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29 vertrauliche Geburten seit 2014 in Brandenburg


Potsdam
29 vertrauliche Geburten seit 2014 in Brandenburg

Von dpa
19.02.2022Lesedauer: 3 Min.
NeugeborenesVergrößern des BildesDie Hand eines Neugeborenen liegt in der Hand seiner Mutter. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild/dpa-bilder)
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Immer wieder entscheiden sich Frauen in Brandenburg dazu, ihr Kind vertraulich zur Welt zu bringen. Seitdem 2014 diese Möglichkeit geschaffen wurde, kamen nach Angaben des Gesundheitsministeriums bis Ende 2020 genau 29 Kinder in Brandenburg so zur Welt.

"Einmal hat eine Mutter ihrem Kind einen Brief hinterlassen. Darin hatte sie festgehalten, warum sie das Kind weggeben musste und nicht selbst großziehen konnte", erinnert sich Susanne Westermann. Die Oberärztin und Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Josefs-Krankenhaus in Potsdam führt auch vertrauliche Geburten durch.

Bei einer vertraulichen Geburt gibt die Mutter - anders als bei einer anonymen Geburt - ihre Identität gegenüber einer Beraterin bekannt, diese legt sie dann hinter einem Pseudonym ab. Nach der Geburt nimmt das Jugendamt das Baby in Obhut, das Kind erhält einen Vormund. Sollte sich die Mutter nicht doch noch für ein Leben mit ihrem Kind entscheiden, wird ein Adoptionsverfahren eingeleitet.

Anhand des Pseudonyms kann die Mutter aber ermittelt werden, wenn das Kind 16 Jahre alt ist und erfahren möchte, wer seine leibliche Mutter ist. Die Mutter kann aber auch beantragen, geheim zu bleiben, wenn wichtige Gründe dafür sprechen.

"Häufig ist es den Müttern wichtig, dass ihre Kinder in gute Hände kommen", sagt Anke Dahle von der Adoptionsvermittlungsstelle beim Jugendamt Potsdam. Die Mütter können mit ihrem Pseudonym auch eine Mail-Adresse hinterlegen, so dass die neuen Eltern und das Kind eine Möglichkeit haben, mit der leiblichen Mutter in Kontakt zu bleiben. Manche Mütter schicken Kindern auch Geschenke zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Dahle weiß: "Es gibt genug Paare, die sich ein Kind auch über eine Adoption wünschen".

"Die vertrauliche Geburt ist im Vergleich zur anonymen Geburt der Bilderbuchfall", sagt Anja Lydia Bittcher von der Beratungsstelle Parduin in Brandenburg an der Havel, die auch Schwangerschaftskonfliktberatung macht. So hätten Adoptiv- oder Pflegeeltern und Jugendamt immerhin einige Hinweise über die Mutter wie beispielsweise, ob sie Vorerkrankungen habe oder ob das Kind eventuell wegen Alkoholmissbrauchs während der Schwangerschaft Schäden erlitten haben könne, sagt die Psychologin.

Grundsätzlich führen alle Geburtskliniken, Krankenhäuser und Hebammen in Brandenburg vertrauliche oder anonyme Geburten durch. Hat die Frau das Kind entbunden, benachrichtigt das Krankenhaus das Jugendamt und die Beratungsstelle. "Im besten Fall gibt es bereits Eltern, die das Kind adoptieren und die dann gleich nach der Geburt ins Krankenhaus kommen können", sagt Ärztin Westermann. "Je früher der Kontakt zwischen Kind und Adoptiveltern entsteht, desto besser."

"Als Ultima Ratio für Frauen in absoluter Notlage begrüße ich die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt", so Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). "Damit erhalten Frauen, die ihre Schwangerschaft geheim halten und ihr Kind nicht behalten möchten, ein legales Angebot, wie sie ihr Kind sicher in einer Klinik oder bei einer Hebamme bekommen können und die Geburt dennoch vertraulich bleibt."

Psychologin Bittcher weiß: "Manchmal sind die Probleme der werdenden Mutter so groß, dass sie es nicht mal für eine vertrauliche Geburt schafft." So wurde am St. Josefs-Krankenhaus nach einigen Jahren wieder eine Babyklappe installiert - wegen Bauarbeiten soll sie aber erst im Frühjahr wieder zugänglich sein.

2009 hatte das christliche Krankenhaus die Babyklappe eingerichtet. Etwa einmal jährlich wurde ein Kind dort abgelegt, sagt Sprecher Benjamin Stengl. Hinter der Klappe befindet sich eine Wärmematte, "ein Nestchen", wie Stengl es nennt. Wird ein Kind abgelegt, ertönt in der Rettungsstelle ein Alarm. Eine Schwester holt das Kind dann ab. Wegen Sanierungsarbeiten am Gebäude musste die Klappe vor einigen Jahren geschlossen werden. "Wir sind ein christliches Haus. Es war von vorneherein klar, das Angebot wieder zu schaffen", sagt Stengl. "Wir wollen Frauen in Notlagen helfen."

Deutschlandweit haben von Mai 2014 bis Januar 2022 nach Angaben des Bundesfamilienministeriums 928 Frauen vertraulich entbunden. In den ersten fünf Jahren seit der Einführung fanden mehr als 2200 Beratungen dazu statt. Etwa 20 Prozent der Frauen entschieden sich für eine vertrauliche Geburt; rund 40 Prozent dafür, ihr Kind selbst groß zu ziehen oder es zur Adoption frei zu geben.

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