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Wuppertal-Kolumne "Scheuges Talfahrt": "Könige" und ihre unweisen Ideen


Kolumne "Scheuges Talfahrt"
Wuppertaler "Könige" und ihre unweisen Ideen


08.01.2021Lesedauer: 3 Min.
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Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig.Vergrößern des Bildes
Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig. (Quelle: Uli Kopka)

Für t-online schreibt der Wuppertaler Kabarettist Jürgen Scheugenpflug exklusiv die Kolumne "Scheuges Talfahrt". Diesmalige Themen: Die sonderbaren Ideen mancher Lokalpolitiker und der Dreikönigstag.

Gerade war noch Dreikönigstag. Da erinnert man sich an die drei heiligen Blaublütigen, die seinerzeit dem Jesuskind schöne Geschenke brachten. Das ist erst einmal eine hübsche Geste, wirft aber auch Fragen auf. Waren die Könige überhaupt Könige, oder wie Luther es übersetzte, Weise aus dem Morgenland? Und wenn das so ist, wie weise waren die denn? Sicher ist nur: Weihnachten 2020 ist Geschichte, wenn auch in Zeiten von Corona keine besonders beschauliche. Klar ist auch, dass mit dem diesem Tag die Schonfrist für Weihnachtsbäume abläuft. Noch kürzlich, im Glanz von Weihnachten festlich behängt, war er der unumstrittene Star der Festtage. Jetzt nadelt er bedenklich und muss entfernt werden. So läuft das halt manchmal mit Stars. Wenn sie beginnen zu nadeln.

Vielleicht deshalb erhebt gleich zu Beginn des Jahres die fast in Vergessenheit geratene Wuppertaler CDU-Nordmanntanne Jürgen Hardt ihre Stimme. Nein, nicht zum desolaten Zustand seiner maroden Heimatpartei, sondern als Hellseher: "Schulen sind 'Infektionsbrücken'", lautet sein flauschiger Befund. So wird er zum Haupt-Darsteller im Thriller: König Jürgen Hardt, die zitternde Kompassnadel in der Pandemie. Und gleich fabuliert er weiter munter drauf los: "Kinder zeigen vielleicht keine Symptome, können jedoch dennoch das Virus übertragen." Auch das hat man schon das eine oder andere Mal von Personen gehört, die sich tatsächlich damit auskennen.

Aber im Wahljahr geht noch was, und so quetscht er sich noch eine finale Weisheit aus der Achselhöhle. Er drückt nämlich seine große Überzeugung aus, dass schon bald alle, die geimpft werden wollen, auch geimpft werden. Ich weiß nicht wie es Ihnen dabei geht, ich jedenfalls hab Angst. Und spüre förmlich, wie Jürgen Hardt mir persönlich im Zelt auf dem Freudenberg (Ort des Wuppertaler Impfzentrums, Anm. d. Red.) die Spritze in den Oberarm jagt. Und ich höre mich im Würgegriff der Nebenwirkung fiebrig ausrufen: "Die Tanne muss raus!"

FDP schlägt Sonntagsöffnungen vor

Und noch ein Weiser kümmert sich wenigstens um einen Teil der Bürger. "Der Herr sprach, es werde Licht – und es ward Licht", Manfred Todtenhausen, die Lichterkette der Wuppertaler FDP nämlich. Der sympathische Elektromeister und Mitglied des Deutschen Bundestages fordert Erstattungsregeln für den Einzelhandel. Sofort! Unverzüglich! Die von der CDU geforderte Paketsteuer zur finanziellen Förderung des stationären Handels lehnt er hingegen strikt ab. Zu finster für einen Mann des Lichtes.

Dafür hat er sich als Bonus noch eine tolle Vision ausgedacht. Um den Kundenverkehr im gebeutelten Einzelhandel wirksam zu entzerren, findet er es sinnvoller, statt neuer Auflagen den Sonntagnachmittag zusätzlich zu öffnen. Also kurz: Sonntagsöffnung satt Publikumsbeschränkung. Das ist Satire pur, da ahnt man, wie sich der Verdauungstrackt der GewerkschafterInnen erst windet, um sich anschließend wie ein Vulkan zu entladen. Ach ja, arbeiten sollen selbstverständlich die VerkäuferInnen. Todtenhausen wird am Sonntagnachmittag lieber gemütlich zu Hause mit der Familie Bonanza gucken wollen.

Könige und ihre teils merkwürdigen "Weisheiten"

Selbstredend schadet ihm der Quatsch nicht, denn die Wuppertaler FDP hatte ihn bereits im vergangenen September erneut für den Bundestag nominiert. Dass sich die ruhmreiche FDP bei Umfragen kaum mehr über die 5-Prozent-Hürde hieft, kümmert nicht. In dem Fall kann sich Todtenhausen wieder segensreich in die Niederungen der kommunalen Politik einbringen, von der er im Moment offenbar meilenweit entfernt ist.

Und damit ist vorläufig Schluss mit Königen und deren Weisheiten, denn die Realität tritt wieder ins Licht. Und die ist für die Meisten in diesen Tagen eher beschwerlich, Ehrenwort.

Jürgen Scheugenpflug ist seit 1989 als Kabarettist, Moderator, Autor, Sänger und Kolumnist tätig. 2007 rief er die "Bergische Akademie für Kabarett & Comedy" ins Leben. Aktuell ist er Leiter der bundesweiten Comedy-Serie "Comedy im Bett" und als künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "Schatzkiste" in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid tätig.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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