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Sicherheit beim Kölner Karneval: "Dass es bisher keine Panik gab, ist ein Wunder"


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Sicherheit beim Kölner Karneval
"Dass es bisher keine Panik gab, ist ein Wunder"

Von Marius Fuhrmann

Aktualisiert am 29.10.2022Lesedauer: 4 Min.
Feiervolk auf der Zülpicher Straße: Die Stadt hat sich ein neues Konzept gegen das Feier-Chaos ausgedacht.Vergrößern des Bildes
Feiervolk auf der Zülpicher Straße: Die Stadt hat sich ein neues Konzept gegen das Feier-Chaos ausgedacht. (Quelle: Dominik Sommerfeld)

Seit Jahren kommt es im "Kwartier Latäng" zu Sessionsbeginn zu Alkoholexzessen und Schlägereien. Das Sicherheitskonzept kann Anwohner nicht beruhigen.

Gut zwei Wochen vor dem 11.11. stellte die Stadt ihr Sicherheitskonzept für das "Kwartier Latäng" vor. Weil es hier zu Sessionsbeginn immer wieder knallt, hat die Stadt ihre Pläne für Ordnung und Sicherheit angepasst. Doch sorgenfrei sind Vertreterinnen und Vertreter aus Gastronomie und Anwohnerschaft nicht.

Erstmals werden alle Feiernden durch einen einzigen Eingang an der Uni-Mensa geschleust. Zusätzlich gibt es Sperrzonen, die nur von Menschen betreten werden dürfen, die dort leben oder arbeiten.

Maureen Wolf, Mitinhaberin der Gaststätte "Bei Oma Kleinmann", begrüßt grundsätzlich, dass die Stadt etwas gegen die Auswüchse am 11.11. unternehmen wolle. "Aber nicht alle im Veedel sind glücklich. Ob das wirklich klappt, wenn die Leute drumherum geführt werden – wir werden uns das sehr kritisch ansehen", sagt sie.

Gastronomin: Fehlende Alternativangebote "Armutszeugnis für Köln"

"Dass die Stadt es nicht schafft, Alternativangebote zu schaffen, ist ein Armutszeugnis für Köln", sagt Wolf. "Es ist klar, dass es viele Menschen hierhin zieht: So eine volle Straße, auf der alle feiern, ist für junge Menschen natürlich total faszinierend. Aber es sollte so etwas wie ein Festival geben, weil man dann auch Alterskontrollen durchführen kann."

Viele Feiernde, glaubt sie, würden trotzdem die Sperrzonen für Anwohnerinnen und Anwohner ansteuern. "Ich frage mich, wie da die Kommunikation laufen wird." Gut finde Wolf, dass die Gäste ihrer Traditionsgaststätte alle eine Eintrittskarte besitzen, mit der sie die Sperrzonen passieren dürfen.

"Vorher waren die Gäste kaum reingekommen, weil die Leute sich vor dem Laden gesammelt haben. Andere Kollegen rekrutieren ihre Gäste aus dem Straßenmob und brauchen die volle Straße", beschreibt Wolf den Zwiespalt vieler Gastronominnen und Gastronomen.

Daniel Rabe ist Gründer und Vorstandsmitglied der IG Gastro, ein Zusammenschluss Kölner Kneipen und Restaurants. Er kritisiert, dass es nur noch einen einzigen Zugang zur Partymeile gibt. Er liegt am Zülpicher Wall, wo die Feiernden durch eine Bahnunterführung laufen müssen.

Panikgefahr: "Die Stadt nimmt das nicht ernst"

"Der Sicherheitsdienst hat schon in den vergangenen Jahren nicht richtig funktioniert. Da knubbeln sich nun Tausende Menschen auf einem Fleck. Mit so was kennen sich die Mitarbeiter des Ordnungsamts doch gar nicht aus. Und der private Sicherheitsdienst wird im Zweifel erst morgens eingewiesen", sagt er. "Dass es bisher keine Panik gab, ist ein Wunder. Aber die Stadt nimmt das nicht ernst."

Und noch ein Argument gegen den einzigen Zugang hat Rabe: "Wer einmal rausgeht, aus welchem Grund auch immer, muss sich hinten neu anstellen – das macht doch niemand. Die werden die Partymeile nicht verlassen und trinken, bis sie granatenvoll sind."

Mit einem professionellen Veranstalter gäbe es diese Probleme nicht, glaubt er. "Die wissen, was zu tun ist. Und die Stadt gibt so viel Geld aus für das Quartiersmanagement und die Sicherheitsmaßnahmen an sich, da kommt man mit Profis womöglich günstiger weg." Aktuell aber sei die Situation im "Kwartier Latäng" für alle Gastronominnen und Gastronomen schlecht und für die Feiernden sogar gefährlich.

Stadt Köln sieht kein Problem mit Einbahnkonzept

Katja Reuter, Sprecherin der Stadt Köln, weist Rabes Vorwürfe zurück: "Die Anzahl der Personen, die vor der Unterführung ankommen, wird durch ein mehrstufiges Kontroll- und Sperrsystem gesteuert", sagt sie. Davor bestünden genug Möglichkeiten, seitlich auszuweichen. Durch Barrieren und Personal werde ein Einbahnstraßensystem durch die Unterführung erzeugt. Erst abends, wenn der Andrang nachlasse, werde diese auch als Ausgang geöffnet.

Ohnehin gehe die Stadt nicht davon aus, dass es sich dort stauen werde. "Da es in diesem Bereich keine Musik oder Getränke geben wird, ist er für Feiernde nicht sonderlich interessant. Die Erfahrung zeigt, dass sie alle möglichst schnell zur Zülpicher Straße gelangen wollen."

Jedoch: Die Crowd-Managerin, die die Stadt beriet, sei in das Sicherheitskonzept nicht eingebunden gewesen. "Es wurde aber durch mehrere Ämter und Behörden geprüft, die ihr Einverständnis erklären müssen. Dazu zählen auch Polizei und Feuerwehr."

Als Ausgänge könnten alle Straßen genutzt werden, die nicht in eine Anwohner-Sperrzone führen. Sie fungierten allerdings auch als Notausgänge. "Wenn sich jemand nicht wohlfühlt, weil ihm oder ihr die Personenzahl zu groß ist, kann die Person selbstverständlich auch die Notausgänge benutzen", versichert Reuter.

"Fokus zu sehr auf den Feiernden als auf den Anwohnern"

"Wir glauben, dass die Stadt sich bemüht und bereit ist, aus ihren Fehlern zu lernen", sagt Hajra Spanke, Vorsitzende der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz, der nur einen Steinwurf von der Zülpicher Straße entfernt liegt. Sie berichtet von Personen, die sich in die Hauseingänge erleichterten, die Türen aufbrachen, um dort weiterzufeiern oder Geschlechtsverkehr zu haben. "Allerdings haben wir den Eindruck, dass der Fokus zu sehr auf den Feiernden als auf den Anwohnerinnen und Anwohnern liegt."

Schon seit Jahren werde der Rathenauplatz am 11.11. eingezäunt. "Wir werden dadurch sehr isoliert. Besuch kommt nicht zu uns durch, weil ja nur die Anwohnerinnen und Anwohner mit Ausweisdokument durchkommen. Und für ältere Menschen wird es noch schwieriger", sagt Spanke, die kein Problem mit den Feiernden hat – nur mit den negativen Begleiterscheinungen.

Die Bürgergemeinschaft Rathenauplatz setze sich für eine Verlagerung des Karnevals aus dem Zülpicher Viertel ein. "Wir können uns vorstellen, dass hier zum Beispiel nur noch alle drei Jahre gefeiert wird, aber davon will die Stadt nichts wissen", sagt Hajra Spanke. Sie wünsche sich auch von der Politik, dass Maßnahmen geschaffen würden, um das aktuelle Image des Kulturguts Karneval zu schützen.

Verwendete Quellen
  • Gespräche und Beobachtungen eines Reporters vor Ort
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