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Bremer Kriminalstatistik | Deutlich mehr Fälle von Kinderpornografie und häuslicher Gewalt


Bremer Kriminalstatistik
Deutlich mehr Fälle von Kinderpornografie und häuslicher Gewalt

Kristin Herrmann

14.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Polizist in Bremen (Symbolfoto): Die Kriminalität nimmt ab, aber nicht in allen Bereichen.Vergrößern des Bildes
Polizist in Bremen (Symbolfoto): Die Kriminalität nimmt ab, aber nicht in allen Bereichen. (Quelle: Joachim Sielski/imago-images-bilder)

Die Zahl der von der Polizei bearbeiteten Straftaten im Bundesland Bremen ist im vergangenen Jahr von 80.869 Fällen in 2020 auf 75.966 im vergangenen Jahr gesunken.

Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) hervor, die Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Donnerstag im Rathaus vorstellte. Die Aufklärungsquote ging nach dem Rekordhoch im Jahr 2020 mit 51,5 Prozent leicht auf 48,9 Prozent zurück.

Mäurer nannte den Rückgang der Fallzahlen zwar erfreulich, dennoch stehe die Polizei auch in Zukunft vor großen Herausforderungen. Die Corona-Krise habe sich erneut auf viele Deliktarten ausgewirkt. "Noch immer kann die Polizeiliche Kriminalstatistik nicht ohne die teils massiven Einflüsse der Pandemie auf die Kriminalitätsentwicklung betrachtet werden", sagte der SPD-Politiker.

So nahmen besonders Fälle von häuslicher Gewalt, Kinderpornografie und Internetbetrug weiter zu. Die Zahl der Wohnungseinbrüche und Ladendiebstähle ging dagegen zurück.

"Cybergrooming" bereitet Ermittlern Sorge

Im Bereich des sexuellen Missbrauchs an Kindern stieg die Zahl der Fälle von 122 auf 132. Aufgrund des Lockdowns seien Kinder und Jugendliche vermehrt im Internet aktiv und damit höheren Gefahren als in den Jahren zuvor ausgesetzt. Weil mehr Zeit zu Hause verbracht wird, steige zudem das Risiko auf sexuelle Übergriffe im häuslichen Umfeld.

Große Sorge bereitet den Ermittlern das sogenannte "Cybergrooming". Dabei versuchen Täter, Kindern und Jugendlichen ihre Handynummer zu entlocken, um sie anschließend über Messenger-Dienste zu belästigen, oder zu Nacktaufnahmen zu überreden, mit denen sie sie später erpressen können. Bremens Polizeipräsident Dirk Fasse zufolge nehmen diese Taten bundesweit zu. "Es ist deshalb unsere Pflicht, Maßnahmen zu treffen", so Fasse weiter. Eltern und Kinder könnten Vorträge im Präventionszentrum der Polizei buchen. Außerdem seien die Beamten im Austausch mit dem Landesinstitut für Schule, um das Thema stärker im Unterricht zu verankern.

Das Thema Kinderpornografie sei ein besonders erschütternder Bereich kriminalpolizeilicher Arbeit, sagte Mäurer. Die Fallzahlen seien aufgrund von Hinweisen der amerikanischen Organisation NCMEC (National Centre for Missing and Exploited Children) an das Bundeskriminalamt auch in Bremen geradezu explosionsartig angestiegen. So verzeichnet die PKS für 2021 375 Fälle im Vergleich zu 135 Fällen in 2020. Dabei werde das abscheuliche Bildmaterial nicht zuletzt auch über Chatgruppen von Kindern und Jugendlichen weiterverbreitet, warnte Mäurer.

Die Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das am 1. Februar 2022 in Kraft getreten ist, werden zu einem weiteren erheblichen Anstieg der Fallzahlen führen, schätzt der Innensenator. "Wir haben daher das zuständige Kommissariat personell mit fünf Vollzeitstellen im Nichtvollzug und drei im Vollzug verstärkt."

Opposition: Maßnahmen reichen nicht aus

Der CDU-Fraktion gehen die Maßnahmen bisher nicht weit genug. Sie fordert mehr Präventions- und Ermittlungsarbeit gegen Straftaten an Kindern. "Vor uns tut sich ein Abgrund auf, der mitten durch unsere Gesellschaft verläuft. Rot-Grün-Rot stattet die Ermittlungsbehörden nach wie vor nicht mit dem nötigen rechtlichen und methodischen Rahmen aus, um Täter wirklich gezielt aufspüren zu können. Das ist aber unerlässlich", sagte Marco Lübke, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

"Es muss öffentlich und breit die Frage diskutiert werden, wie Gewaltstrukturen aufgedeckt werden und wie Hilfesysteme organisiert werden können, um Gewaltopfern schnell zu helfen. Die momentanen Mittel und Maßnahmen reichen offenkundig nicht aus", kommentierte auch die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Birgit Bergmann.

Die für viele Menschen psychisch belastenden Auswirkungen der Pandemie könnten laut Mäurer ein Grund dafür sein, dass auch die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt zum zweiten Mal in Folge zunahm. Nach einem auffälligen Anstieg 2020 wurden im vergangenen Jahr in der Stadt Bremen noch einmal 8,6 Prozent mehr Taten verzeichnet.

Die Bremer Polizei schloss Ermittlungen zu 2.339 Fällen ab. In Bremerhaven stieg die Zahl von 487 Fällen häuslicher Gewalt 2020 auf 571 Fälle 2021. Der Stresspegel in den Familien habe "zu einer angespannten, aggressiven Dauerstimmung geführt, die sich schließlich bei einigen in Gewaltausbrüchen ihren Weg bahnte", sagte Mäurer. Es sei davon auszugehen, dass die Dunkelziffer höher liege.

Mehr Schutz für Opfer häuslicher Gewalt

"Die vorgelegten Zahlen zu den Kriminaldeliktfeldern "Häusliche Gewalt" sowie "Vergewaltigung und sexueller Nötigung/Übergriffe" bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen", sagte Bremens Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm. Die Polizei bemühe sich deshalb um mehr Schutz gerade für Frauen und verbessere die Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Behörden. Eine Säule dabei wird die neue Gewaltschutz-Ambulanz sein, die am Klinikum Bremen-Mitte entstehen und noch in diesem Jahr ihre Arbeit aufnehmen soll.

Sie ist für Frauen, Männer, aber auch Trans-Menschen und Kinder gedacht, die Opfer von häuslicher oder sexualisierter Gewalt geworden sind. Die Zahl der Mordfälle im kleinsten Bundesland blieb über die Jahre relativ konstant. In Bremen wurden sieben Menschen ermordet, es gab 32 Mordversuche. In Bremerhaven gab es 2021 sechs versuchte Morde.

Bei anderen Delikten brachte Corona indes einen Rückgang. Weil viele Menschen ständig zu Hause waren, sank die Zahl der Wohnungseinbrüche um 22 Prozent. In 470 Fällen waren die Einbrecher trotzdem erfolgreich. Aber eine noch größere Zahl (507) von versuchten Einbrüchen scheiterte den Angaben nach. Auch Ladendiebstähle nahmen 2021 um 28 Prozent auf 3.411 Fälle ab.

Ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität ist den Fahndern im vergangenen Jahr darüber hinaus beim Kampf gegen Waffen und Drogen gelungen. Nach der Entschlüsselung von Daten des Kommunikationsanbieters "Encro-Chat" wurden mittlerweile 20 Täter ermittelt und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Zudem hätten die Beamten bisher 2,4 Millionen Euro sichern können.

In die Polizeiliche Kriminalstatistik fließen nur jene Fälle ein, die die Polizei in dem Jahr abschließend bearbeitet hat. Dort werden also nicht alle Delikte abgebildet, die 2021 tatsächlich begangen wurden. Die Übersicht könne demnach kein exaktes Abbild der tatsächlichen Kriminalitätslage eines Jahres liefern, sondern je nach Deliktart ließen sich Trends erkennen, sagte Innensenator Ulrich Mäurer.

Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2021, 14.04.2022
  • Pressemitteilung CDU-Fraktion
  • Pressemitteilung FDP-Fraktion
  • Pressemitteilung Landesfrauenbeauftragte
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