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Protest in Hessen: Nudeln und Osterbrot für streikende Lkw-Fahrer auf der A5


Streikende Lkw-Fahrer
Nach Tumulten auf Rastplatz: "Ein unfassbarer Vorfall"

Von dpa
Aktualisiert am 11.04.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230409-921-010097Vergrößern des BildesStreikende Lastwagenfahrer stehen auf der Raststätte Gräfenhausen an Lastwagen. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa)
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Nach dem Vorfall mit einem "Schlägertrupp" lassen sich die Streikenden auf der A5 in Südhessen nicht einschüchtern. Unterstützung erhalten sie von mehreren Politikern.

Ein Streik osteuropäischer Lastwagenfahrer, die von ihrem polnischen Auftraggeber ausstehenden Lohn fordern, hat auch übers Osterwochenende auf der Autobahn-Raststätte Gräfenhausen an der A5 in Südhessen angedauert. Dort sind rund 50 Lastwagenfahrer seit Tagen im Ausstand. Unterstützt werden sie vom Beratungsnetzwerk Faire Mobilität und deutschen Gewerkschaftern. In dem Konflikt setzt der polnische Spediteur offenbar auch auf Einschüchterung.

Vorbeifahrende Autofahrer zeigten den vor allem aus Georgien und Usbekistan stammenden Lkw-Fahrern ihre Solidarität. So beobachtete ein dpa-Reporter, wie eine Familie den Fahrern Nudeln und eine Palette Tomatensoße überreichte und winkend weiterfuhr. Auch Osterbrot gab es. "Die Stimmung ist gut. Wir sind sehr froh über so viel Unterstützung", sagte einer der Fahrer. "Wir haben ehrlich gearbeitet – und das wollen wir auch weiterhin tun, für fairen Lohn."

"Was hier in Gräfenhausen passiert, das kann überall passieren – und oftmals sehen wir es nicht", sagte der rheinland-pfälzische Arbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD) bei einem Besuch am Sonntag. Eine Sache sei gut an dem Streik: "Endlich schaut Deutschland mal hin und sieht, was passiert auf deutschen Straßen." Er wolle den Streik zum Anlass nehmen, um Arbeitsbedingungen im internationalen Güterverkehr in der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

"Die frieren in ihren Kabinen"

Wenig friedlich war es am Freitag, als der polnische Speditionsinhaber mit einer Sicherheitsfirma und einem Kamerateam anreiste und versuchte, seine Lastwagen in Besitz zu nehmen. Die Polizei verhinderte eine gewalttätige Auseinandersetzung mit den martialisch gekleideten Sicherheitsleuten. Es gab fast 20 Festnahmen.

Mittlerweile sind der Spediteur und die Sicherheitsleute wieder auf freiem Fuß. Ihnen wird in unterschiedlicher Beteiligung schwerer Landfriedensbruch, Nötigung, Bedrohung, versuchte gefährliche Körperverletzung und Störung einer Versammlung vorgeworfen.

Weitere Zwischenfälle soll es nicht geben: "Die Polizei ist permanent vor Ort und fährt Streife", sagte ein Vertreter der Gewerkschaft Verdi der Deutschen Presse-Agentur. Er sei mit einem Schlauch und Treibstoff gekommen, da sich mittlerweile bei mehreren Fahrern die Diesel-Vorräte dem Ende neigten und sie nachts keine Standheizung mehr laufen lassen könnten. "Die frieren in ihren Kabinen."

"Katastrophalen Bedingungen" im Transportgewerbe

Zuspruch für die Fahrer gab es zum Beispiel auch von der SPD im hessischen Landtag. Der Fraktionsvorsitzende Günther Rudolph sagte am Sonntag: "Das, was am Freitag geschehen ist, darf sich ein Rechtsstaat nicht gefallen lassen."

Die Abgeordneten der Grünen im hessischen Landtag, Martina Feldmayer und Torsten Leveringhaus, machten sich laut Mitteilung am Sonntag vor Ort ein Bild von der Situation und bekundeten ihre Solidarität. "Dass eigens eine sogenannte Detektei aus Polen anreiste und die Trucker, die sich mutig für ihre fairen Löhne einsetzen, bedrohte sowie gewaltsam gegen diese vorgehen wollte, ist ein unfassbarer Vorfall", erklärten sie demnach. Es sei auch der schnellen Reaktion der Polizei zu verdanken, dass die Situation nicht eskaliert sei.

Auch auf bundespolitischer Ebene gab es Reaktionen. "Der Vorfall in Gräfenhausen wirft ein Schlaglicht darauf, welche katastrophalen Bedingungen in Teilen des Transportgewerbes herrschen", sagte der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Udo Schiefner (SPD), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag).

Petition erzielt erste Erfolge

Leider beauftragten auch namhafte deutsche Unternehmen Speditionen zu Dumpingpreisen und verschlössen die Augen davor, "dass solche Angebote bei fairer Bezahlung und Einhaltung aller Regeln nicht möglich wären". Schiefner kündigte einen Antrag der Koalitionsfraktionen im Bundestag an, in dem die Bundesregierung aufgefordert werde, wettbewerbsverzerrende und unfaire Arbeitsbedingungen stärker zu bekämpfen.

Unterdessen hat die Petition der Fahrer an die Auftraggeber der polnischen Spedition erste Erfolge, wie Edwin Atema von der Europäischen Transportarbeitergewerkschaft, der von den Streikenden zum Mediator ernannt wurde, sagte. "Erste Unternehmen haben gesagt, dass sie die Zusammenarbeit eingestellt haben, als sie von den Arbeitsbedingungen erfuhren." Das sei zwar ein erster Erfolg, er hoffe aber, dass die Unternehmen nun ihren Einfluss geltend machten, um die Bezahlung der Fahrer durchzusetzen, sagte Atema. Ihm zufolge werden am Dienstag und Mittwoch zudem zwei Vertreter des Georgischen Gewerkschaftsbundes auf der Raststätte erwartet.

Der Versuch, die Fahrer einzuschüchtern, sei nicht der erste gewesen. "Es gab auch Proteste von kleinen Fahrergruppen auf anderen Rastplätzen in Deutschland, zum Beispiel in Garbsen bei Hannover", so Atema. Diese hätten nach Einschüchterungsmaßnahmen die Rastplätze verlassen, einige seien nach Gräfenhausen gekommen, um weiterzumachen. Andere seien von einer Streikaktion in Italien gekommen. "Dort hat die Polizei nichts unternommen gegen die Schlägertrupps, anders als hier."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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