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Weltmeister Höwedes zum Grundgesetz: "Noch heute macht mich das sprachlos"


Zum Grundgesetz
Fußball-Weltmeister: "Das macht mich sprachlos"

MeinungEine Kolumne von Benedikt Höwedes

Aktualisiert am 22.05.2019Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Von Weltmeister zu Weltmeister: Benedikt Höwedes (r.) schreibt in seiner neuen Kolumne auch über Ex-Nationalspieler Jerome Boateng.Vergrößern des Bildes
Von Weltmeister zu Weltmeister: Benedikt Höwedes (r.) schreibt in seiner neuen Kolumne auch über Ex-Nationalspieler Jerome Boateng. (Quelle: imago-images-bilder)

Weshalb muss ich als Profisportler nur über meinen Beruf sprechen? Diese Frage hat sich Benedikt Höwedes gestellt. Mit seiner Kolumne auf t-online.de möchte der Fußballweltmeister andere Wege gehen. Das heutige Thema: 70 Jahre Grundgesetz.

Vor einigen Wochen erzählte mir ein Freund, dass er sich neulich am Kiosk das Grundgesetz gekauft hat – und dann fragte er, ob ich es schon einmal gelesen habe. Ich dachte nach und ehrlich gesagt, erwischte mich diese Frage auf dem falschen Fuß. Natürlich habe ich oft darüber gelesen. Doch Artikel für Artikel? Nein. Und das Letzte, was ich darüber in Moskau gehört habe, waren die Kommentare von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge auf einer sehr launischen Pressekonferenz ...

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Wo sollte ich ansonsten auch schon mit dem Grundgesetz in Berührung kommen? In der Schule war es kein großes Thema und auf den Hotelzimmern findet sich auch eher eine Bibel. Selbst wenn man 18 Jahre alt wird und offiziell wählen darf, erhält man das Grundgesetz nicht vom Staat zugeschickt. Und auch bei der Geburt von eigenen Kindern verlässt man eher mit einem vorläufigen Kinderausweis das Bürgerbüro als mit den 146 Artikeln unter dem Arm.

Höchste Zeit, sich mit unserer Verfassung einmal zu befassen, dachte ich mir und bestellte das Magazin, welches zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes erschienen ist. Und ich war begeistert. Artikel für Artikel.

Gauland über Boateng? "Noch heute macht mich das sprachlos"

Klar, die Würde des Menschen ist unantastbar, also Artikel 1, hat jeder von uns im Kopf. Generell sind die Grundrechte, wie auch Artikel 3, der besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, uns sehr geläufig. Aber, wie sehr wir sie leben und wie wenig selbstverständlich sie sind, sehen wir beispielsweise im Umgang mit Religion und Sexualität, beim Thema Pressefreiheit oder auch dem Asylrecht politisch Verfolgter.

Wir sind geübter darin mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen, als unsere Grundrechte noch stärker zu verteidigen. Noch heute macht mich sprachlos, wenn deutsche Nationalspieler nur aufgrund ihrer Hautfarbe von Landsleuten (!) beim Training oder im Wettkampf verbal angegriffen werden, wie ich es selbst bei den indiskutablen Äußerungen von Gauland über Jerome Boateng vor der Euro 2016 erleben musste. Meine Antwort damals war klar: Wenn Du Weltmeister werden willst, brauchst du Nachbarn wie Jerome.

Vielleicht nicht die dümmste Idee

Ich verschlang Artikel für Artikel und war beeindruckt, wie zeitlos, fortschrittlich, lebendig und universell die 1949 von Konrad Adenauer und dem Parlamentarischen Rat beschlossene Fassung ist, und welche Absätze und Inhalte im Verlauf der Zeit überarbeitet wurden. So besagt Artikel 22, dass die Hauptstadt nun in Berlin ist, während Artikel 23 bereits vor 70 Jahren Eckpfeiler für ein vereintes Europa war und Artikel 29 sogar sagt, dass das Bundesgebiet theoretisch mittels Volksentscheid sogar neu gegliedert werden kann. Um Kosten und Doppelverwaltungen zu sparen. Vielleicht nicht die dümmste Idee, oder?

Oder wussten Sie, dass der Bundespräsident seinen Eid dank der Trennung von Kirche und Staat auch ohne religiöse Beteuerung leisten kann, diese aber noch in der Vorgabe integriert ist? (Artikel 56).

Sonntagsspiele? Ein Schmunzler bei Artikel 140

Schmunzeln musste ich am meisten bei Artikel 140, indem es heißt: "Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt." Für die Abschaffung der unbeliebten Sonntagsspiele in der Fußball-Bundesliga könnte es doch eigentlich kein schlagkräftigeres Argument geben, als das Grundgesetz, oder?


Es hat mir große Freude bereitet, unser Grundgesetz zu lesen und mehr darüber zu erfahren, was die beste Verfassung der Welt leistet. Und ich bin von Tag zu Tag dankbarer, in einem Land aufgewachsen zu sein, das – wenn man die Artikel liest – auch in bester Verfassung ist.

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