t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeMobilitätRecht und Verkehr

BGH erlaubt Videobeweis – bin ich ohne Dashcam im Nachteil?


Verkehrsrechtsanwalt klärt auf
Eine Kamera im Auto birgt Gefahren

Von Markus Abrahamczyk

15.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Qualitativ geprüfter Inhalt
Qualitativ geprüfter Inhalt

Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Mit kurzem Tastendruck wird die Dashcam aktiviert: Das BGH erlaubt die Aufnahmen als Beweis vor Gericht.Vergrößern des Bildes
Mit kurzem Tastendruck wird die Dashcam aktiviert: Das BGH erlaubt die Aufnahmen als Beweis vor Gericht. (Quelle: Marius Becker/dpa-bilder)

Ein neues Urteil des BGH erlaubt Dashcam-Videos als Gerichtsbeweis. Rechtsbewusste Autofahrer freuen sich zu früh, warnt ein Experte: Die Kameras würden Kläger zum Angeklagten machen. Und mancher werde sich selbst an den Galgen liefern.

Sind Dashcam-Videos als Beweismittel erlaubt oder nicht? Das ewige Hin und Her um die kleinen Kameras hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) – vermeintlich – beendet: Die Aufnahmen dürfen vor Gericht verwendet werden, urteilten die Karlsruher Richter.

Beendet ist hier noch gar nichts, sagt Jens Dötsch. Auf t-online.de erklärt der Verkehrsrechtsanwalt, warum wir beim Thema Dashcam vielleicht bald wieder ganz am Anfang stehen – und warum man sich gut überlegen sollte, ob man wirklich eine Dashcam nutzen will.

Endlich Klarheit! Viele Autofahrer begrüßen das Urteil des Bundesgerichtshofs. Sie auch?

Jens Dötsch: Ich weiß noch nicht, ob das Urteil das Ende der Fahnenstange ist. Denn es beißt sich insbesondere mit der neuen EU-Datenschutzverordnung, die gerade erst in Kraft getreten ist. Anders gesagt: Das heutige Urteil ist ein ganz klarer Verstoß gegen den Datenschutz.

Was genau ist das Problem?

Die Kameras sind längst viel zu gut, um nur ein Vergehen aufzunehmen. Sie filmen mit Weitwinkel und gestochen scharf auch die Gesichter aller Passanten. Und mit ihnen ließen sich sogar ganze Bewegungsprofile erstellen. Außerdem: Was sind die langfristigen Folgen? Eine von ihnen könnte sein, dass wir irgendwann alle nur noch mit Kamera aus dem Haus gehen und uns gegenseitig überwachen. Das Urteil kann viele Folgen haben, die über den verhandelten Einzelfall weit hinausgehen. Und da wird sich der Gesetzgeber überlegen müssen: Wollen wir das?

Also ist jetzt doch nicht alles klar?

Nein, ich gehe davon aus, dass sich auch das Bundesverfassungsgericht (BVG) mit dem Thema beschäftigen wird. Gut möglich, dass das BVG das heutige Urteil kassieren wird.

Und was dann?

Dann stünden wir wieder am Anfang.

Aber erstmal sind Videoaufnahmen als Beweis erlaubt. Bin ich als Autofahrer nun im Nachteil ohne Dashcam?

Überhaupt nicht. Oftmals könnte sogar das Gegenteil der Fall sein. Stellen Sie sich vor, Sie haben zwar vielleicht ein Vergehen gefilmt und wollen Ihr Recht durchsetzen. Gleichzeitig haben Sie aber gegen den Datenschutz verstoßen. Sie kriegen also ein Verfahren an den Hals. So wird der Kläger zum Angeklagten. Und wer von uns macht keine Fehler im Verkehr? Von den Schlangenlinien – Stichwort Promillefahrt – mal ganz abgesehen. Das alles hat die Dashcam im Video. Man liefert sich selbst an den Galgen.

Aber wer vernünftig fährt, hat doch nichts zu befürchten.

Das ist nicht gesagt. Die Polizei wird ganz bestimmt künftig bei Kontrollen auch darauf schauen, ob Dashcams dauerhaft laufen. Und dann gibt es ein Bußgeld. Diese Einnahmequelle wird man sich nicht entgehen lassen.

Dafür bin ich vor Gericht auf der sicheren Seite.

Nein. Die Gegenseite kann immer noch behaupten, dass die Aufnahme das Geschehen verzerrt wiedergibt. Oder dass die Aufnahme gefälscht ist. Ein Video vorzuweisen bedeutet noch lange nicht, einen Prozess zu gewinnen.

BGH macht Vorgaben für künftige Dashcams
Das BGH-Urteil hat auch klargemacht, wie diese Kameras künftig auszusehen haben. Der anlasslose Dauerbetrieb weiter verboten und strafbar. Hersteller könnten aber eine "kurze Aufzeichnung des unmittelbaren Unfallgeschehens" ermöglichen, etwa durch ein "dauerndes Überschreiben in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeugs".

Wenn aber in vielen Autos eine Kamera läuft, reißen sich die Fahrer wenigstens mehr zusammen als bisher.

Das könnte sein. Andererseits schaukeln sich ja solche Situationen hoch. Das kennt man sicherlich aus eigener Erfahrung. Und dann vergisst mancher dennoch, dass gerade eine Kamera läuft. Aber wegen der Beweismöglichkeit könnte es tatsächlich sein, dass mehr Dashcams auch zu mehr Vernunft und damit zu weniger Straftaten führen.

Also kein generelles Nein zur Dashcam?

Wenn Sie mich persönlich fragen: Eine Dashcam ist nicht grundsätzlich problematisch. Aber die Kameras sollten weniger scharf filmen und nicht auch noch die Gesichter von Passanten. Sondern nur Fahrbewegungen. Und dafür braucht die Kamera nicht Weitwinkel und Full-HD.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website