Die Pink-Robe von Jennifer Lopez

Aufgepasst: Wenn man direkt auf dieses Kleid schauen möchte, muss man eigentlich vorsichtshalber eine Schneebrille tragen, um die Sehkraft zu schützen. Darum vorsichtshalber mit zusammengekniffenen Augen auf dieses Ding linsen, das kein Kleid, sondern so viel mehr ist.

Man sieht es nicht gleich, das muss man zugeben. Darum kann es passieren, dass man das Spektakel, das Jennifer Lopez in dieser Woche veranstaltet hat, versehentlich mit einem Kleid verwechselt (mit einem sehr teuren Kleid, Haute Couture des libanesischen Designers Georges Chakra).

Pinker wird es nicht

Dabei handelt es sich dabei um kein Outfit, sondern um ein überdimensioniertes Weltenberuhigungsspray. Das Leben ist nämlich so anstrengend geworden, unter anderem auch deshalb, weil man sich ständig mit irgendwem über irgendwas streiten muss. Darum wirkt J-Los knallgreller Seidenfummel wie eine mächtige, vielleicht sogar mystische Geheimwaffe, die die Power hat, für einen klitzekleinen Moment alle Menschen auf der ganzen Welt zu einen. Denn bei diesem "Kleid" kann es keine zwei Meinungen geben: Pinker wird es nicht.

Das Neckholder-Top, das großzügig J-Lo-Fläche freilegt, die nonchalante Schlitzung, die absolut mühelose Beinlüftung ermöglicht – all die spektakulären Details der Seidenrobe verblassen neben der Strahlkraft dieser Farbe: Ein Pink wie eine schallende Ohrfeige, ein heller Blitz in dunkelster Nacht, eine falsche Bohrerbewegung bei der Wurzelbehandlung. Damit nichts von dieser Farbe ablenkt (als ob das möglich wäre!), hat Lopez auf allzu auffälliges Makeup verzichtet, an den Fingern trägt sie noch ein paar Klunker aus pinkfarbenen Saphiren, als kleine Ausrufezeichen.

Ein würdiges Gewand für eine Superheldin

Eigentlich, das muss man zugeben, ist dieses Gewand für eine schnöde Musikpreisverleihung viel zu mächtig. Es wäre endlich ein geeignetes, würdiges Gewand für eine Superheldin (oder einen Superhelden), die darin durch das Universum rauscht und überall dort aufschlägt, wo ranzige Geschlechterklischees einem Jungen verbieten wollen, mit Puppen zu spielen, und einer Frau den Weg vermauern wollen, CEO eines Giganto-Unternehmen zu werden. Die Heldin (oder der Held) würde kurz ihre (oder seine) seidigen Rockbahnen bauschen, wie gedankenabwesend an einem ihrer klobigen Ringe drehen – und ein pinker Zertrümmerungsstrahl würde sämtliche krustigen Vorstellungen in allen anwesenden Köpfen einfach zerdeppern. Ein pinker Schleier würde für sich ein paar Momente über das Gemüt aller Beteiligten legen, und die Welt wäre kurz eine schönere, bessere.

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Klingt herbeifantasiert und unglaubwürdig. Na gut. Vielleicht ist Jennifer Lopez' Outfit bei den American Music Awards doch nur ein Kleid. Aber, und das kann nun wirklich niemand bestreiten, auf der ganzen Welt, ob Mann oder Frau: Ein wirklich ziemlich pinkes.

Pinkes Haute Couture Kleid von Geirges Chakra, Preis auf Anfrage.