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HSV-Fans verprügeln Familie nach Heimspiel am S-Bahnhof Stellingen


Elfjähriger muss zusehen
HSV-Fans attackieren Familie nach Heimspiel

  • Markus Krause, Regio-Redakteur für Hamburg.
Von Markus Krause

02.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Fans des Hamburger SV in einem Tunnel an der S-Bahn-Station Stellingen: Hier geschah der Angriff.Vergrößern des Bildes
Fans des Hamburger SV in einem Tunnel an der S-Bahn-Station Stellingen: Hier wurden ein Mann, sein Vater und sein Großvater zusammengeschlagen. (Quelle: Sebastian Wells/imago images)

Mutmaßliche HSV-Hooligans haben eine Familie nach dem Spiel gegen Braunschweig angriffen. Auch ein 73-jähriger Großvater ist unter den Opfern.

Für einen 23-Jährigen, seinen elfjährigen Bruder, den 50-jährigen Vater und den 73-jährigen Großvater ist ein Besuch des HSV-Spiels am vergangenen Wochenende zum Albtraum geworden. Auf dem Heimweg sind sie Opfer einer üblen Prügelattacke geworden – die von Anhängern der eigenen Mannschaft ausging. Den Vorfall machte einer der Geschädigten auf Reddit öffentlich.

"Ich bin noch immer zutiefst schockiert", schreibt der Nutzer mit dem Namen "ManufacturerGlass306" zu dem Vorfall, der sich am Sonntag, 29. Januar, gegen 16.30 Uhr, nach dem Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig zugetragen hat. "Wir waren zu einem Familienausflug im Stadion, haben ein mega Spiel gesehen, und dann wird dieses Erlebnis so derartig zerstört."

Hamburger SV: Familie wird auf dem Rückweg verprügelt

Für seinen elfjährigen Bruder sollte es das erste "richtige" Spiel im Volksparkstadion werden. "Und was es für ein erstes richtiges Spiel war! Unser HSV siegt nach einem spektakulären Kampf mit 4:2. Die Stimmung im Stadion hätte besser nicht sein können, und ich war stolz darauf, dass ich meiner Familie solch ein Erlebnis bereiten konnte", berichtet der junge Mann einen Tag nach dem Auftakt der Rückrunde in der 2. Bundesliga, immer noch euphorisch. Die Tickets habe er seinem Vater und seinem Bruder zum Geburtstag geschenkt.

Doch was danach geschah, bezeichnet der User rückblickend als ein "fast schon traumatisches Erlebnis", über das er noch immer "tieftraurig" sei. Nach der Ehrenrunde der Mannschaft macht sich die Familie von der Südtribüne aus auf den Weg in Richtung S-Bahnhof Stellingen.

"Wir haben uns noch über das wirklich gute Spiel unterhalten, haben Fangesänge mitgesungen, und uns von der guten Grundstimmung nach Hause tragen lassen", berichtet er. Dann erreichten sie einen Tunnel, kurz vor der Bahnstation.

HSV-Anhänger wird in Schlägerei verwickelt

Dort habe die Menschenmasse "ohne ersichtlichen Grund" gestoppt. Eine Gruppe von 20 bis 30 HSV-Anhängern habe den Weg in den Tunnel versperrt. Wie sich später herausstellte, planten die Männer offenbar einen Fanmarsch mit Gesang.

Er habe einige Minuten gewartet, ehe er nach vorne gegangen sei und die Fans dazu aufgefordert habe, ihn und seine Familie durchzulassen. "Zurück kam nur ein pampiges 'Dann geh doch durch!'", schreibt der 23-Jährige. Anschließend sei er von "mehreren Personen" in den Tunnel geschubst worden.

Da sein Vater, der Großvater und der kleine Bruder jedoch noch vor der "Absperrung" standen, habe er auf diese gewartet. "Dies wurde scheinbar als Provokation gewertet – so hieß es mehrmals: 'Verpiss dich!'" Nach etwa 15 Sekunden sei dann einer der Anhänger auf ihn losgegangen und habe ihm "unvermittelt mit der Faust gegen die Schläfe geschlagen".

Vater und Großvater ebenfalls angegriffen

Danach eskalierte die Situation offenbar völlig: Sein Vater sei durch die Reihen hindurch gesprintet, um ihm zu helfen, woraufhin drei Männer auf den 50-Jährigen losgingen, ihn zu Boden rangen und "mehrmals auf den Hinterkopf schlugen". Auch der 23-Jährige wurde zu Boden gedrückt – die Angreifer hätten ihm gegen den Oberkörper und in die Rippen geschlagen.

Daraufhin habe der Großvater versucht, seinen Familienangehörigen zu helfen und einen der Schläger am Kragen gepackt. "Dieser schlug meinen 73-jährigen Opa ohne zu zögern ins Gesicht", berichtet "ManufacturerGlass306".

Besonders schlimm für ihn: "Mein elfjähriger kleiner Bruder musste bei seinem ersten Stadionbesuch zusehen, wie seine Liebsten auf dem Boden lagen und sich gegen HSV-'Fans' zur Wehr setzen mussten." Glücklicherweise habe sich eine fremde Person zu dem Zeitpunkt um den Jungen gekümmert und ihn vor Schlägen beschützt. Außerdem seien mit der Zeit einige Personen aus der Menschenmenge ihm und seiner Familie zur Hilfe geeilt.

Als sie sich schließlich aus der Situation befreien und in Richtung S-Bahn-Haltestelle fliehen konnten, sei einer der Angreifer ihnen noch hinterhergerannt und habe ihm in den Rücken getreten. Danach hätten sie ihren Heimweg fortsetzen können.

Polizei Hamburg hat Ermittlungen aufgenommen

Letztlich kam die Familie ohne schwere Verletzungen davon, litt aber an Schmerzen und Schwellungen. "Durch die Schläge habe ich Hämatome am Kopf und eine Gehirnerschütterung davongetragen, ebenso wie mein Vater und mein Opa", berichtet der Fan. In der S-Bahn habe sein Vater einen Kreislaufkollaps erlitten.

Was der HSV-Fan im Nachhinein kritisiert: Trotz des minutenlangen Angriffs sei "weit und breit" kein Polizist zu sehen gewesen. "Erst am S-Bahnsteig stand wieder die Bundespolizei, da war das ganze aber schon wieder 15 Minuten her", berichtet der Nutzer auf Reddit in den Kommentaren zu seinem Beitrag. Zu dem Zeitpunkt habe sich die Gruppe der Angreifer aber schon wieder aufgelöst.

Erst durch Ermutigungen seiner Arbeitskollegen sei er am nächsten Tag zur Polizei gegangen und habe Strafanzeige erstattet. Diese ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung, wie Sören Zimbal, Pressesprecher der Polizei Hamburg, t-online bestätigt.

Polizei rund um S-Bahnhof Stellingen im Einsatz

Zu dem Vorwurf von fehlenden Einsatzkräften sagt Zimbal: "Warum der Geschädigte nach subjektiver Wahrnehmung keine Polizei gesehen hat, ist unklar." Auch eine Stunde nach Abpfiff seien Beamte der Landes- und Bundespolizei rund um den S-Bahnhof Stellingen, sowohl in der Buskehre der Shuttlebusse als auch davor und dahinter, im Einsatz gewesen.

Es habe nach Angaben des Sprechers kurze Zeit später einen weiteren Vorfall gegeben, bei dem Polizisten unmittelbar vor Ort gewesen seien. Alternativ hätten die Geschädigten den Notruf wählen oder um Hilfe rufen können.

Nun bittet die Polizei Zeugen, die Beobachtungen in Stellingen gemacht haben, sich unter der Telefonnummer 040/4286-56789 oder bei jeder Polizeidienststelle zu melden. Die Angreifer seien schätzungsweise 20 bis 30 Jahre alt gewesen und machten nach Angaben des Geschädigten den Eindruck, dass es Hooligans waren.

"Sie haben szenetypische Kleidung getragen, hatten allesamt Kurzhaarschnitt, stämmiges Erscheinungsbild", berichtet "ManufacturerGlass306" auf Reddit.

HSV will bei Aufklärung helfen – Angebot an Familie

Auch beim Hamburger SV ist der Vorfall bekannt: "Der Fan hat uns angeschrieben", bestätigt Philipp Langer, Pressesprecher des Vereins, auf Anfrage von t-online. Man habe umgehend Kontakt mit der Familie aufgenommen und ihnen zugesichert, bei der Aufklärung zu helfen. Auch die Anlauf- und Schutzstelle "Ankerplatz" sei eingeschaltet worden, die nun versuche, soweit möglich, weitere Informationen einzuholen.

Außerdem habe der Verein die Familie zu einem Heimspiel ihrer Wahl eingeladen. "Da sind sie verständlicherweise aber noch etwas verhalten", sagt Langer. "Wir hoffen, dass sie es körperlich und seelisch verkraften und irgendwann wieder ein Spiel mit Freude besuchen können." Bis dahin werde man im Austausch mit ihnen bleiben.

Verwendete Quellen
  • reddit.com: "HSV-Fans haben meine Familie verprügelt"
  • Telefonat mit Sören Zimbal, Pressesprecher der Polizei Hamburg
  • Telefonat mit Philipp Langer, Pressesprecher des Hamburger SV
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