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"Promi Big Brother": Ein Käfig voller Narren


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"Promi Big Brother"
Ein Käfig voller Narren

MeinungEine Kolumne von Janna Halbroth

Aktualisiert am 19.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Jörg Dahlmann: Im Talk mit Jochen Schropp und Marlene Lufen.Vergrößern des Bildes
Jörg Dahlmann: Im Talk mit Jochen Schropp und Marlene Lufen. (Quelle: SAT.1/Willi Weber)

Es regt sich noch, das lineare Fernsehen. Und spuckt TV-Momente aus, die bleiben. Schrill, schräg, schnell, krawallig: So präsentiert sich das neue "Promi Big Brother".

Eine Kolumne von Janna Halbroth

Man sagt ja: Totgesagte leben länger. So kommt es einem fast beim Schauen der neuen Staffel "Promi Big Brother" vor. Seit Jahren schon kann man nun auch halbwegs bekannte Personen unter 24-stündiger Kamerabewachung in einem Container beobachten. Die Luft ist da doch längst raus – könnte man meinen.

Was kann daran so toll sein, Sternchen dabei zu begutachten, wie sie entweder ihr Image polieren oder an Würde verlieren? Es ist vielleicht das wie und wer. In diesem Jahr präsentiert Sat.1 jedenfalls einen bunten Käfig voller Narren, der es hervorragend versteht, sich im Scheinwerferlicht zu winden und zu wandeln.

Jörg Dahlmann hat wenig zu verlieren

Am wenigsten zu verlieren hat dabei wohl der ehemalige Fußballkommentator Jörg Dahlmann. Der fiel in der Vergangenheit nicht nur mit einem unangebrachten Spruch über Sophia Thomalla auf, sondern auch noch mit einer rassistischen Bemerkung zu Japan. Beide Kommentare durfte er bei "Promi Big Brother" bereits wiederholen, wirkte fast stolz auf seine Entgleisungen.

Warum man ausgerechnet solchen Männern erneut eine Plattform bei Sat.1 bieten möchte, bleibt unklar. Dahlmann, ganz vom alten Schlag, erklärt sogar noch im Fernsehstudio: "Frauen kennen mich nicht", weil die natürlich mit Fußball nichts am Hut haben. Moderatorin Marlene Lufen korrigiert Dahlmann zwar, ob der aber richtig hinhört, bleibt zu bezweifeln.

Zum Glück wird Dahlmann bei "Promi Big Brother" auf eine Reihe moderner Frauen treffen, die ihn vielleicht eines Besseren belehren können. Da ist zum Beispiel die Realityshow-erprobte Walentina Doronina. Die hält in erster Linie viel von sich selbst und wenig von Männern, die sich in den Mittelpunkt spielen wollen, weswegen sie auch nach nur wenigen Stunden mit Jeremy Fragrance aneckt.

Jeremy wer? In einer Parallelwelt, in der in erster Linie Menschen unter 30 leben und sich auf dem Videoportal TikTok aufhalten, ist Fragrance ein Superstar. 5,9 Millionen Menschen folgen dem Duft-Influencer dort, zu Halloween verkleidet man sich sogar als er. Im Wesentlichen besteht seine Aufgabe darin, sich in einem weißen Anzug schwungvoll in eine Kamera zu drehen und Parfum an Fremden zu erschnüffeln. In der linearen Welt ist Fragrance allerdings noch kein Superhit und so teilt er sich das Schicksal mit seinen TV-Kolleginnen und -Kollegen, die alle nach Aufmerksamkeit im Scheinwerferlicht lechzen.

"Also könntest du 'Big Brother' kaufen", fasst "Prince Charming"-Kandidat Sam Dylan den Erfolg des Fragrances zusammen. "Ich kann aus einem Zitronenbaum keinen Apfelbaum machen", antwortet der ihm.

Ähnlich ratlos lässt einen Rainer Gottwald zurück. Der Boxmanager und ehemalige Boxprofi wirkt wie ausgedacht, wie eine Parodie seiner selbst. Die Haare einen Tick zu gelb, die Sonnenbrille einen Hauch zu dunkel, die Stirn eine Spritze zu gestrafft. In etwa so, als hätte sich der alte Biff Tannen aus "Zurück in die Zukunft" wieder in den Delorean geschmuggelt, um seinem jüngeren Ich den Sport Almanach zu überreichen und sich selbst zum Millionär zu machen. Nur hat Gottwald keinen Delorean und leider auch keinen Sport Almanach. Dafür hat er "Big Brother".

"Ich mache mir einfach keinen Kopf, sondern nur Brust"

Länger nicht mehr in einem Realityformat gesehen wurde Micaela Schäfer. Diese Durststrecke ist nun endlich vorbei. "Ich mache mir einfach keinen Kopf, sondern nur Brust", beschreibt die Berlinerin selbst ihr Gemüt, von dem sich so mancher Zweifler vielleicht noch eine Scheibe abschneiden könnte. DSDS-Kultkandidat Menderes Bağcı zum Beispiel. Der ist ewig mit dem Zweifel an sich selbst beschäftigt und gerät bei der Frage, als was man ihn denn betiteln könnte, mächtig ins Stottern. Er sei eigentlich Sänger, wenig erfolgreich zwar, aber dann ja auch Tänzer. Oder doch lieber einfach Entertainer?

Er solle sich nicht kleinmachen, rät ihm Micaela Schäfer. "Wir haben doch alle irgendwie unsere Daseinsberechtigung", ermuntert sie ihn. Habt ihr auch. Sei es Sam Dylan, der Indien nahe Florida einordnet, Diana Schell, die sich im schönsten Erotiksprech allen mit "Di Ana" vorstellt und damit für die schönste Verwirrung seit es "Frau Keludowig" gibt, sorgt. Oder Walentina, die die alte Weisheit "Was passiert, was passiert", proklamiert. Sie alle haben ihre Daseinsberechtigung. Und sei es nur deswegen, weil sie es geschafft haben, dass man als Zuschauerin an diesem Abend für knapp vier Stunden einmal nicht an Krieg, Corona, Inflation, Trump oder sonstige Schrecken gedacht hat.

Die aktuelle Wohnsituation
Dachboden: Jeremy, Jennifer, Sam, Walentina und Jörg K.
Garage: Tanja, Micaela, Menderes, Diana, Doreen, Jay und Jörg D.
Loft: Rainer
Exit: -

Verwendete Quellen
  • Sat.1: "Promi Big Brother" vom 18. November 2022
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