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"Shades of Grey": So ist der Sadomaso-Bestseller


"Shades of Grey"
So ist der Sadomaso-Bestseller

t-online, CK

06.07.2012Lesedauer: 3 Min.
Der Sadomaso-Roman "Shades of Grey - Geheimes Verlangen" ist weltweit ein Mega-Bestseller.Vergrößern des BildesDer Sadomaso-Roman "Shades of Grey - Geheimes Verlangen" ist weltweit ein Mega-Bestseller. (Quelle: imago / Goldmann)
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Liebe, Sex und Sadomaso: Darum geht es in dem neuen Mega-Bestseller "Shades of Grey - Geheimes Verlangen". Das Buch von E. L. James wurde weltweit bereits millionenfach verkauft. Auch hierzulande schaffte es der Erotikroman schon vor dem offiziellen Erscheinungsdatum am 9. Juli auf Platz drei der Bestsellerliste. Doch lohnt sich das Lesen des Romans, der in den USA aufgrund seiner Zielgruppe bereits als "Mommy Porn" oder "Hausfrauen-Porno" verschrien ist? Wir verraten es Ihnen.

Der Inhalt des 600-Seiten-Wälzers ist schnell erzählt: Die sexuell unerfahrene Studentin Anastasia Steele verliebt sich in den gutaussehenden Milliardär Christian Grey und hat jede Menge Sex mit ihm. Das Problem ist nur: Während Anastasia die Blümchenvariante bevorzugt, steht Christian aufgrund einer verkorksten Kindheit nur auf harten Sadomaso-Sex (O-Ton: "Ich schlafe nicht mit jemandem. Ich ficke ... hart"). Wirklich ein ganz verzwicktes Dilemma - kein Wunder, dass Frau James die Geschichte nicht in einem Band fertig erzählen konnte, sondern gleich eine ganze Trilogie schreiben musste (Band zwei und drei kommen im Herbst auf den deutschen Markt).

Bei dieser Problematik dürfen natürlich seitenlange detaillierte Sexbeschreibungen nicht fehlen. Ein kurzes Beispiel soll hier genügen: "Ich schließe die Augen, blende den Raum aus, blende ihn aus (...) und die Gerte. Erneut bearbeitet er mit kurzen, beißenden Hieben meinen Bauch, dann zielt er auf meine Klitoris, einmal, zweimal, dreimal, wieder und wieder. Ich kann mich keine Sekunde länger beherrschen und komme, stöhnend und laut schreiend, ehe meine Knie nachgeben und ich in meinen Fesseln zusammensacke."

"Jene Stelle, an der sich meine Beine begegnen

Wirklich erotisch oder fesselnd sind die Sexszenen jedoch nicht. Vokabular, Talent und Fantasie der Autorin scheinen recht begrenzt zu sein, so dass sich beim gefühlt hundertsten Koitus der Hauptfiguren eher Langeweile als Lust einstellt. Zudem kommen die Sexszenen für einen Erotikroman in einer erstaunlich biederen Sprache daher. Dass wie oben das Wort "Klitoris" fällt, ist eine Ausnahme (und auch nur in der deutschen Übersetzung zu lesen). Ansonsten wird ein wenig verschämt von "tief in meinem Unterleib" geredet, von "da unten" oder "jener Stelle, an der sich meine Beine begegnen".

Sprachlich lässt der Roman jegliches Abwechslungsreichtum vermissen und liest sich so billig wie die Fan Fiction auf "Twilight"-Webseiten, mit der E. L. James ihre Schriftstellerkarriere begann. Die Hauptfiguren stöhnen, keuchen, seufzen und schreien, was das Zeug hält, und alles, was geschieht, wird von Anastasia mit "wow" kommentiert. Zudem scheint die brave Studentin merkwürdig besessen davon, wie ihre Frisur nach dem Sex aussieht. Die Worte "postkoitale Haare" – wer hat sie noch nicht benutzt? – fallen wieder und wieder.

Bekehrung zum Blümchensex

Auf den ersten Blick mag "Shades of Grey" wie ein tabubrechender Sadomaso-Roman wirken. Doch eigentlich liegt ihm eine ziemlich biedere Moralvorstellung zugrunde. Denn ganz offensichtlich ist Christians Leidenschaft zu harten Sex-Praktiken nur in seiner schweren Kindheit begründet. Erst dank Anastasia kann er sich auch für normalen Verkehr begeistern. Und das Happy End, das noch zwei Bände entfernt liegt, kann man sich schon nach den ersten Seiten denken. Anastasia wird ihren Lover schon noch zähmen und dauerhaft zum Blümchensex bekehren.

Wie heißt es so schön in einem alten Witz: "Wieso gucken Frauen Pornos bis zum Schluss? - Weil sie denken, am Ende wird geheiratet." Es würde nicht verwundern, wenn die "Shades of Grey"-Trilogie diese Frauenfantasie endlich erfüllt.

Ein Literatur gewordener One-Night-Stand

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Dass dank "Shades of Grey" erotische Literatur plötzlich salonfähig wird, ist an sich nichts Schlechtes. Doch wenn schon erotische Literatur, dann doch bitte gut gemachte. Und das ist "Shades of Grey" nicht. Der Roman ist schlicht zu platt, zu monoton, zu stumpf - kurzum: eine Art Literatur gewordener One-Night-Stand. Aber vielleicht ist es ja genau das, wovon seine Millionen braven Leserinnen träumen.

"Shades of Grey - Geheimes Verlangen"
E. L. James
Goldmann, Juli 2012
€ 12,99

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