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Nach zwei Todesfällen in Kitas – "Auch zu Hause kann etwas passieren"


Nach Todesfällen in Kitas
Kölner Erzieherin: "Wie kann so etwas passieren?"

  • Lena Kappei
Von Florian Eßer, Lena Kappei

Aktualisiert am 04.09.2021Lesedauer: 3 Min.
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Ein Kind hält ein Spielzeug hoch (Symbolbild): Wie steht es um die Sicherheit in Kitas?Vergrößern des Bildes
Ein Kind hält ein Spielzeug hoch (Symbolbild): Wie steht es um die Sicherheit in Kitas? (Quelle: Unsplash/tanaphong toochi)

In Nordrhein-Westfalen sind innerhalb kurzer Zeit in Kitas zwei kleine Kinder ums Leben gekommen. Die tragischen Unfälle verunsichern viele Eltern: Wie sicher sind die Einrichtungen?

Nach dem Tod zweier Kleinkinder in nordrhein-westfälischen Kitas ist die Betroffenheit groß: Am Montag war ein Zweijähriger in einer Gelsenkirchener Kindertagesstätte gestorben, als er sich während des Mittagsschlafs den Kopf in einem Etagenbett einklemmte und erstickte.

Am Dienstag dann ereignete sich die nächste Tragödie, diesmal in der Stadt Lemgo im Kreis Lippe: Ein fünfjähriger Junge spielte in einem Fahrzeuganhänger, der auf dem Kita-Gelände stand, und verunglückte dabei tödlich. Er wurde zwischen der Kippvorrichtung des Anhängers und dem Fahrgestell eingeklemmt.

Kölner Erzieherin: "Ich bin total schockiert"

Die beiden Unfälle ereigneten sich innerhalb von 24 Stunden und lösten eine Welle der Bestürzung aus – nicht nur unter Eltern, sondern auch unter Erzieherinnen und Erziehern: "Als ich die Nachrichten las, war ich total schockiert", erzählt etwa Stefanie S. gegenüber t-online. "Ich habe mich direkt gefragt, wie so etwas passieren kann."

Die 30-jährige Kölnerin ist seit mehr als zehn Jahren als Erzieherin tätig und absolvierte eine spezielle Schulung zur Sicherheit in Kindertagesstätten. Im Rahmen der zwar angebotenen, aber nicht verpflichtenden Schulung lernen Erzieher, wie sie potenziellen Gefahren im Kita-Alltag vorbeugen können: "Wir Sicherheitsbeauftragte können dann auf Gefahrenquellen hinweisen, aber ob sie behoben werden, liegt leider nicht in unserer Hand."

Nach Todesfällen: Erzieherin erhebt schwere Vorwürfe

"Dass der Anhänger auf dem Gelände der Lemgoer Schule stand, um Sperrmüll zu entsorgen, ist ja in Ordnung – aber dann hätte man ein Auge auf das Kind haben müssen", sagt die Erzieherin. Manchmal blieben Gefahrenquellen aber auch unbehoben, weil es an den nötigen Finanzmitteln fehle oder die Aufgaben an Dritte delegiert würden.

Das Unglück in Gelsenkirchen ereignete sich hingegen während der Schlafenszeit der Kinder, als die Erzieherinnen und Erzieher direkt vor dem Schlafraum gesessen haben sollen. "Es ist schwierig, alle Kinder zu überwachen", erklärt Stefanie S. Gerade während der Schlafenszeiten falle die Beobachtung oftmals schwer: "In den Kitas, in denen ich gearbeitet habe, war in der Regel ein Erzieher mit im Raum, um ein Auge auf die Kinder zu haben", erzählt sie. "Aber das wird nicht in allen Einrichtungen gerne gesehen."

Schließlich gäbe es in einer Kita viele Aufgaben, die gut erledigt werden können, während die Kinder schlafen: "Manchmal wird es so angesehen, als würde man eine Pause machen, wenn man neben den Betten der Kinder sitzt."

Babyphones wären eine Möglichkeit, die Kinder zu beaufsichtigen, sagt Stefanie. Doch nicht alle Tagesstätten nutzen jene auch. Ob in der Einrichtung in Gelsenkirchen Babyphones genutzt wurden, ist nicht bekannt.

Personalmangel und hoher Stress

"Auch in den Kindertagesstätten gibt es Personalmangel, oft sind nur zwei oder drei Erzieher im Einsatz, was je nach Gruppengröße und Kita-System die Arbeit erschweren kann", sagt die Erzieherin.

Eigentlich, so sagt sie, sei es nötig, die Kinder pausenlos zu beobachten – das sei aber nicht immer möglich. Tut sich ein Kind weh, muss es versorgt werden, wodurch ein anderes Kind womöglich unbeaufsichtigt bleibt. "In diesen kurzen Zeitspannen kann dann natürlich etwas passieren", sagt Stefanie. "Es ist schwer, die Sicherheit aller Kinder zu gewährleisten, aber das ist bei der Kinderbetreuung zuhause auch nicht anders. Auch dort kann etwas passieren, wenn man kurz nicht im Raum ist."

Land NRW: "Kitas sind generell sicher"

Das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW zeigte sich bestürzt angesichts der Vorfälle. "Jetzt gilt es, diese tragischen Ereignisse sorgfältig zu untersuchen und aufzuklären, wie es dazu kommen konnte", teilte eine Sprecherin auf Anfrage von t-online mit.

"Dies hat das zuständige Landesjugendamt Westfalen und auch die Stadt Gelsenkirchen für die Großtagespflege bereits eingeleitet. Sollte sich durch die Untersuchungen ergeben, dass Maßnahmen zu treffen oder Schritte einzuleiten sind, dann wird das in diesen beiden Fällen und wenn erforderlich, auch darüber hinaus erfolgen."

Es dürfe aber vorbehaltlich der Untersuchungsergebnisse nicht die Sicherheit der Kindertagesbetreuung generell in Frage gestellt werden, so die Sprecherin. "Kindertageseinrichtungen bedürfen einer Betriebserlaubnis. Hierfür sind umfangreiche Voraussetzungen zu erfüllen. Auch die Kindertagespflege bedarf einer entsprechenden Erlaubnis." Jeden Tag werden in der Kindertagesbetreuung allein in Nordrhein-Westfalen über 700.000 Kinder liebevoll und gut betreut, so die Sprecherin.

"Die Erzieher werden ihres Lebens nicht mehr froh"

Die Ermittlungen in beiden Fällen dauern noch an. "Es wird sich hoffentlich schnell klären, was genau geschehen ist", sagt Stefanie. "Und ob die verantwortlichen Kollegen wirklich fahrlässig gehandelt haben." Gestraft, so meint die Kölner Erzieherin, seien die betreffenden Kollegen schon jetzt: "Die verantwortlichen Erzieherinnen und Erzieher in den betreffenden Kitas werden ihres Lebens nicht mehr froh."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Erzieherin Stefanie S.
  • Anfrage an das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen
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