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Marta nach WM-Demütigung: Der wahre Charakter des Brasilien-Profis


Brasiliens Superstar
Nach der Demütigung zeigt Marta ihren wahren Charakter

MeinungVon Christoph Cöln

Aktualisiert am 05.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Jamaikas Coach Lorne Donaldson tröstet Brasiliens Marta.Vergrößern des Bildes
Jamaikas Coach Lorne Donaldson tröstet Brasiliens Marta. (Quelle: Alex Pantling - FIFA)

Marta ist für den Frauenfußball das, was Messi für die Männer ist. Eine Ikone des Sports. Nun erfuhr sie eine Demütigung. Und zeigte trotzdem ihre Größe.

Aus Brisbane berichtet Christoph Cöln.

Brasiliens Nummer 10 saß auf der Ersatzbank und schaute dem Geschehen auf dem Rasen fassungslos zu. Es lief die vierte Minute der Nachspielzeit im Spiel der Brasilianerinnen gegen Jamaika bei dieser Weltmeisterschaft der Frauen. Die Anzeigetafel zeigte ein torloses Unentschieden. Es war gleichbedeutend mit dem Aus der großen Fußballnation Brasilien. Und zugleich das letzte WM-Spiel in der ruhmreichen Karriere Martas.

Der letzte verzweifelte Angriff der Selecao verpuffte, Debinhas Kopfball wurde von Jamaikas Torfrau entschärft. Dann ertönte der Schlusspfiff. Aus. Vorbei. Brasilien in der Vorrunde gescheitert. Das Gesicht der 37-jährigen Marta war versteinert. Sie starrte minutenlang ins Leere. Auf dem Rasen lagen ihre Mitspielerinnen, einige weinten. Marta blieb sitzen. Ohne Regung.

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Doch Marta zeigte ihren wahren Charakter. Noch auf dem Spielfeld hielt sie eine bewegende Rede vor laufenden Fernsehkameras. Ihr schlimmster Albtraum sei gerade wahr geworden, sagte sie. Doch sie bemitleidete sich nicht. Stattdessen imponierte sie durch einen leidenschaftlichen Aufruf an ihre Mitspielerinnen. "Hört nicht auf, sie zu unterstützen", sagte Marta an ihre Landsleute gerichtet. "Für sie ist es erst der Anfang. Für mich geht die Reise heute zu Ende. Danke."

Brasiliens Ausscheiden gegen den Außenseiter Jamaika war blamabel. Niemand hatte damit gerechnet. Auch nicht Marta, obwohl diese WM für sie nicht nach Maß verlief. Kein Tor konnte sie den 17 Toren bei ihren vorherigen Weltturnieren hinzufügen. Eine herbe Enttäuschung.

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Unter Trainerin Pia Sundhage, immerhin Vize-Weltmeisterin mit den USA, kam sie zudem nicht über die Rolle als Ergänzungsspielerin hinaus. Beim Auftaktsieg über Panama saß sie 75 Minuten auf der Bank, gegen Frankreich schmorte sie sogar 86 Minuten an der Seitenlinie. Da zeterte sie fast die ganze Zeit ob des bisweilen ineffizienten Spiels ihrer wesentlich jüngeren Mitspielerinnen. Nach dem Schlusspfiff verschwand sie wortlos in der Kabine. Sie wirkte aufgebracht.

Sie nimmt sich minutenlang Zeit, dem Gegner zu gratulieren

Nicht so nach dem Jamaika-Spiel. Im Moment ihrer größten Niederlage zeigte sie Größe. Marta war nach dem Abpfiff übers Spielfeld gegangen, um die gegnerischen Spielerinnen abzuklatschen und sie für ihren aufopferungsvollen Kampf gegen den hohen Favoriten zu beglückwünschen. Das macht eine Weltklassespielerin aus. Sie drückte sich nicht vor der Verantwortung, schämte sich nicht ihrer Tränen, sondern stellte sich.

Sie ging zu ihrem Pendant auf jamaikanischer Seite, Stürmerin Khadija Shaw, nahm sie in den Arm, sprach lange mit ihr. Shaw zeigte immer wieder mit dem Finger auf Marta. Es sah so aus, als wolle sie sich bei ihrem Idol bedanken, dass sie gerade mit ihrem Team um die letzte Chance einer Krönung beraubt hatte. Denn Marta hat so ziemlich alles gewonnen, was es im Fußball zu gewinnen gibt. Nur den größten Titel, den einer WM, den holte sie nie.

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Es wäre nur allzu verständlich gewesen, wenn sie in dieser Situation abgetaucht wäre. So wie nach dem zweiten Gruppenspiel gegen Frankreich. Trotz dieser Enttäuschung zeigte Marta, warum Fairplay als eine der herausragenden Stärken des Frauenfußballs gilt. Sie gratulierte ausführlich dem Gegner. Herzlich. Und voller Respekt für die Leistung der Jamaikanerinnen, die im Grunde 90 Minuten lang nichts anderes getan hatten, als den Ball vom eigenen Tor fernzuhalten.

Mit Jamaikas Trainer Lorne Donaldson sprach Marta ebenso lange wie mit anderen Spielerinnen und Betreuern der generischen Mannschaft. Donaldson hatte im Gespräch mit der ehemaligen Weltfußballerin Tränen in den Augen. Marta auch. Sie nahm sich trotz der sportlichen Demütigung die Zeit, sich von der großen Bühne zu verabschieden, und zwar in bewundernswerter Weise: mit Stil.

Verwendete Quellen
  • npr.org: "With Brazil's exit, Marta delivers an emotional farewell to the World Cup" (englisch)
  • Eigene Beobachtung
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