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Köln: Gerichtsprozess gegen Nahid Taghavi im Iran verschoben


Anklage immer noch unklar
Gerichtsprozess gegen Kölnerin im Iran verschoben

Von Florian Eßer

30.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Ein Foto aus der Zeit vor ihrer Festnahme: Die Kölner Architektin Nahid Taghavi.Vergrößern des Bildes
Ein Foto aus der Zeit vor ihrer Festnahme: Die Kölner Architektin Nahid Taghavi (l.) mit ihrer Tochter Mariam Claren. (Quelle: Archivbild/Privatbestand Mariam Claren)

Seit einem halben Jahr sitzt die Kölner Architektin Nahid Taghavi in iranischer Haft. Am Mittwoch sollte der Prozess gegen die 66-Jährige beginnen, ihr Anwalt bewirkte jedoch eine Verschiebung der Verhandlung. Vor Gericht hatte er seine Mandantin zum ersten Mal persönlich gesehen.

Seit Oktober des letzten Jahres ist die Kölner Architektin Nahid Taghavi im iranischen Evin-Gefängnis inhaftiert. Nun sollte ihr der Prozess gemacht werden – doch ihr Anwalt konnte eine Verschiebung durchsetzen, um sich mit den Akten des Falls vertraut zu machen, deren Einsicht ihm zuvor nicht gewährt worden war.

Die meiste Zeit im Gefängnis hat die 66-jährige Angeklagte in Isolationshaft verbracht, zwischenzeitlich wurde sie in den Frauentrakt der berüchtigten Strafanstalt verlegt. Seit 25 Tagen befindet sich Taghavi nun wieder in Isolationshaft, wo sie ihre Zeit unter menschenunwürdigen Bedingungen fristen muss: Pro Tag darf sie nur für 20 Minuten an die frische Luft, wobei sie stets dazu gezwungen wird, eine Augenbinde zu tragen. Schlafen muss sie ohne Kopfkissen auf dem Steinboden ihrer Einzelzelle. Die Umstände zehren an der Frau, wie ihre Tochter Mariam Claren erzählt: "Langsam gehen ihr die Kräfte aus."

Noch immer keine konkrete Anklage

Am Mittwoch sollte der Gerichtsprozess gegen Nahid Taghavi beginnen, für deren Inhaftierung bis heute keine konkrete Anklage vorliegt. Auch hatte sie im Vorfeld des Prozessauftaktes nicht mit ihrem Anwalt sprechen dürfen: Am Mittwoch sahen sich Taghavi und ihr Rechtsbeistand zum ersten Mal – vor Gericht.

Wie ihre Tochter weitererzählt, habe der Anwalt ihrer Mutter eine Beschwerde eingelegt und eine Verschiebung des Gerichtsprozesses erwirkt, um Akteneinsicht zu erlangen – die er bis dato nicht hatte. Von einer rechtsstaatlichen Gerichtsverhandlung könne hier also keine Rede sein.

"Meine Mutter soll in Würde durch den Prozess gehen"

Laut Mariam Claren befände sich ihre Familie in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite will ihre Mutter den Gerichtsprozess so schnell wie möglich hinter sich bringen, auf der anderen Seite sei eine gute Vorbereitung des Anwalts unverzichtbar: "Wir wollen, dass sie so gut wie möglich verteidigt wird und mit Würde durch diesen Prozess gehen kann", so Claren – auch wenn nicht mit einer fairen Verhandlung und einem wohlmeinenden Urteil zu rechnen sei.

Bis der Prozess gegen Nahid Taghavi zu einem Ende gekommen ist, wird die 66-jährige Diabetikerin weiterhin in Isolationshaft gehalten werden: "Die schlechten Bedingungen, unter denen meine Mutter leben muss, sind im Moment unser Hauptproblem", so Claren.

Ein halbes Jahr in Isolation

Nahid Taghavi wurde im Oktober des letzten Jahres von Mitgliedern der iranischen Revolutionsgarde verhaftet, als sie in ihrem Heimatland Verwandte besuchte. Von der Inhaftierung der Deutsch-Iranerin erfuhr ihre Familie nur über Dritte, als sich die Architektin nicht mehr bei ihrer in Köln lebenden Tochter meldete.

Die Wohnung von Taghavi wurde verwüstet, sie selbst in das berüchtigte Evin-Gefängnis gebracht. In der Haftanstalt am Rande der iranischen Hauptstadt Teheran sitzen so viele Intellektuelle, Journalisten und Akademiker ein, dass sie im Volksmund auch als "Evin-Universität" bekannt ist – jeder Häftling ist aus politischen Gründen hier.

Folter für politische Gefangene

Der Trakt, in dem Nahid Taghavi untergebracht ist, das Gefängnisabteil A2, wird von den Revolutionsgardisten selbst geleitet, die für ihre brutale Behandlung der Häftlinge bekannt ist: Die sogenannte Weiße Folter, psychische und körperliche Misshandlung ohne direkte Gewalteinwirkung, ist hier an der Tagesordnung. Warum Taghavi überhaupt verhaftet wurde, weiß ihre Tochter Mariam Claren bis heute nicht: Eine konkrete Anklage liegt nämlich noch immer nicht vor – nur ein vager Vorwurf.

Dieser Vorwurf lautet "Gefährdung der Sicherheit", was im Iran eine sehr dehnbare Anschuldigung darstellt. Sie lässt sich auf all jene anwenden, deren Ansichten nicht denen des totalitären iranischen Regimes entsprechen: "Das kann alles oder nichts sein", so Claren. "Für die Revolutionsgarden aber ist der Vorwurf eine Legitimation, keine Auskunft geben zu müssen."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Mariam Claren
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