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Special Olympics Berlin: Freiwilliger berichtet – "Berührungsängste gab es"


Special Olympics
Hier ist alles anders

Von Nils Kögler

25.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Special Olympics in Berlin: Eine Turnerin während ihres Wettbewerbes.Vergrößern des Bildes
Special Olympics in Berlin: Eine Turnerin während ihres Wettbewerbes. (Quelle: IMAGO/Dominika Zarzycka)

Am Sonntag enden die Special Olympics World Games in Berlin. Johann Philipp engagierte sich vor Ort als Sanitäter und berichtet von seiner Erfahrung.

Die Begeisterung steht Johann Philipp deutlich ins Gesicht geschrieben. Als der 30-Jährige von seinen Erfahrungen bei den Special Olympic World Games berichtet, kommt er aus dem Strahlen kaum noch heraus. Eigentlich arbeitet Johann als Redakteur in der Kaufberatung bei t-online. Doch anlässlich der Special Olympics World Games in Berlin hat er eine Woche lang Amazon-Links gegen Gummihandschuhe und Erste-Hilfe-Rucksack getauscht. Bei den Olympischen Spielen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung engagierte er sich ehrenamtlich als Sanitäter.

Am heutigen Sonntag enden die Special Olympics mit einer Abschlussfeier am Brandenburger Tor. In den vergangenen acht Tagen haben sich rund 7.000 Athletinnen und Athleten aus 190 Ländern in 26 Sportarten miteinander gemessen. Die Weltspiele waren das größte Multisport-Event in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972 in München und fanden erstmals überhaupt in der Bundesrepublik statt. Zu den Wettkämpfen haben sich rund 300.000 Besucherinnen und Besucher auf den Weg in die Bundeshauptstadt gemacht – und Johann war mittendrin. Dabei wurde das Event für ihn zu einer Erfahrung, die er nicht mehr missen möchte.

Eine doppelte Herausforderung

Doch wie wird ein Kaufberatungsredakteur überhaupt zum ehrenamtlichen Sanitäter bei den Special Olympics? "Eine Schulfreundin und ich wollten uns schon länger mal ehrenamtlich engagieren", verrät Johann. In diesem Jahr sei das Engagement dann zu einem Neujahrsvorsatz für ihn geworden. "Ich dachte: Jetzt muss ich aber wirklich mal was machen, sonst wird das nie was", sagt er. Seine Freundin sei dann zufällig auf den Aufruf der Special Olympics für freiwillige Helfer gestoßen. "Das war dann der Zeitpunkt, wo wir gesagt haben: jetzt oder nie. Das ist die beste Gelegenheit, die wir kriegen."

Doch das Engagement bei den Special Olympics bot gleich eine doppelte Herausforderung: Zum einen hatte Johann keine ausreichende medizinische Ausbildung: "Ich hatte den letzten Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein gemacht. Das ist gefühlt 100 Jahre her", sagt er lachend. Das Engagement als Sanitäter kam ihm dabei ohnehin gelegen, denn er habe sich bereits seit längerem mal wieder medizinisch weiterbilden wollen, um sich auch in Unfallsituation im Alltag nicht mehr so hilflos zu fühlen.

Ausbildung zum "Sanitätshelfer"

Vor den Special Olympics ging es also in die notwendige medizinische Ausbildung. In einem Online-Kurs wurden ihm dabei schon mal theoretische Grundlagen wie unter anderem menschliche Anatomie oder die notwendigen Materialien vermittelt. Dann ging es in einen einwöchigen praktischen Präsenzkurs bei den Johannitern. "Das war wie der Erste-Hilfe-Kurs beim Führerschein, nur ausgedehnter", berichtet Johann. Danach durfte er sich dann "Sanitätshelfer" nennen, hinter den "Rettungssanitätern" und "Notfallsanitätern", die Einstiegsstufe bei den Sanitätern.

Blieb nur noch das zweite Problem: Johann hatte keinerlei Vorerfahrung im Umgang mit Menschen mit Behinderung. Gab es da Berührungsängste? "Ja, die gab es im Vorhinein schon", sagt er. "Man kann sich ja auch schlecht darauf vorbereiten." Die Bedenken lösten sich jedoch schnell in Luft auf. "Ich habe schon am ersten Tag gemerkt, dass da ganz viel Freundlichkeit und Zugewandtheit herrscht und dann waren alle Sorgen schnell verflogen", sagt er. "Die beste Lösung ist, die Athleten wie jeden anderen Menschen zu behandeln, sie ernst zu nehmen und nicht wie ein Kind zu behandeln", so Johann weiter.

Kommunikation mit Händen und Füßen

Er habe sich die Aufgabe im Voraus deutlich schwieriger vorgestellt, als sie dann tatsächlich war. In erster Linie sei es dann die Sprachbarriere mit den Athleten aus der ganzen Welt gewesen, die am meisten Probleme gemacht habe. Oft habe man sich aber mit Englisch helfen können "und selbst wenn das schwierig war, ging es irgendwie mit Händen und Füßen."

Geholfen hat sicherlich auch, dass die Schwierigkeit der medizinischen Aufgaben sich in überschaubarem Rahmen hielt. Er habe hauptsächlich Kühlpacks und Pflaster verteilt, berichtet Johann. Das schlimmste sei ein Verdacht auf Schlaganfall gewesen, die Person wurde mit dem Krankenwagen abtransportiert. "Konkret war es sehr überschaubar, was für den Anfang aber ja auch gar nicht schlecht ist", sagt er lachend.

"Wundervoll, wie viel Liebe dieses Event verströmt"

Umso mehr Zeit hatte Johann, die Atmosphäre bei den Special Olympics aufzusaugen. "Dieses Event war wirklich großartig", sagt er begeistert. Er vergleicht die Stimmung gar mit dem Sommermärchen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.

"Es ist wirklich wundervoll, wie viel Liebe dieses Event verströmt", sagt Johann. "Es zählt überhaupt nicht, ob du eine Goldmedaille gewonnen hast oder gar nichts. Alle sind glücklich. Ich bin am dankbarsten dafür, dass ich diese Stimmung miterleben durfte."

"Total menschlich und sympathisch"

Symbolisch für die Stimmung bei den Spielen steht für ihn ein ganz besonderer Moment bei der Eröffnungsfeier. Die olympische Fackel sollte dabei von mehreren Läufern staffelartig einmal um die Tartanbahn getragen werden. "Die erste Läuferin ist aber falsch abgebogen und wollte gleich das olympische Feuer entzünden", so Johann. Einer der Organisatoren habe sie dann freundlich wieder auf Kurs gebracht.

Was anderen Events wohl Negativschlagzeilen eingebracht hätte, sorgte bei den Special Olympics allerdings nur für Applaus. "Das ganze Stadion hat gejubelt und geklatscht", erinnert sich Johann. "Es hat gezeigt, dass es kein Hochglanzevent sein muss, wo alles glattläuft. Es war total menschlich und sympathisch."

Sein Fazit? Trotz der anfänglichen Bedenken hat sich der Einsatz gelohnt. "Ich kann das ehrenamtliche Engagement nur empfehlen", sagt er. "Es ist eine einmalige Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte, und deshalb war es genau die richtige Entscheidung, da mitzumachen."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Johann Phillip
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