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Götze und Schürrle: "Sollten wir Weltmeister für Motivationsprobleme feiern?"


Schürrle, Götze und Co.
"Der Umgang mit unseren WM-Helden ist ein Unding"

Pro & KontraVon Robert Hiersemann und Florian Wichert

Aktualisiert am 20.07.2020Lesedauer: 2 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Mario Götze, André Schürrle und Jerome Boateng (v.l.n.r.): Gemeinsam gewannen sie 2014 die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien.Vergrößern des Bildes
Mario Götze, André Schürrle und Jerome Boateng (v.l.n.r.): Gemeinsam gewannen sie 2014 die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. (Quelle: t-online.de/imago-images-bilder)

Gemeinsam gewannen sie den WM-Titel 2014. Doch anstatt heute als Helden gefeiert zu werden, gelten einige von ihnen als abgestürzte Top-Fußballer. Zu Recht?

Rio-Weltmeister André Schürrle hat mit nur 29 Jahren überraschend sein Karriereende verkündet und gleichzeitig die Fußballbranche scharf kritisiert. Im Fußballgeschäft zähle "nur die Leistung auf dem Platz", sagte er dem "Spiegel". Dabei dürften "Verletzlichkeit und Schwäche zu keinem Zeitpunkt existieren." Und so kam er zur Erkenntnis: "Ich brauche keinen Beifall mehr."

Schürrle offenbarte, dass er zuletzt oft einsam gewesen sei, gerade als "die Tiefen immer tiefer wurden und die Höhepunkte immer weniger". Nach der Auflösung seines bis Juni 2021 laufenden Vertrags bei Vizemeister Borussia Dortmund am Mittwoch machte Schürrle daher nun endgültig Schluss. "Die Entscheidung", betonte er, "ist lange in mir gereift".

Wie kam es zur Frustration?

Nachdenkliche Worte von einem unserer Weltmeister-Helden zum Karriereende. Doch wie kam diese Frustration trotz der großen Verdienste zustande?

Klar ist: Schürrle konnte an die sportlichen Top-Leistungen nach der WM nur noch selten anknüpfen. Ähnlich erging es dem aktuell vereinslosen Finaltorschützen Mario Götze. Beide Spieler wurden schnell als abgestürzte WM-Helden abgestempelt.

Und auch ehemalige Nationalspieler wie Jerome Boateng oder Thomas Müller, die 2014 ebenfalls Teil des Weltmeister-Teams von Bundestrainer Joachim Löw waren, wurden in der Zeit nach dem WM-Erfolg häufig hart für ihre sportlichen Leistungen kritisiert. Was zur Frage führt:

Gehen wir in Deutschland zu kritisch mit den WM-Helden von 2014 um?

Pro
Robert HiersemannBereichsleiter Entwicklung

Ja, dabei sollten wir sie immer noch feiern

Was haben Mario Götze, Thomas Müller, Jerome Boateng und André Schürrle außer dem Weltmeistertitel 2014 gemeinsam? Sie alle wurden in den vergangenen Jahren für ihre sportlichen Leistungen immer wieder heftig kritisiert – und genau das ist ein absolutes Unding.

Denn das DFB-Team hat uns vor sechs Jahren einen ganz besonderen Sommer beschert, den wir Deutschen für immer im Gedächtnis behalten werden. Diesen Moment des Glücks haben wir vor allem Spielern wie Götze und Schürrle zu verdanken.

Doch anstatt sie auch heute noch als Helden zu feiern, gelten sie für viele als Vorzeigebeispiel für den schnellen Absturz. Warum?

In einigen anderen Ländern werden die eigenen Weltmeister bis an ihr Lebensende verehrt – egal, ob sie noch liefern. In Deutschland hingegen wird dir trotz großer Verdienste schnell mal der rote Teppich unter den Füßen weggezogen – Beispiel Götze.

Und Schürrle? Der traf in 207 Bundesliga-Spielen 51 Mal, in der Premier League in 68 Partien 17 Mal. Eine gute Quote. Und er ist Weltmeister, englischer Meister, zweifacher DFB-Pokalsieger. Die Auflistung eines Abgestürzten? Ganz sicher nicht!

Wir sollten froh sein, dass wir Fußballer wie Schürrle hatten. Denn ohne Spieler wie ihn würde uns heute etwas fehlen – die Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Sommer.

Kontra
Florian WichertStellvertretender Chefredakteur

Nein, ein WM-Titel kann kein Freifahrtschein sein

Von Neuer und Schweinsteiger über Götze, Schürrle bis Großkreutz: 23 Spieler haben eine Medaille, den Pokal und einen Titel, den sie ihr Leben lang tragen dürfen. Für den sie von einer ganzen Nation verdientermaßen gefeiert wurden. Weltmeister.

Sind die Erwartungen an die Spieler anschließend höher? Ja, und das zurecht. Dabei muss nicht jeder Weltmeister ein wirklich großer Spieler sein wie Spaniens Sergio Ramos, Italiens Gianluigi Buffon oder eben Schweinsteiger. Aber: Sollen wir die Eskapaden von Großkreutz, die Motivationsprobleme von Schürrle und Götze oder ein verkorkstes Jahr von Müller oder Boateng feiern, nur weil sie Weltmeister sind? Nein, der Titel kann kein Freifahrtschein sein. Götze hat in den vergangenen vier Jahren insgesamt 13 Ligatore geschossen, Schürrle nur zehn. Für Spieler im besten Alter und mit herausragenden Fähigkeiten ist das nur eins: traurig.

Haben frühere Weltmeister einen besseren Status als die von 2014? Wahrscheinlich ja, aber auch das hat seine Gründe. Die früheren Helden kamen aus der Mitte der Gesellschaft, nicht aus einem Nachwuchsleistungszentrum. Sie waren noch Typen zum Anfassen und verdienten keine zweistelligen Millionenbeträge im Jahr. Da fiel die Identifikation leichter.

Wer hat recht?

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Im "Zweikampf der Woche" kommentieren wöchentlich Florian Wichert (Stellvertretender Chefredakteur bei t-online.de) und Robert Hiersemann (Head of Fußball und Sport) aktuelle Fußballthemen auch als Podcast zum Hören und kostenlosen Abonnieren, bei Apple, Spotify, Google, Deezer und in jeder Podcast-App.

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