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Köln/Bergheim: Frauen mit Kopftuch von Wahlhelfern vor Wahllokal abgewiesen


Zwischenfall in NRW
Wahlhelfer schickten Frauen mit Kopftuch weg

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand, Fabian Schmidt

Aktualisiert am 28.09.2021Lesedauer: 3 Min.
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Wählen mit Kopftuch: In Bergheim schickten Wahlhelfer offenbar Frauen weg, die ihr Kopftuch nicht abnehmen wollten.Vergrößern des Bildes
Wählen mit Kopftuch: In Bergheim schickten Wahlhelfer offenbar Frauen weg, die ihr Kopftuch nicht abnehmen wollten. (Quelle: imago-images-bilder)

Mit Maske natürlich, aber nicht mit Kopftuch? Wegen "Verhüllung" sollten in Bergheim Frauen mit Kopftuch nicht an der Bundestagswahl teilnehmen. Der Bürgermeister spricht von einem "peinlichen Vorfall".

Wahlhelfer haben im nordrhein-westfälischen Rhein-Erft-Kreis Frauen weggeschickt, weil sie Kopftuch trugen. Eine junge Frau hat die anschließende Diskussion in dem Wahllokal in Bergheim aufgezeichnet und die Szene auf Instagram veröffentlicht. Der Vorfall verbreitet sich jetzt viral.

Getroffen hatte es eine junge Frau, die sich zumindest auf Instagram Nahari nennt. Sie wollte das Kopftuch nicht ausziehen und offenbar schon heimgehen, ohne zu wählen. Auch eine Diskussion mit den Wahlhelfern hatte zunächst nichts gebracht, berichtet sie auf Instagram. Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" sagte sie, ihr sei es als Erstwählerin besonders wichtig, wählen zu gehen.

Deshalb hatte eine anwesende Freundin die Stadtverwaltung kontaktiert. Von dort ging schließlich die Information an die Wahlhelfer, dass Frauen mit Kopftuch natürlich zur Wahl zuzulassen sind. Auch eine weitere Frau, die zuvor aufgrund ihres Kopftuchs abgewiesen worden war, habe so schließlich wählen können.

Bürgermeister: "Peinlicher Vorfall"

Naharis Freundin konfrontierte dann noch einmal die Wahlhelfer und ließ dabei die Kamera heimlich mitlaufen, um das Gespräch aufzuzeichnen. Darin spricht ein Wahlhelfer davon, dass sie falsch informiert worden seien: Sie seien davon ausgegangen, dass es eine gesetzliche Pflicht zum Abnehmen des Kopftuchs gebe, doch diese sei aufgehoben worden.

Die Stadt Bergheim bestätigte nach einer t-online-Anfrage den Hergang im Groben: Eine Wahlhelferin sei von einer unzulässigen Verhüllung ausgegangen. Allerdings sei bei den Wahlhelferschulungen der Umgang mit einer etwaigen Verhüllung ausdrücklich erörtert worden. Einen vergleichbaren Vorfall habe es auch bei früheren Wahlen und in anderen Wahllokalen in Bergheim nicht gegeben.

Bürgermeister Volker Mießeler (CDU) spricht von einem "peinlichen Vorfall" und hat nach Angaben der Stadt ein persönliches Treffen mit der Frau im Rathaus verabredet. "An dieser außerordentlichen Fehleinschätzung gibt es nichts schön zu reden, so etwas darf einfach nicht passieren. " Für einen islamophoben, rassistischen oder diskriminierenden Hintergrund gebe es aber keinerlei Bestätigung.

Identitätsfeststellung muss möglich sein

Die Bundeswahlordnung sieht vor, dass eine Person weggeschickt werden kann, wenn sie sich "auf Verlangen des Wahlvorstandes nicht ausweisen kann oder die zur Feststellung der Identität erforderlichen Mitwirkungshandlungen verweigert".

Das kann bei Niqab und Burka zutreffen. Doch die Identifizierung einer Frau, die lediglich Kopftuch trägt, dürfte kaum davon abhängen, ob sie den Stoff abnimmt. Beide Wählerinnen hatten offenbar auch die Wahlhelfer mehrfach nach der gesetzlichen Grundlage gefragt, selbst im Internet gesucht und dann die Stadt eingeschaltet.

Die Filmerin fragte bei dem Wahlhelfer nach, wie viele Frauen bereits bis zu diesem Zeitpunkt um 13 Uhr weggeschickt worden seien. Dessen Erwiderung war: "Das darf Sie nicht interessieren." Es seien aber nicht viele. Eine Entschuldigung kommt ihm nicht über die Lippen. Eventuell weggeschickte Wählerinnen dürften zumindest für den Ausgang der Wahl keine Rolle spielen: Gewonnen hat den Wahlkreis der CDU-Kandidat Georg Kippels mit deutlichem Vorsprung vor dem SPD-Bewerber.

Mit der Aufnahme könnte die Frau aber noch Probleme bekommen. Gefilmt hat sie den Boden, Gesichter sind nicht zu sehen. Die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes durch heimlich gemachte Tonaufzeichnungen und deren Veröffentlichung stellt aber potenziell eine Straftat dar. Ausnahmen gelten, "wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird".

*Der Text wurde mit einer Stellungnahme der Stadt Bergheim aktualisiert.

Verwendete Quellen
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