Du willst es doch auch: Steven Gätjens Weihnachtspullover

Jetzt werden sie wieder aus der hintersten Schrankecke gekramt, die extra-hässlichen, lustigen Weihnachtspullover. Steven Gätjen legte die Messlatte in diesem fragwürdigen Kleidungsgenre jetzt nochmal ein paar Scheußlichkeitsstufen höher.

Die Vorweihnachtswochen sind, machen wir es uns nicht vor, eine belastende Zeit. Geschenkehamsterzwang! Plätzchenneid! Besinnlichkeitsphanomschmerzen! Seit ein paar Jahren kommt noch eine saftige Dosis visuelle Pein dazu, weil es plötzlich lustig und schick war, möglichst peinliche Weihnachtsmotiv-Pullover zu tragen. Solche meist gestrickten Ungetüme, die einen schon beim bloßen Hinsehen durch ihre Kratzig-Aura den Rumpf jucken lassen, mit Tannenbordüren, Tapfenmustern und dickbackig grinsenden Weihnachtsmännern drauf.

Inzwischen hat sich die Hässliche-Weihnachtspulli-Industrie so weit professionalisiert, dass sie saisonale Leibchen auf den Markt werfen kann, die sogar von sonst höchstens mittelverrückten Fernsehmoderatoren getragen werden können. Vergangene Woche schämte sich Steven Gätjen noch dunkelrosa, als er in „Duell um die Welt“, der globalen Mutprobenshow von Klaas Heufer-Umlauf und Yoko Winterscheidt, in wunderlicher Aufmachung bei einem japanischen Fetischfest komische Lieder singen musste. Vor ein paar Tagen aber wand er sich ohne sichtbaren Zwang öffentlich in einen Weihnachtspullover, der nochmal eine Klasse problematischer war als das durchschnittliche Jahresendkitsch-Wams. Gätjens Modell suggeriert nämlich nicht durch entsprechende Motive, sein Träger habe ein besonderes Faible für Weihnachtsbäume – es macht seinen Träger selbst zum Weihnachtsbaum.

Das kann praktisch sein, wenn man im einsamen Wald von Fieslingen gejagt wird und sich in höchster Not in eine Fichtenschonung rettet – dann kommt einem die adelig anmutende Tarnung sicher zupass. In allen anderen Lebenslagen wirkt es dagegen doch mindestens etwas eigen, wenn man seine Leibesmitte mit Girlanden und bunten Kugeln schmückt. Schade, dass Gätjen nicht beschloss, bei seiner weihnachtlichen Aufmachung dann auch wirklich alles zu geben und stets eine Armvoll Geschenke dabeizuhaben, die er bei längerer Verweildauer an einer Stelle um seine Füße herum arrangieren könnte, um die Weihnachtsbaum-Illusion zu komplettieren. Vielleicht ja nächste Jahr, wenn Lena Gehrke ihr minimalistisches Weihnachtsmann-Kostüm dann auch endlich mit einem weißen Rauschebart komplettiert.

Weihnachtsbaumpullover, 29 Dollar