeuginnen und Zeugen benannt. Ob diese alle vor Gericht erscheinen müssen, bleibt abzuwarten.

Allein wegen der medizinischen Fragen ist jedoch von einer umfangreichen Beweisaufnahme auszugehen. Das Landgericht Berlin plant zunächst 20 Prozesstage bis Anfang Februar 2022, um das Geschehen aufzuklären.

Bundesweite Empörung über tödlichen Unfall

Der Fall hatte bundesweit für Empörung gesorgt – und eine Diskussion um die Gefahren im Straßenverkehr ausgelöst. Anfangs stand dabei die Frage im Fokus, ob SUV-Fahrzeuge (Sport Utility Vehicle) besonders gefährlich sind. Schnell konzentrierte sich die Debatte jedoch auf die insgesamt angespannte Verkehrssituation im Umfeld des Unfallortes.

Ein wesentlicher Grund dafür war eine Internet-Petition: Später wurde in dem Bereich Tempo 30 eingeführt, sogenannte geschützte Fahrradwege entstanden. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts wird nun untersucht, welche weiteren Veränderungen für ein lebenswertes und sicheres Quartier sinnvoll sind.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur AFP
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