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Die Olympia-Spielstätten: Ein Hauch von "Tschernobyl"


Die Olympia-Spielstätten
Ein Hauch von "Tschernobyl"


Aktualisiert am 10.02.2022Lesedauer: 3 Min.
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Die "Big Air"-Schanze am Stadtrand Pekings macht die gesamte Absurdität der Olympischen Sportstätten deutlich.Vergrößern des Bildes
Die "Big Air"-Schanze am Stadtrand Pekings macht die gesamte Absurdität der Olympischen Sportstätten deutlich. (Quelle: UPI Photo/imago-images-bilder)

Die Olympischen Winterspiele finden in einer niederschlagsarmen Region in China statt. Schnee ist Mangelware, Geld und Wille sind es nicht. Das führt zu irrsinnigen Bildern.

Die Szenerie in Shijingshan, einem Bezirk im Süden der chinesischen Hauptstadt Peking, weckt Assoziationen mit der Ästhetik von Craig Mazins preisgekrönter TV-Serie "Chernobyl". Das Grau der Kühltürme verläuft in das Grau der Plattenbauten, die Tristesse raubt einem auf beängstigende Weise den Atem.

Umso deutlicher sticht dieses makellos-weiße Band heraus, das seit einigen Wochen der strahlende Fixpunkt im alten Stahlwerkkomplex des Viertels ist: die "Shougang"-Schanze, Austragungsort der olympischen "Big Air"-Wettbewerbe.

Die Standortwahl für die einzige Sportstätte der Winterspiele 2022 innerhalb des Pekinger Stadtgebiets ist eine symbolträchtige. Vor den Sommerspielen 2008 wurde die der Schanze namengebende Stahlhütte von den damaligen Olympia-Organisatoren kurzerhand geschlossen, um der Luftverschmutzung in der 20-Millionen-Einwohner-Metropole zumindest etwas Herr zu werden. Nun, 14 Jahre später, soll das brachliegende Areal durch die weltweit erste permanente "Big Air"-Anlage seine Renaissance feiern.

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"Nachhaltig" sei dies, behaupten die chinesischen Funktionäre – und blenden dabei völlig aus, dass in Shijingshan ebenso wie im gut 100 Kilometer entfernten Yanqing kaum Niederschlag, geschweige denn Schnee fällt, der zur Präparierung der Pisten herhalten könnte.

300 Kanonen gegen die Schneearmut

Im Xiaohaituo-Gebirge rund um Yanqing, wo die alpinen Skirennen stattfinden, wimmelt es daher – wie auch in Shijingshan – nur so von Schneekanonen. Um die 300 Exemplare sollen während der Winterspiele in China im Einsatz sein, angetrieben von einer Unmenge Energie und gespeist mit rund einer Million Kubikmetern Wasser.

"Wir nutzen nur grünen Strom aus Wind- und Sonnenenergie. Und das Wasser kommt aus Flüssen, Seen und Reservoirs. Wir nutzen kein Grundwasser. Dadurch können wir sicherstellen, dass es umweltfreundliche Olympische Spiele werden", behauptet Li Xin, seines Zeichens leitender Schneeproduzent in Yanqing, bei der "Tagesschau".

Aussagen, die unabhängige Beobachter und Experten mindestens als fragwürdig ansehen. So mehren sich die Anzeichen, dass das chinesische Regime Flüsse umbetten und Staudämme abpumpen ließ, um an das kostbare Wasser zu gelangen, das für die Herstellung des unabdingbaren Kunstschnees nötig ist. Die "New York Times" etwa schätzt die Kosten für die infrastrukturelle Mammutaufgabe auf gut 60 Millionen US-Dollar, also gut 52,5 Millionen Euro.

Idyllische Bilder für ein klar beschränktes Panorama

Ein erstaunlicher Aufwand, um am Rande der Wüste Gobi den Eindruck einer Wintersport-Idylle aufzubauen. Insbesondere wenn man beachtet, wie klar lokal beschränkt der Eindruck eines beschneiten Bergpanoramas ist. Das zeigen etwa aus dem Flugzeug geschossene Bilder des norwegischen Skirennfahrers Kjetil Jansrud.

Oder auch Aufnahmen, die t-online-Olympiareporter Alexander Kohne im Biathlon-Stadion von Zhangjiakou gemacht hat.

Zur gesamten Wahrheit gehört jedoch auch, dass dieser Irrsinn durch Entscheidungen in Europa – auch in Deutschland – zumindest deutlich leichter auf den Weg gebracht werden konnte. So entschieden sich die Bevölkerungen der mit deutlich mehr Niederschlag gesegneten und als ausgezeichnete Wintersportziele bekannten Regionen München und Graubünden (Schweiz) gegen eine offizielle Bewerbung um die Austragung der Spiele 2022, in Oslo und Stockholm legten die Stadtparlamente ihr Veto ein.

Ein lukratives Geschäft für skrupellose Unternehmen

Zudem wäre die künstliche Beschneiung des Xiaohaituo-Gebirges in diesem Maße wohl kaum ohne die Expertise des italienischen Unternehmens Technoalpin möglich gewesen. Die Firma aus dem Südtiroler Bozen ist seit Monaten federführend mit der Präparierung der Strecken und Pisten beauftragt, gibt zudem ihr Wissen an die Einheimischen weiter, die auch nach Olympia von einem vermeintlich auftretenden Wintersport-Boom profitieren wollen.

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Es ist ein sicherlich lukratives Geschäft, das Technoalpin dort eingegangen ist. Aber auch eines, das wenig Skrupel verlangt: Wassermangel für Millionen Bewohner der Metropolregion Peking, Bodenerosionen, Umweltverschmutzung – all diese Schlagwörter muss man ausblenden können. Dann klappt es sicher auch damit, den besonderen Charme des Shougang-Stahlwerks zu erkennen.

Verwendete Quellen
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