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Nürnberg | von Praunheim-Ausstellung: Keine Spur von Skandal


Homoerotische von Praunheim-Ausstellung
"Es wäre meine Kirche, wenn dort die Ausstellung weiter gezeigt werden würde"

Von Daniel Salg

07.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Pfarrer Thomas Zeitler in der Kreisgalerie: Er hatte die Ausstellung des schwulen Künstlers von Praunheim in die Kirche geholt.Vergrößern des Bildes
Pfarrer Thomas Zeitler in der Kreisgalerie: Er hatte die Ausstellung des schwulen Künstlers von Praunheim in die Kirche geholt. (Quelle: Daniel Salg)

Die homoerotische Ausstellung von Praunheims flog nach einem Shitstorm aus der Kirche. Nun ist sie in eine Galerie umgezogen. Droht die nächste Empörungswelle?

Hasskommentare im Netz und Menschen, die das Pfarramt am Telefon terrorisieren wollen. Die Aufregung um die Ausstellung zu Liebe, Sex und Homosexualität im Christentum in der Nürnberger Egidienkirche ist groß. Nach gerade einmal drei Ausstellungstagen schmiss die Kirche die Bilder des schwulen Künstlers von Praunheim wieder raus. Nun ist die Ausstellung wieder offen. Allerdings nicht mehr in der Kirche, sondern in der Kreisgalerie am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.

Am Freitagabend – kurz vor Schließung – herrschte reges Treiben in der Galerie. Von Empörung über die Bilder gibt es hier allerdings keine Spur. Klaus Roese vom Förderverein Nürnberger Christopher Street Day (CSD) steht am Eingang der Ausstellung und begrüßt die Gäste. Er schätzt, dass bislang pro Tag rund 300 Menschen die Ausstellung besucht haben. Der CSD hatte die Ausstellung zuvor zusammen mit Pfarrer Thomas Zeitler von der Egidienkirche nach Nürnberg geholt.

Anstößige Bilder befinden sich im Obergeschoss

Die Bilder von Praunheims verteilen sich in der Kreisgalerie auf zwei Stockwerken. Unten die weniger anstößigen und oben – mit Zutritt ab 18 Jahren – die Bilder, die zuvor für Aufregung sorgten. Hinter einem Trennvorhang versteckt waren die anstößigen Bilder übrigens auch schon in der Egidienkirche.

Schockiert ist hier – anders als im Netz – niemand. Michael Hahn, einer der Besucher, erklärt sich das etwa so: "Die Meinung über die Ausstellung haben sich Leute gebildet, die die Bilder nie gesehen haben." Regina Pfennig (71) betrachtet am Freitagabend von Praunheims Bilder und erzählt, dass sie vor vielen Jahren in der Aidshilfe gearbeitet habe. Damals habe sie gelernt, dass Liebe eine Sache des Herzens und nicht des Geschlechts sei. "Die Ausstellung ist mit Liebe verbunden. Wo ist der Unterschied zu heterosexuellen Bildern? Die sind doch nicht weniger skandalös, da würde sich aber niemand aufregen", meint die Seniorin.

Pfarrer Zeitler führt Besucher durch die Ausstellung

Pfarrer Zeitler von der Egidienkirche ist am Freitagabend auch vor Ort. Er führt Besucher durch die Ausstellung. Da er die Bilder zuvor in die Kirche geholt und dort auch betreut hatte, wurde er zur Zielscheibe der Kritik. Dennoch ist er nun wieder da und wirkt auch beim zweiten Anlauf, die Bilder in Nürnberg zu zeigen, mit. Es sei für ihn klar gewesen, dass er wieder hier stehe, sagt er t-online. Kritik von den Besuchern hört Zeitler in der Kreisgalerie nicht. "Die sind eher enttäuscht, dass es gar nicht so skandalös ist", sagt er.

Auch von den Besuchern in der Egidienkirche habe er nur einzelne kritische Stimmen vernommen. Der eigentliche Shitstorm ist also im Internet entstanden und nicht in der Kirche. Neben sachlicher Kritik an der Ausstellung mischten sich im Netz vor allem Hass und Hetze gegen queere Menschen in die Kommentarspalten.

Davon will sich der Pfarrer, der sich selbst als schwul geoutet hat, nicht beirren lassen: "Ich habe nur die ersten zehn Kommentare und Nachrichten gelesen. Danach habe ich gefiltert und geschaut, welche Kritik kommt tatsächlich aus dem kirchlichen Kontext. Den Rest ignoriere ich."

Kirche will gegen Hasskommentare vorgehen

Aus welcher Ecke der Shitstorm kam, ist mittlerweile auch schon bekannt. So bat beispielsweise ein bekannter Verschwörungstheoretiker aus der Schweiz seine Follower, im Pfarramt einmal anzurufen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Für die Egidienkirche und Kulturpfarrer Zeitler war es der bislang erste Shitstorm. Zeitler kündigte an, dass die Kirche gegen strafrechtlich relevante Kommentare im Netz vorgehen werde. Dazu lasse sie sich auch von einer Expertin beraten. "Für den Moment haben wir verloren. Die werden im Internet nicht aufhören. Wir müssen für die Zukunft geschlossene Strategien gegen Hass und Hetze im Netz entwickeln."

Unverständnis über Rauswurf aus der Kirche

In die Kirche wird die Ausstellung gewiss nicht mehr zurückkehren, so hatte es zuvor der Kirchenvorstand beschlossen. Darüber herrscht bei manchen Besuchern in der Kreisgalerie Unverständnis.

Klaus Roese vom CSD erzählt davon, dass beispielsweise ein Pfarrer eigens aus Niederösterreich angereist sei, um sich von den "Skandalbildern" einen Eindruck zu verschaffen. Für diesen sei unergründlich gewesen, warum die Ausstellung aus der Kirche geflogen sei. Leona Szemeredy, eine andere Besucherin der Ausstellung, sagt t-online: "Es wäre meine Kirche, wenn dort die Ausstellung weiter gezeigt werden würde."

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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