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"Mutiger Schritt": Stadtrat Leipzig will Cannabis legalisieren


"Mutiger Schritt"
Leipziger Stadtrat will Cannabis legalisieren

Von Andreas Raabe

16.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Demonstranten tanzen in Berlin auf einer Pro-Cannabis-Demo (Archiv): "Warum ist ausgerechnet Alkohol legal und Cannabis nicht?", fragte man sich im Leipziger Stadtrat.Vergrößern des Bildes
Demonstranten tanzen auf einer Pro-Cannabis-Demo (Archiv): "Warum ist ausgerechnet Alkohol legal und Cannabis nicht?", fragte man sich im Leipziger Stadtrat. (Quelle: IMAGO/Jochen Eckel)

Die Debatte zur Legalisierung von Cannabis im Stadtrat Leipzig lief fröhlich und entspannt. Sie endete mit dem Beschluss, dass Stadt und Oberbürgermeister sich fortan für die Freigabe von Marihuana und Haschisch einsetzen werden. Doch es gab auch Widerworte.

In seiner Sitzung am Mittwochabend beschloss der Stadtrat Leipzig, dass sich die Stadt in Zukunft für die Legalisierung von Cannabis einsetzen wird. Zudem beauftragten die Stadträte den Oberbürgermeister Burkhard Jung damit, ein Modellprojekt zur verantwortungsvollen Abgabe von Cannabis an Bürgerinnen und Bürger zu erstellen.

Der entsprechende Antrag, eingebracht von Ratsmitglied Jürgen Kasek (Grüne) , wurde am Abend mit einer deutlichen Mehrheit von 37 Ja-Stimmen zu 17 Nein-Stimmen angenommen.

Mit der Feststellung, dass Rauschmittel die Menschen seit tausenden Jahren begleiten, leitete Kasek die Debatte ein. Für die einen seien es Zigaretten oder Alkohol, für andere Schokolade oder Kaffee – und für einige eben "Gras". Das Problem: Letzteres sei immer noch verboten.

Kasek (Grüne): "750 Euro Strafe für einen halb heruntergebrannten Joint. Das ist ganz schön teuer!"

Kasek, der im Hauptberuf Anwalt ist, erzählte die Geschichte eines jungen Mannes, der zu Corona-Zeiten in Leipzig auf der Straße kontrolliert worden sei. Polizisten hätten bei ihm einen halb heruntergebrannten Joint gefunden, der laut Kasek, noch 0,01 Gramm Gras enthalten hätte.

Obwohl ein Verfahren bei geringen Mengen zum Eigenbedarf eingestellt werden kann, hätte der junge Mann einen Strafbefehl mit "einer Strafzahlung: unverbindliche Preisempfehlung von 750 Euro für einen heruntergebrannten Joint" erhalten. Es würde eine Vielzahl solcher Bagatellverfahren geben, sagte der Politiker, der "Krieg gegen die Drogen" sei an dieser Stelle gescheitert.

Die Ampelkoalition aus SPD, Grüne und FDP hätten sich darum "logischerweise" auf Bundesebene dafür ausgesprochen, Cannabis zu legalisieren, argumentierte Kasek weiter. Dadurch würde ein "verantwortungsbewusster Umgang" mit Drogen gefördert.

Nagel (Linke): "Der große Wurf wäre es, jeden Substanzkonsum zu legalisieren"

Der Antrag soll ein Zeichen setzen, forderte Kasek. Die Stadt Leipzig solle den mutigen Schritt gehen und sich in Gremien wie dem Städtetag dafür einzusetzen, dass diese Legalisierung von der Bundesregierung auch umgesetzt wird.

Karsten Albrecht (CDU) lehnte den Antrag in einem kurzen Vortrag ab. Es würde für seine Fraktion keinen Sinn ergeben, für solch ein Vorhaben Ressourcen der Stadt aufzubringen.

Stadträtin Juliane Nagel (Linke) meinte, Cannabiskonsum sei "sehr verbreitet". Es sei zudem kein Jugendthema, die Verfolgung würde auch Menschen höheren Alters betreffen. Sie stellte die rhetorische Frage ins Stadtparlament, wer der Anwesenden denn schon Cannabis konsumiert hätte.

Nagel fragte sich auch, warum man bei der Legalisierung von Cannabis stehen bleiben solle. Es sei willkürlich, eine Unterscheidung der Rauschmittel vorzunehmen in verbotene und nicht verbotene. Zumal ausgerechnet mit Alkohol eine Droge legal sei, die jährlich 74.000 Tote fordere. "Der große Wurf", sagte Nagel "wäre gewesen, Substanzkonsum an sich zu legalisieren". Zu solch einer Legalisierung müsse aber auch eine gute Präventionsarbeit gehören.

Weickert (CDU): "Eigenverantwortung auch beim Gendern"

Albrechts Kollege Michael Weickert (CDU) fand, es gäbe einen Widerspruch in der Argumentation für mehr Eigenverantwortung beim Cannabiskonsum. Denn wenn die Stadträte Nagel und Kasek beim Thema Rauschmittel für mehr Eigenverantwortung der Bürger plädierten, dann sollten sie dies doch auch bei den Themen "Mobilität, Gendern und Erinnerungskultur" tun.

Drogen würden legalisiert, weil man "sonst die Zustände in diesem Land nicht ertragen" könne, meinte AfD-Stadtrat Roland Ulbrich. Doch man solle lieber die Zustände ändern, statt den Kopf in den "Sand der Betäubung zu stecken". Er bezweifelte zudem, dass "die Drogenmafia" sich durch eine Legalisierung ihr Geschäftsmodell kaputt machen lassen würde. Allerdings seien Cannabis-Therapien auf Rezept eine gute Sache für die AfD und würden von der Partei befürwortet.

Die Fraktionen von CDU und AfD lehnten den Antrag nahezu geschlossen ab, alle anderen stimmten dafür, auch Oberbürgermeister Burkhard Jung selbst. Die Stadt Leipzig wird sich also fortan ganz offiziell für eine Legalisierung des Cannabiskonsums in Deutschland einsetzen.

Verwendete Quellen
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