Experte erklärt Prozess Was passiert mit Dahlmeiers Leichnam auf 5.700 Metern?

Laura Dahlmeier legt vor ihrem Tod fest, dass für ihre Bergung niemand sein Leben riskieren soll. Ihr Leichnam bleibt daher am Laila Peak. Doch was bedeutet das?
Am Montag ist Laura Dahlmeier in Pakistan tödlich verunglückt. Die 31 Jahre alte Olympiasiegerin wurde beim Bergsteigen von einem großen Stein am Kopf getroffen. Dahlmeier wollte gemeinsam mit einer Seilpartnerin den Laila Peak erklimmen, einen anspruchsvollen Berg von mehr als 6.000 Metern Höhe. Auf der Höhe von 5.700 Metern geschah das folgenschwere Unglück.
Wegen andauernder Steinschlaggefahr konnte niemand zu ihr vordringen. Wie die Familie mitteilte, war es Dahlmeiers "ausdrücklicher und niedergeschriebener Wille", in solch einem schlimmen Fall den Leichnam am Berg zurückzulassen. Das wurde getan, die Rettungsaktion eingestellt.
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Und so liegt ihr Leichnam auch fast eine Woche später noch immer am Laila Peak. Was passiert mit ihrem Körper, wenn er für immer am Berg bleiben sollte? Ein Experte zur Beantwortung dieser Frage ist Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke. Er hält es für wahrscheinlich, dass Dahlmeiers Körper aufgrund der Gegebenheiten nicht von Insekten und Bakterien zersetzt oder von größeren Tieren in Mitleidenschaft gezogen wird.
Identifizierung von Dahlmeier noch lange möglich
"Insekten und Bakterien wachsen und leben schneller, je wärmer es ist und langsamer, je kälter es ist", erklärt der Experte auf Anfrage von t-online. "In großer Höhe ist es kälter, sodass auch große Tiere dort kaum anzutreffen sind." Benecke meint daher: "Falls der Leichnam einfriert, bleibt sie einfach erhalten."
Allerdings merkt er auch an: "Durch die Schwemmen, Gletscherschmelzen, Erdrutsche und die allgemeine Erwärmung können sich aber je nach genauer Lage des Leichnams ihre Lagerungs- und Umgebungs-Bedingungen schneller ändern als wir es früher erlebten."
Eine letztliche Identifizierung sei dennoch ohne größere Schwierigkeiten möglich, "weil das Erbgut in den Zähnen und Knochen lange erhalten bleibt. Solange diese gefunden werden, ist ein Verwandtschafts-Test kein Problem." Mehr noch: "In den Bergen bleibt fast immer auch die Kleidung und Ausrüstung sehr lange erhalten. Diese sind auch gut zur Erkennung geeignet, denn so viele Menschen verschwinden ja nicht in den Bergen." Grundsätzlich "sollte es kein Problem sein, den Körper nach einem möglichen Fund eindeutig der Familie zuzuordnen."
"Großherzigkeit ohnegleichen"
Bergsteiger-Legende Reinhold Messner hatte zuvor Dahlmeiers Wunsch, am Berg zurückgelassen zu werden, gelobt. "Ich respektiere das und finde diese Haltung großartig", betonte Messner. "Es ist der Beweis dafür, dass sie das, was sie getan hat, auch geistig durchschaut hat." Mehr noch – dies sei eine "Großherzigkeit ohnegleichen, die zur traditionellen Bergsteigerei gehört." Er betonte: "Die Bergsteigerei verliert eine große Alpinistin."
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Nach dem Unglück ist der Berg weiterhin für Kletterer geöffnet. Das teilte der Sprecher der zuständigen Provinzregierung Gilgit-Baltistan, Faizullah Faraq, am Freitag mit. Die Region, in der sich mit dem K2 auch der zweithöchste Berg der Welt befindet, ziehe jedes Jahr Hunderte von Kletterern aus dem Ausland an.
Der Laila Peak liegt unweit des K2 nahe der Grenze zu China. Lawinen und Unwetter stellen dort ein hohes Risiko für Bergsteiger dar. Nach Angaben von Pakistans Regierungssprecher Faraq sind in der Region allein dieses Jahr mit Dahlmeier bereits drei Kletterer ums Leben gekommen. Die Schließung von Bergen nach Unglücken sei keine gängige Praxis.
- Antworten von Mark Benecke auf Anfrage von t-online