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Köln: Vater über Ramadan – 3-jähriger Sohn versucht, uns mit Essen zu füttern


Wie erleben Muslime den Fastenmonat?
"Wir wechseln uns mit Gebet und Kinderbetreuung ab"


11.05.2021Lesedauer: 3 Min.
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Zeeshan Khan mit seiner Frau Madiha Nazish: Die beiden werden dieses Jahr den Ramadan im kleinen Kreis ausklingen lassen.Vergrößern des Bildes
Zeeshan Khan mit seiner Frau Madiha Nazish: Die beiden werden dieses Jahr den Ramadan im kleinen Kreis ausklingen lassen. (Quelle: Zeeshan Khan)

Während des muslimischen Fastenmonats Ramadan geben Kölner Musliminnen und Muslime Einblicke, wie sie diese Zeit erleben. Diesmal: Familienvater Zeeshan Khan, der seit mehr als 20 Jahren jedes Jahr fastet.

Zeeshan Khan, 36 Jahre alt, betreibt als Selbstständiger eine Druckerei. Wenn ihm sein dreijähriger Sohn während des Ramadan etwas zu essen in den Mund stecken will, tut er so, als äße er, um dem Kleinen den Spaß nicht zu verderben. Er selbst fastet, aber nicht alle seiner Freunde tun es auch:

"Ich kann mich noch an eine witzige Geschichte aus meiner Kindheit erinnern: Als ich in der zweiten Klasse war, hatte ich morgens ganz stolz zu meiner Mutter gesagt: 'Ich faste jetzt auch.' Unterwegs hat mir dann aber ein Schulfreund etwas von seinem Brot gegeben und ich habe das auch genommen. Zu Hause hatte ich das alles wieder vergessen. 'Wie war das Fasten?', fragte meine Mutter. 'Gut!', habe ich gesagt. Und sie hat gelacht: 'Aber du hast noch Marmelade neben dem Mund!'"

"Richtig angefangen habe ich dann in der achten oder neunten Klasse. Ich hatte ein paar muslimische Mitschüler, die auch fasteten. Wenn man in einem Umfeld ist, wo alle das tun, ist es natürlich leichter. Als Jugendliche haben wir uns dann gegenseitig Tipps gegeben: zum Beispiel, uns mit den Waschungen vor dem Gebet zu erfrischen und mit Wasser zu gurgeln. Das machte es für uns damals leichter."

Fastende Nicht-Muslime und nicht-fastende Muslime

"Einige meiner muslimischen Freunde fasten nicht. Das stört mich dann auch nicht. Manchmal versuche ich, sie zu motivieren und sage: 'Mach doch mal mit!' Aber es ist ja keine Sünde, es nicht zu tun. Es ist eine Pflicht, der man nicht nachkommt. Das ist jedermanns eigene Sache. Andererseits ist das Fasten ja jetzt sogar bei Nicht-Muslimen in Mode gekommen, als Heilfasten oder Intervallfasten. Damit habe ich mich bestätigt gefühlt. In meiner Schulzeit sagten unsere Lehrer uns nämlich noch, das Fasten sei nicht gesund. Dazu habe ich dann argumentiert: 'Bei uns ist noch keiner daran gestorben.'"

"Beim Fasten geht es aber auch um Nächstenliebe, Respekt und Geduld. Mitunter ist das die größere Herausforderung, denn wenn man hungrig ist, ist man auch reizbarer. Als ich noch jünger war, fühlte ich mich schnell in meinem Stolz verletzt und habe mich dann empört: 'Wie redest du mit mir?' Aber es heißt: 'Wenn jemand etwas Schlechtes zu dir sagt, dann antworte nicht – die Engel antworten für dich.' Heute ist es mir egal, wenn jemand mich unangenehm anspricht, ich gehe dann einfach weg. Man muss nicht auf alles eine Antwort geben. Das ist wie beim Sport: Je mehr man es übt, desto mehr verbessert man sich."

Abwechseln beim Beten und der Kinderbetreuung

"Ich habe mir vorgenommen, in diesem Ramadan den Koran einmal komplett zu lesen. Wenn man jeden Tag konzentriert eine Stunde liest, klappt das. In der Schulzeit habe ich es immer geschafft, aber in den letzten Jahren nicht mehr. Noch ist der Ramadan ja nicht ganz vorbei – aber es sieht so aus, als würde es mir dieses Jahr gelingen. Spannend finde ich, dass im Koran viele philosophische Weisheiten und Zusammenhänge erklärt sind."

"Mit dem Lesen oder Beten wechseln meine Frau und ich uns zu Hause ab, damit sich währenddessen der andere um unseren Sohn kümmern kann. Er ist jetzt drei Jahre alt und versucht immer, uns etwas zu essen in den Mund zu stecken. Dann tun wir so, als würden wir es essen!"

Eid al-Fitr beendet den Fastenmonat

"Den ersten Tag nach dem Ramadan nennen wir 'Eid al-Fitr'. In der Schule habe ich gehört, dass manche auch vom 'Zuckerfest' sprechen. Woher dieser Begriff stammt, weiß ich eigentlich gar nicht – wir nennen es nicht so. Das Eid-Fest wird normalerweise in der Großfamilie gefeiert. Alle ziehen sich dazu sehr festlich an. Um zehn Uhr beginnt man den Tag mit einem Gebet in der Moschee, danach geht es zu jemandem nach Hause – meist zu den Eltern. Manche machen sich auch Geschenke, aber ich habe meine Geschenke schon während des Ramadan verteilt."

"Ich habe sechs Geschwister, jeder von ihnen hat mehrere Kinder. Bislang sind wir alle zum Eid-Fest bei meiner Mutter zusammengekommen. Sie kocht dann ein riesiges Biryani, ein Fleischgericht, das in einem großen Topf zubereitet wird. Dazu gibt es Salat, Joghurt und andere Gerichte. Wenn das Fest in den Sommer fällt, grillen wir auch manchmal."

"Und immer geben wir den Nachbarn etwas ab. Dieses Jahr werden wir wegen Corona im kleinen Kreis bleiben. In der Moschee gelten die Hygieneregeln, und zu Hause werden meine Frau und ich mit unserem Sohn und meiner Mutter feiern, mit der wir zusammenleben."

Verwendete Quellen
  • Gesprächsprotokoll: Johanna Tüntsch
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