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Automobilindustrie | Zoff ums "Verbrenner-Verbot" immer noch nicht ganz vom Tisch


Zoff ums "Verbrenner-Verbot" immer noch nicht ganz vom Tisch

Von dpa
Aktualisiert am 30.06.2022Lesedauer: 4 Min.
VerbrennerVergrâßern des BildesRauchwolken stâßt der Dieselmotor eines Kleinlasters aus, der auf einem Parkplatz gestartet wird. (Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa/Symbolbild/dpa-bilder)
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Ist das jetzt das "faktische Ende" des Verbrenner-Autos oder nicht? Es wurde mal wieder sehr spΓ€t, bis die Umweltminister der EU ihren Kompromiss fΓΌr einen klimaneutralen Autoverkehr ab 2035 vorlegten. Doch ein zentraler Punkt war auch in der Nacht zum Mittwoch offen. Die Minister stimmten zwar dem Auslauf von Neuzulassungen herkΓΆmmlich betriebener Benzin-, Diesel- und Gasautos ab Mitte des nΓ€chsten Jahrzehnts zu. Die BrΓΌsseler EU-Kommission soll aber nun die Frage analysieren, ob mit kΓΌnstlichem Γ–kosprit betriebene Motoren trotzdem auf der Straße bleiben dΓΌrfen.

Damit kΓΆnnte eine HintertΓΌr fΓΌr die Verbrenner offen bleiben. Der Position der Mitgliedstaaten muss noch das EU-Parlament zustimmen.

Wie so oft sehen die Politiker bereits einen Erfolg ihrer jeweiligen Position, wΓ€hrend Wirtschafts- und UmweltverbΓ€nde deftige Kritik Γ€ußern oder weitere Γ„nderungen einfordern. FΓΌr Verbraucher und Unternehmen indes bringt der ungeklΓ€rte Umgang mit den sogenannten E-Fuels anhaltende Unsicherheit. Und die Meinungen darΓΌber, was mit erneuerbaren Energien hergestellte Synthetik-Kraftstoffe in Sachen CO2-Nettoreduktion brΓ€chten, gehen immer noch auseinander.

Bundeswirtschafts- und -klimaschutzminister Robert Habeck gab sich zufrieden. Zusammen mit den ebenfalls beratenen VorschlÀgen für eine Reform des Emissionshandels und Milliardenentlastungen in der Energiewende stehe "das grâßte Klimaschutzpaket, das seit 15 Jahren in Europa geschmiedet wurde". Seine Grünen-Kollegin Steffi Lemke aus dem Umweltressort verteidigte den bisherigen Fahrplan. "Wir kânnen diese Diskussion, ist das ein Verbrenner-Aus oder ist das ein Verbrenner-Aus-Aus, noch eine Weile führen. Aber für mich ist entscheidend, was beschlossen wurde", sagte sie in Hannover.

Kritiker halten einen Einschluss von E-Fuels in die Klimaschutzregeln fΓΌr eine VerwΓ€sserung und einen nur halbherzigen Abschied von der Verbrenner-Γ„ra. Das Verwirrende: Zwar stΓΌtzte die Ministerrunde das Ziel, von 2035 an nur noch Null-Emissions-Fahrzeuge neu verkaufen zu lassen. Im geltenden System der EU-Flottengrenzwerte mΓΌssen Autobauer bestimmte HΓΆchstschwellen fΓΌr den CO2-Ausstoß ihrer Modellfamilien je gefahrenen Kilometer einhalten. Auch Lemke bekrΓ€ftigte die Position, "dass Pkw-Neuwagen ab 2035 vollstΓ€ndig CO2-frei fahren sollen".

Allerdings geht es in der Debatte um E-Fuels nicht nur um zulΓ€ssige Emissionen am Auspuff, sondern um eine bilanzielle Gesamtsicht. Obwohl moderne Motoren sauberer sind, ist eine isoliert betrachtete "Nullemission" mit Γ–kosprit im Tank unmΓΆglich. Auch da wird CO2 frei. Aber es soll ΓΌber den ganzen Nutzungszyklus nicht mehr sein, als vorher aus Bio- und AtmosphΓ€re gebunden wurde. Der Nettoeffekt zΓ€hlt.

Lemke betonte denn auch, die EU-Kommission sei gebeten worden zu prüfen, "ob es Mittel und Wege gibt, für diese Randbereiche noch andere Mâglichkeiten" zu schaffen. Also hâchstens außerhalb des aktuellen Grenzwertsystems oder durch dessen Reform?

Bis 2026 hat die Kommission Zeit. Offen ist aber, was sie vorschlΓ€gt - und ob das fΓΌr Wagen fΓΌr den Individualverkehr gelten wΓΌrde. Ihr Vizechef Frans Timmermans zeigte sich skeptisch: "Bisher scheinen E-Fuels keine realistische LΓΆsung, da sie viel zu teuer sind." Die Hersteller hΓ€tten nun eine Chance, vom Gegenteil zu ΓΌberzeugen. "Die Kommission wird das dann bewerten und eine Schlussfolgerung ziehen."

Befürworter argumentieren, der Synthetiksprit biete die Chance, schon parallel zum Hochlauf von Batterieautos klassische Verbrenner weniger klimaschÀdlich zu machen. "Würde man fossilen Kraftstoffen dauerhaft fünf Prozent beimischen, hÀtte dies den gleichen Klimaeffekt, als wÀren alle Neuwagen in einem Zulassungsjahrgang emissionsfrei", so das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Kâln. Die Chefin des Autoverbands VDA, Hildegard Müller, bemÀngelt "eine Entscheidung gegen technologieoffene Industriepolitik". ADAC, der Industrieverband BDI, das Kfz-Gewerbe und die Importeure Àußerten sich teils Àhnlich.

"Power to Fuel"-Verfahren gewinnen den Γ–kosprit nicht aus chemischer Veredelung von RohΓΆl, das Jahrmillionen im Boden lagerte und bei der Verbrennung den Kohlenstoffgehalt der AtmosphΓ€re dann kurzfristig erhΓΆht. Quasi umgekehrt bauen sie Kohlenwasserstoff-Ketten etwa aus Wasserstoff (H2) und CO2 zusammen. DafΓΌr braucht man jedoch H2 in Reinform, wozu Wasser energieintensiv gespalten werden muss. Wenn - und nur wenn - dabei Γ–kostrom ohne ergΓ€nzende CO2-Last zum Einsatz kommt, kann der Kunstsprit geeignete Motoren klimaneutral antreiben.

Jedoch, so führen Skeptiker an, komme die Effizienz der E-Fuels nicht an Pkw-Batterieantriebe heran. Über alle Energieumwandlungsstufen sei ihr Wirkungsgrad nicht mit dem der Akkus vergleichbar. Aus Àhnlichen sowie aus Kostengründen sollten auch Brennstoffzellen nach Ansicht vieler Ingenieure eher in Lkw, Bussen und Schiffen eingesetzt werden.

Γ–konomen verweisen zudem auf Jobeffekte, wenn optimierte Motortechnik eine Weile weiterleben kΓΆnnte. "In den ΓΆstlichen EU-Staaten mit ihren Γ€lteren Flotten wird der Verbrenner lΓ€nger Standard bleiben", glaubt das IW. Unionsweit kommt ein FΓΌnftel des CO2 aus dem Straßenverkehr.

Die finale Einigung muss mit dem EU-Parlament ausgehandelt werden, es ist mehrheitlich fΓΌr ein Komplett-Aus der Verbrenner. Die FDP mit Finanzminister Christian Lindner und Verkehrsminister Volker Wissing pochte darauf, dass mit E-Fuels betankte Neuwagen im Nachhinein doch nicht auf die Verbotsliste kommen - zum Γ„rger der Umwelt-Community.

BUND-GeschΓ€ftsfΓΌhrerin Antje von Broock bezeichnete Γ–kosprit-Sorten als "ScheinlΓΆsung": "Sie sind ineffizient, nicht automatisch klimaneutral und werden auf absehbare Zeit teuer sowie begrenzt verfΓΌgbar bleiben." Martin Kaiser von Greenpeace sprach von einem "Luftschloss", das Verbraucher irreleite und den Klimaschutz zurΓΌckwerfe. Beim ΓΆkologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) schimpfte Bundeschefin Kerstin Haarmann gar: "Deutschland hat seine GlaubwΓΌrdigkeit als Klimaschutzvorreiter in Europa verloren."

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