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BND-Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht: Wie weit darf der deutsche Geheimdienst gehen?ung


Streit um Massenüberwachung
Wie weit darf der deutsche Geheimdienst gehen?

Von dpa
14.01.2020Lesedauer: 3 Min.
BND Überwachungsstation in Bad Aibling: Wie geht der BND mit den Daten deutscher Staatsbürger um?Vergrößern des BildesBND Überwachungsstation in Bad Aibling: Wie geht der BND mit den Daten deutscher Staatsbürger um? (Quelle: Matthias Schrader/ap-bilder)
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Täglich telefonieren wir, oder schreiben E-Mails. Auch im Urlaub. Die Gespräche deutscher Staatsbürger darf der Bundesnachrichtendienst nicht abhören und muss diese löschen. Doch ist das technisch überhaupt möglich? Um Fragen wie diese geht es derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht.

Brisante Informationen sammeln, Verschlüsselungen knacken, Verdächtige observieren: Die meisten Menschen können sich nur vage vorstellen, wie ein Geheimdienst eigentlich arbeitet. Spätestens seit dem NSA-Skandal und Edward Snowden ist klar: Geheimdienste können ihre Macht missbrauchen. Der deutsche Bundesnachrichtendienst muss sich beim Durchforsten der weltweiten Datenströme seither an genauere Regeln halten. Kritiker befürchten dennoch Überwachung durch den Staat. Deshalb verhandelt seit Dienstag das Bundesverfassungsgericht über eine Klage von Journalisten.

Worum geht es?

Mit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden im NSA-Skandal gerät nach 2013 auch der Bundesnachrichtendienst (BND) in die Kritik. Der deutsche Auslandsgeheimdienst mit seinen rund 6.500 Mitarbeitern soll an der beispiellosen globalen Massenüberwachung seinen Anteil gehabt haben. Als Reaktion regelt die Politik zum ersten Mal detailliert, was der BND bei der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung im Ausland zu tun und zu lassen hat. Anfang 2017 tritt das reformierte BND-Gesetz mit den Vorschriften in Kraft.

Ist das keine Verbesserung?

Im Grunde schon. Aber Kritiker halten die vorgesehenen Beschränkungen und Kontrollen für unzureichend und sehen viele Schlupflöcher. So schützt das Gesetz zwar alle Deutschen und bis zu einem gewissen Grad auch alle EU-Bürger vor Ausspähung. Für die Menschen in anderen Ländern gelten diese Vorgaben aber nicht. "Das BND-Gesetz führt im Grunde eine Art Drei-Klassen-Gesellschaft ein, so als gäbe es ein Grundgesetz light", kritisiert Ulf Buermeyer von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Karlsruher Klage angestoßen hat.

Weshalb soll das ein Problem sein?

Das BND-Gesetz bestimmt, dass Kommunikation von Deutschen, die versehentlich mit abgefangen wird, sofort wieder gelöscht werden muss. Nach Darstellung der GFF gibt es aber gar nicht die technischen Möglichkeiten, um das sicherzustellen. Das grundgesetzlich geschützte Fernmeldegeheimnis werde so mit Füßen getreten. Das könne jeden treffen. Besonders deutlich werde das Problem aber bei einer Berufsgruppe: Journalisten. Die GFF hat sich deshalb mit Reporter ohne Grenzen (ROG) und anderen Medienorganisationen zusammengetan.

Warum sehen sich Journalisten besonders betroffen?

Sie sind bei der Berichterstattung über Auslandsthemen oft auf die Zuarbeit lokaler Kollegen angewiesen. In jüngster Zeit arbeiten Redaktionen auch öfter bei internationalen Recherchen mit ausländischen Partnermedien zusammen. Beispiele sind die Recherchen zu den Panama Papers, oder den Football-Leaks. "So etwas geht nicht ohne Quellen", sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Karlsruhe. Die Angst, überwacht zu werden, könne Informanten davon abhalten, ihr Wissen über Missstände Journalisten anzuvertrauen. Dadurch werde "ein geschützter Bereich für freie, kritische Arbeit beschnitten".

Ist an den Vorwürfen etwas dran?

Dass jemand zu Unrecht ausgespäht wurde, lässt sich nur schwer nachweisen. Als Kläger präsentieren GFF und ROG deshalb Investigativjournalisten aus sechs verschiedenen Ländern, die sie für besonders gefährdet halten. Bestärkt sehen sie sich durch einen "Spiegel"-Bericht von Anfang 2017. Danach hat der BND mindestens 50 Telefonanschlüsse oder E-Mail-Adressen von Reportern und Redaktionen bespitzelt, darunter die britische BBC, die "New York Times" und die Nachrichtenagentur Reuters in Afghanistan, Pakistan und Nigeria.

Was sagen der BND und die Bundesregierung dazu?

"Wir sind der Auslandsnachrichtendienst, also müssen wir auch im Ausland Nachrichten beschaffen können", sagt BND-Präsident Bruno Kahl. Und er versichert: Dabei würden die Grundrechte der Deutschen und auch von Ausländern ausreichend geschützt. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) verweist auf die Terrorgefahr. Die Bundesregierung müsse wissen, wo sich deutsche Gefährder im Ausland aufhalten oder wie sich der Islamische Staat (IS) entwickelt. "In einer Zeit, wo Nachrichten sehr interessengesteuert und teilweise auch falsch verbreitet werden, brauchen wir da eigene Erkenntnisse." Dafür sorge der BND. "Und dazu braucht er flexible Arbeitsmöglichkeiten, die aber natürlich umfassend kontrolliert werden", sagt Braun.

Was geschieht jetzt, und wie geht es weiter?

Die Richter des Ersten Senats sind mit kritischen Fragen in die Verhandlung gestartet – und haben noch viele weitere: Wie filtert der BND mit Suchbegriffen die Datenströme? Welche Informationen werden an ausländische Geheimdienste weitergegeben? Funktioniert die vorgesehene Kontrolle? Die Verhandlung soll am Mittwoch fortgesetzt werden. In den Wochen danach beraten die Richter dann im Geheimen und arbeiten ihr Urteil aus. Sehen sie Grundrechte verletzt, könnten sie der Politik aufgeben, strengere Regeln zu schaffen. Verkündet wird das Urteil erfahrungsgemäß einige Monate nach der Verhandlung.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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