Seit acht Jahren trainiert Christian Streich die Profis des SC Freiburg, aber so erfolgreich wie aktuell war er noch nie mit dem Bundesliga-Außenseiter. Doch könnte der 54-Jährige auch mit einem Topverein Erfolg haben? Der "Zweikampf der Woche".
Der SC Freiburg bleibt das Überraschungsteam der Bundesliga-Saison 2019/20: Platz drei mit 17 Zählern nach neun Spieltagen, nur einen Zähler hinter dem FC Bayern (18) und zwei Punkte hinter Spitzenreiter Gladbach (19). Mehr noch: Nach vergleichsweise leichtem Startprogramm zeigten die Breisgauer am Samstag, dass sie auch gegen hochkarätige Gegner bestehen können und erreichten ein 2:1 gegen den hochgehandelten RB Leipzig von Trainer Julian Nagelsmann.
Vater des Erfolgs: Trainer Christian Streich. Der 54-Jährige holt aus seiner Mannschaft wieder einmal das Maximum heraus, coacht die junge Elf aktuell zum Spitzenteam. Denn Freiburg steht in der Tabelle auch vor Dortmund, Leipzig, Schalke oder Leverkusen. Beim aktuellen Höhenflug stellt sich die Frage:
Hat Streich das Zeug für einen Topklub?
Wer mit dem kleinen SC Freiburg nach neun Spieltagen zur Spitzengruppe der Bundesliga gehört, der kann alles erreichen – und ganz sicher auch einen deutschen Topverein trainieren. Was Christian Streich seit nun mehr acht Jahren als Cheftrainer im Breisgau leistet, ist in Gold kaum aufzuwiegen. Und ganz bestimmt kein Zufall.
Dieser Mann ist außergewöhnlich. Denn er bündelt verschiedene Eigenschaften, die ihn zum einmaligen Komplettpaket machen: Der 54-Jährige ist intelligent, ehrlich, direkt, erfahren, ehrgeizig und in seiner eigenen Art und Weise charismatisch. Über diesen Mix verfügen nur ganz wenige Trainer. Kein Lucien Favre und auch kein Julian Nagelsmann können dies in Gänze nachweisen. Fast schon schade, dass Streich seine Fähigkeiten seit Jahren nur an den Spielern bei einem Verein austesten kann. Richtig spannend wäre es, wenn er das Team wechselt.
Streich würde jedem Klub in Deutschland helfen können. Sollte beispielsweise der kriselnde BVB in naher Zukunft überlegen, einen neuen Cheftrainer verpflichten zu wollen, sollte man sich intensiv mit dem Namen Streich befassen – auch wenn der Freiburg-Trainer vielleicht gar nicht wechseln möchte. Einen Versuch sollte es Borussia Dortmund wert sein. Seit fast acht Jahren im Amt – und aktuell mit einer klaren Spielidee auf Platz drei und auf Überraschungskurs in der Bundesliga: bemerkenswert, was Christian Streich in Freiburg leistet. Ob er das Zeug für einen Topklub hat? Ganz sicher nicht – und das weiß er sogar selbst. Streich ist ein Kauz. Er liebt die Rolle des Underdogs, spielt mit seiner Heimatverbundenheit, seinem Dialekt, seiner Bescheidenheit. An seine Ausraster und kuriosen Pressekonferenzen hat man sich in Freiburg gewöhnt. Der Provinztrainer und der Provinzverein – das passt perfekt. Auf Außenstehende wirkt das wunderlich. Diese Art bei Bayern, Dortmund oder Schalke? Ausgeschlossen! Streich selbst betont bei jeder Gelegenheit, welche Welten zwischen Freiburg und den Topklubs liegen. Natürlich gilt das auch für die Arbeit und das Format eines Trainers. Volker Finke war sogar 15 Jahre Freiburg-Trainer, erschuf die "Breisgau-Brasilianer" und schaffte Platz drei in der Bundesliga. Die Spitzenvereine ließen ihn trotzdem links liegen. Zumal die Ausreißer nach oben den Blick auf den Alltag verschleiern: Finke und Streich kämpften in der Regel gegen den Abstieg – und stiegen auch schon ab. Bei jedem anderen Klub wären sie dreimal gefeuert worden.Ja, Streich könnte selbst dem BVB helfen
Nein, und das weiß er sogar selbst
Im "Zweikampf der Woche" kommentieren wöchentlich Florian Wichert (Stellvertretender Chefredakteur bei t-online.de) und Robert Hiersemann (Head of Fußball und Sport) aktuelle Fußball-Themen. In dieser Woche geht es um die sensationellen Leistungen des SC Freiburg um Cheftrainer Christian Streich – auch als Podcast zum Hören und kostenlosen Abonnieren bei Apple, Spotify, Google, Deezer, Podigee und in jeder Podcast-App.