"Leben, als sei es ihr letzter Tag" Putins Armee: Soldaten leiden an Geschlechtskrankheit

Die HIV-Infektionen in der russischen Armee sind um das 20-fache angestiegen. Das liegt auch an Putins Kriegsführung.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die Zahl der HIV-Diagnosen unter russischen Soldaten stark angestiegen. Laut einem Bericht im russischen "Militärmedizinischen Journal" war der Anstieg bereits im Herbst 2022 auf das Fünffache gestiegen – bis Ende 2023 lag die Zahl der Infektionen rund 20-mal höher als vor dem Krieg. Konkrete Fallzahlen wurden in dem Bericht nicht genannt.
Ursachen seien laut Einschätzungen unter anderem riskantes Verhalten innerhalb der Truppe: ungeschützter Geschlechtsverkehr und gemeinsames Nutzen von Spritzen zur Einnahme von Drogen. Diese Faktoren spielten eine Rolle in einem Milieu, in dem viele Soldaten unter extremen psychischen Belastungen stünden, berichtet das Carnegie-Zentrum für Russland und Eurasien. "Die Soldaten leben jeden Tag, als sei es ihr letzter", heißt es in dem Bericht.
HIV ist in Russland weit verbreitet
Russland gehört seit Jahren zu den Ländern mit der höchsten HIV-Verbreitung weltweit. Mehr als 1,1 Millionen Fälle sind laut offiziellen Angaben registriert. Fachleute schätzen jedoch, dass die tatsächliche Zahl bis zu 1,5 Millionen betragen könnte. Daten des UN-Programms UNAids zufolge entfielen im Jahr 2021 fast vier Prozent der weltweiten HIV-Neuinfektionen auf Russland – bei weniger als zwei Prozent der Weltbevölkerung.
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Nach Angaben des russischen HIV-Experten Wadim Pokrowski sterben jährlich rund 30.000 Menschen im arbeitsfähigen Alter an den Folgen einer HIV-Erkrankung. Besonders betroffen ist die Altersgruppe zwischen 25 und 50 Jahren – eine Entwicklung, die zusätzliche Belastungen für den russischen Arbeitsmarkt bedeutet.
Auch in der Ukraine ist das Gesundheitssystem durch den Krieg stark unter Druck geraten. Das Land hat laut UNAids die höchste HIV-Rate in Europa. In von Russland besetzten Gebieten, etwa in Cherson, ist die Versorgung nach Angaben exilierter russischer Medien nahezu zusammengebrochen.
Kreml behindert die Arbeit vieler HIV-Hilfsorganisationen
Menschenrechtsorganisationen warnen zudem, dass in Russland die Arbeit vieler HIV-Hilfsorganisationen behindert wird. Besonders betroffen seien Gruppen, die Mittel aus dem Ausland erhalten. Seit 2023 gilt die sogenannte "internationale LGBT-Bewegung" zudem offiziell als extremistisch, was nach Angaben von Hilfsorganisationen den Zugang zu Prävention und Behandlung für besonders gefährdete Gruppen zusätzlich erschwert.
Die Vereinten Nationen warnen vor einer Ausbreitung der Epidemie in der Region, auch infolge von Einschränkungen bei Drogenersatzprogrammen in Nachbarstaaten, die unter wachsendem Einfluss Moskaus stehen.
- thetimes.co.uk: "Why HIV rates among Russian soldiers are soaring" (Englisch, kostenpflichtig)