Eintracht Braunschweig Erfolgreicher Relegation folgt deutliche Kritik

Große Erleichterung in Braunschweig. Eintracht und die Stadt feiern nach einem dramatischen Spiel den Klassenerhalt. Doch es kommt auch massive Kritik von einem Führungsspieler.
Mitten im großen Jubel über den erfolgreichen Relegations-Krimi gegen den 1. FC Saarbrücken hat Fußball-Profi Sven Köhler von Eintracht Braunschweig deutliche Kritik an seinem Verein geäußert. Der Abwehrspieler fordert, dass der Klub dringend aufwachen müsse. Unter diesen Bedingungen ist es "nur eine Frage der Zeit, bis der Verein absteigt. Es ist fünf vor Zwölf", sagte der 28-Jährige nach dem entscheidenden 2:2 (0:0, 0:2) nach Verlängerung am Dienstagabend.
Die Braunschweiger sicherten sich erneut den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga, nachdem sie bereits im Hinspiel gegen Saarbrücken mit 2:0 gewonnen hatten. Es ist das dritte Jahr in Folge, dass sie in der Liga verbleiben konnten, jedoch jedes Mal knapp. Ein Neuaufbau des Teams war jedes Mal notwendig, bevor sie sich erfolgreich halten konnten. Diese Strategie wird von Köhler kritisiert, der erst 2024 von Odense BK zur Eintracht kam.
Ich habe selten so ein negatives Umfeld wie hier erlebt. Das macht auch etwas mit den Spielern.
Sven Köhler nach der Relegation
"Ich höre immer nur: Das war hier schon immer so. Und ich höre immer: 1967 (die deutsche Meisterschaft)! Aber das ist nicht mehr aktuell. Und wenn man so weitermacht, dann steigt man ab", sagte Köhler. "Der Fußball entwickelt sich. Da kann es nicht sein, dass man gegen Ulm nach sechs Minuten ausgepfiffen wird. Das ist auch nicht mehr up to date. Ich habe selten so ein negatives Umfeld wie hier erlebt. Das macht auch etwas mit den Spielern."
Köhlers kritisiert Bedingungen
"Ich gebe mal ein Beispiel: Wenn Ermin Bicakcic sagt, dass der Kraftraum seit zehn Jahren gleich aussieht und wir da gefühlt nur mit sechs Mann rein können, dann ist das nicht mehr zweitligatauglich", kritisierte der frühere Jugendspieler von Borussia Dortmund, Schalke 04 und VfL Bochum. Man müsse sich neu aufstellen. Man müsse ein bisschen smartere Lösungen finden, man müsse besser arbeiten, wenn man nicht die meiste Kohle habe. Man müsse überperformen, sagte Köhler. "Und wenn man das nicht macht, dann gibt es halt Probleme wie in diesem Jahr. Die Frage ist nur: Wie oft geht das gut?"
"Super Teamklima" – und doch ein Problem
Köhler unterstrich: "Wir haben ein super Teamklima. Das Problem ist: Man muss mehr Jungs reinbringen, die ein gewisses Alter haben, die ein gewisses Standing haben, die immer ihre Leistung bringen können." Es könne aber nicht sein, dass nur fünf, sechs Leute immer den ganzen Apparat anschieben müssten. Dann sei die Batterie so leer, wie sie jetzt leer ist. "Ich bin mausetot."
Der Spielstil sei in der Vorbereitung ein ganz anderer gewesen. Das sei ein fußballerischer Ansatz gewesen, erklärte der Spieler. "Aber wenn das nur einen Spieltag hält, dann alle draufkloppen und wir auch als Verein einbrechen: Das kann nicht sein. Wenn das über den Haufen geworfen wird nach nur einem Spiel, dann verunsichert man damit auch das ganze Umfeld und die Mannschaft." Man müsse eine Strategie haben, man müsse einen Spielansatz haben und dann vielleicht auch mal Negativerlebnisse in Kauf nehmen, so der Eintracht-Spieler. Köhler weiter: "Generell ist alles zu passiv hier. Man reagiert nur. Man agiert nicht."
Köhler möchte in Braunschweig bleiben
Köhler selbst möchte trotz seiner Kritik in Braunschweig bleiben. "Ja, absolut. Natürlich will ich hier mit anschieben", sagte er.
Sport-Geschäftsführer Benjamin Kessel reagierte mit Unverständnis, aber auch mit Nachsicht auf die Worte des Führungsspielers. "Wir müssen die Saison ganz offen und ehrlich analysieren. Es muss alles auf den Tisch. Aber ich kann hier morgen auch nicht einen neuen Kraftraum aufbauen", sagte Kessel. Und über Köhler persönlich: "Er hat auf dem Platz vor allem die letzten Spiele geliefert. Dann ist es auch okay, wenn man mal sagt, was man denkt."
- Nachrichtenagentur dpa