Im Anzug und mit BrautstrauĂ: Sind Boerne und Thiel jetzt etwa ein Paar?
Wie ein kauziges altes Ehepaar haben sich Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) schon immer verhalten - das hat in ihrem neuen "Tatort" aus MĂŒnster nun aber ungeahnte Folgen: In Boernes Wohnung findet der Kommissar ein "Hochzeitsfoto" der beiden - was ihn selbst so sehr ĂŒberrascht, dass es ihn beinahe schon in den ersten Minuten des 27. Falls (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) dahinrafft: Thiel verschluckt sich vor Schreck an einem Schnittchen und erstickt fast daran.
Darum geht's
Nur der beherzte Luftröhrenschnitt seines Möchtegern-Ehegatten bewahrt den nach Luft japsenden Kommissar vor dem frĂŒhzeitigen Tod. Was Boerne sehr gelegen kommt, denn durch seine Rettungsaktion hat er Thiel in der Hand: Er will seinem todkranken Patenonkel Gustav von Elst (Christian Kohlund) aus Florida, einem "bekennenden Homosexuellen", wie er Thiel erklĂ€rt, vorgaukeln, dass er nunmehr auch seine Liebe zu MĂ€nnern entdeckt habe und mit dem Kommissar zusammenlebe. NatĂŒrlich nur, weil Boerne sein mögliches Erbe - eine Villa in Florida, in der der Professor gerne seinen Ruhestand verbringen wĂŒrde - im Blick hat.
Der liebe Gustav taucht dann allerdings plötzlich höchstpersönlich und quietsch fidel bei den beiden auf. Klar: Das ist nicht der originellste Plot aller Zeiten. Doch er passt zum launigen Grundton der MĂŒnster-"Tatorte" und wird auch nicht ĂŒberstrapaziert.
Darum geht's eigentlich
Einen Mordfall haben Boerne und Thiel neben all den privaten Verstrickungen natĂŒrlich auch noch aufzuklĂ€ren: Ein junger Brasilianer liegt mit aufgeschlitzter Kehle im KĂŒhlhaus eines Restaurants. Was wollte er in MĂŒnster? Portugiesischen Wein an die Weinhandlung des Ehepaars Schosser (Sunnyi Melles und Uwe Preuss) verkaufen, wie dieses behauptet? Welche Rolle spielt deren Problem-Sohn bei der ganzen Angelegenheit? Und gar Erbonkel Gustav, der den Toten geliebt hat?
Das bitte bleiben lassen
"ErklĂ€re ChimĂ€re" heiĂt der MĂŒnster-"Tatort", was leider ein wenig die Auflösung des Falls vorwegnimmt, die wegen ihrer recht uninspirierten Art das einzige Manko dieses Krimis ist. Wer also nicht sowieso schon weiĂ, was es mit dem Wesen aus der griechischen Mythologie und möglichen weiteren Bedeutungen des Begriffs auf sich hat, sollte das auch tunlichst nicht nachgoogeln. Professor Boerne wĂŒrde das gerne selbst erklĂ€ren. Sofern ihm "Alberich" nicht wieder die Pointe klaut.
Das macht's sehenswert
Krimi und Klamauk - die MĂŒnsteraner "Tatorte" fanden bisher nicht immer die richtige Mischung. Doch in diesem Fall gelingt es den Machern, die Balance zu halten. Irrungen, Wirrungen und TĂ€uschungen - der Mordfall bleibt rĂ€tselhaft bis zum Schluss. Boerne und Thiel beim Versuch zuzusehen, ein schrulliges schwules Paar zu spielen, macht SpaĂ und rutscht auch nie ins Peinliche ab.
Und nicht nur das: Die Nebenhandlungen um StaatsanwĂ€ltin Klemms (Mechthild Grossmann) mysteriösen Krankenhausaufenthalt, Nadeshda Krusensterns (Friederike Kempter) lĂ€ngst ĂŒberfĂ€llige Beförderung zur Kommissarin, sowie das ĂŒbliche GeplĂ€nkel zwischen "Alberich" (ChrisTine Urspruch) und Boerne sind einfach sehenswert.