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Künstliche Intelligenz: "Ich glaube, da steckt eine riesige Chance drin"


"Die KI-Revolution passiert und es wird wehtun"

t-online, Helge Denker

02.05.2017Lesedauer: 6 Min.
Hans-Christian Boos, beschäftigt sich seit vielen Jahren beruflich mit Künstlicher IntelligenzVergrößern des BildesHans-Christian Boos, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Künstlicher Intelligenz (Quelle: Matt Greenslade/photo-nyc.com)
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Hans-Christian Boos ist der deutsche Pionier in Sachen Künstlicher Intelligenz. Der Gründer des Start-ups Arago sieht die industrielle und gesellschaftliche Revolution der Maschinen in vollem Gange. Wir alle sollten mitreden, um schmerzhafte Einschnitte zu vermeiden.

t-online.de: Herr Boos, werden Sprachassistenten, wie in Amazon Echo oder Apples Siri, bald die Mitarbeiter in Call-Centern ersetzen? Sprechen wir da bald nur noch mit Bots?

Hans-Christian Boos: Ich glaube, wir sind am Ende dieser Zeit, in der immer mehr Services wegoptimiert werden. Ich glaube, dass die Services von Mensch-zu-Mensch zurückkommen. Denn beim Service am Menschen sind Menschen viel besser als Maschinen. Bisher war es ein Trend, Services immer billiger zu machen und den Faktor Mensch herauszunehmen. Ich glaube, dass "Service" sehr schnell ein wichtiger Einstellungsfaktor wird. Wenn der Rest, um etwas zu produzieren, immer günstiger wird, kann man in Service viel mehr Geld reinstecken. Wenn wir mehr KI-getriebene Prozesse bekommen, wird Service ein großer "menschlicher Teil" werden.

Sprachsteuerung ist ja heute noch nicht perfekt, aber mit Alexa und Co. kann man prima herumspielen. Sie versteht meistens, was man sagt. Führt das nicht dazu, dass einfache Fragen in Zukunft von Computern erledigt werden?

Persönliche Assistenten sind super-interessant. Sie sind für die etablierten Firmen eine Überraschung. Weil sich da auf einmal etwas zwischen sie und die Konsumenten schiebt, was man so nicht erwartet hat. Oder sie machen sogar noch mit! Ich glaube, dass sich diese Kommunikationsplattform durchsetzen wird. Momentan ist sie aber noch nicht gut genug. Aber es ist ein Trend: 24 Stunden, sieben Tage die Woche seinen persönlichen Assistenten zu haben. Man kann aber nicht jedem einen Assistenten beiseite stellen. Irgendwann hat der Assistent dann wieder einen Assistenten und so weiter. Nach dieser Phase kommt dann der menschliche Service wieder zurück.

Wir tun ja gerade so, als wäre das noch Zukunftsmusik. Was wäre denn ein Beispiel für den Einsatz künstlicher Intelligenz im Alltag?

Ich sage immer "macht drei Bilder mit dem Telefon", da ist ein Bild-Erkennungs-Algorithmus drin, das ist künstliche Intelligenz. Das benutzt heute jeder. KI, das sind Maschinen, die eigenständig etwas erleben. Und die Technologien, die dahinter stecken, wie zum Beispiel "Machine Learning". Dies ist letztendlich Mustererkennung und Optimierung - und die kann man in allen möglichen Dingen finden. Mittlerweile wird ja alles, was Statistik ist, KI genannt.

Gehen da nicht auch viele Begriffe durcheinander? Big Data, Machine Learning, auch so ein Buzzword...

Es hört sich halt cool an. Etwas schade dass das so vermischt wird. Es gibt halt mehrere Arten, die hinter dem Thema künstliche Intelligenz stehen. Und wenn ein Thema nach oben kommt, gibt es häufig diese Assoziationen: "Machine Learning ist KI". Es ist aber nur ein Teil davon.

Was können denn Computer besser als Menschen? Und was wird ein Mensch auch auf längere Sicht besser können als ein Computer?

Ein Mensch kann alles besser, was kreativ ist. Alles was von Mensch zu Mensch geht. Und alles, was mit den letzten Entwicklungen des Menschen zu tun hat, also Dinge, an denen die Evolution schon lange arbeitet. Für Maschinen ist Laufen unglaublich schwierig, auch Sprache ist für Maschinen praktisch unmöglich. Der Mensch benutzt dafür das ganze Gehirn. Da stecken ein paar Millionen Jahre Evolution drin. Die wenigsten Menschen können nicht-euklidsche Geometrie sehr gut. Das können Maschinen wiederum sehr gut. Sie sind unglaublich zuverlässig. Wenn wir einer Maschine beigebracht haben, wie etwas Normales oder Auffälliges auf einem Röntgenbild aussieht, dann wird sie das zu jeder Zeit auf einem Bild finden. Egal wie oft. Wenn wir ihr beigebracht haben, bestimmte Prozesse zu durchlaufen, dann macht sie das auch, zum Beispiel Rechnungen abgleichen, Einkauf, auch Verhandlungen.

Das menschliche Gehirn kann sich - zumindest teilweise - selbst heilen. Wie sieht das bei Computern aus?

Man versucht heute, anti-fragile Systeme zu bauen. Die Idee von Cloud Computing lautet: Wenn eine Maschine zu langsam ist, werfen sie diese weg und nehmen die nächste. Das sind erste Ansätze. Wir versuchen heute, Systeme so zu designen, dass sie passgenau funktionieren. Biologische Systeme sind solche, die sich möglichst schnell von Problemen erholen, weil es immer irgendwelche Probleme gibt. Das ist der Ansatz, der die Wiederherstellung nach vorn stellt und nicht Punktlösungen. Das hat aber weniger mit KI zu tun, sondern ist eher eine Frage des Designs.

Einige Experte warnen vor künstlicher Intelligenz und davor, das Wissen der Welt in Datenbanken zu verbinden und so eine Art "allwissende Maschine zu erschaffen, die übermächtig wird.

Von den Experten wird immer nur zitiert, dass sie warnen. Es steckt ja auch eine große Gefahr darin. Doch die ist nicht, dass die Maschinen uns überholen, uns evolutionär überflüssig machen und wir die Regenwürmer von morgen sind. Die Gefahr ist, dass wir eine Entwicklung einläuten, mit der wir uns noch nicht beschäftigt haben. Wenn man sich die ganzen industriellen Revolutionen anschaut, waren die alle nicht sehr angenehm für die Menschen. Langfristig schon, aber kurzfristig nicht. Wir stehen vor der Frage: Soll es weh tun oder nicht? Es ist schon passiert. Und zwar nicht die Singularität, wo die Maschine uns in allen Fähigkeiten übertrifft. Aber die Frage: "Was machen wir eigentlich?" sollten wir beantworten, bevor die Maschinen es tun. Dann sitzen wir da...

Und dieser Prozess ist unumkehrbar?

Ja, das sehe ich so. Und interessanterweise haben ihn die Konsumenten losgetreten und nicht Firmen. Bisher waren es immer Unternehmer. Egal, ob Dampfmaschine, Eisenbahn, Stromnetz oder Roboter in Fabriken, das waren immer Unternehmen, die nach Effizienz strebten. Dieses Mal, sind es Konsumenten, die Komfort haben wollen. Sie haben Druck aufgebaut, benutzen Services, die Komfort bieten. Das setzt die etablierte Wirtschaft unter Druck und deshalb sage ich, dass man das nicht mehr aufhalten kann.

Wir umgeben uns auch immer mehr mit Virtualität. Augmented Reality ist so ein Beispiel, und wie so häufig fängt es mit Spielen an. Stellen Sie sich vor, aus ihrer Wasserleitung kommt jetzt auch noch Rohstoff für einen 3D-Drucker. Dann drucken Sie Ihre Dinge zu Hause und müssen sie nicht mehr geliefert bekommen. An diesen Problemen wird gearbeitet, da stecken enorme Umwälzungen drin. Sind wir dafür bereit?

Sind wir Deutschen zu kritisch gegenüber Technik?

Ich glaube, wir tun nur so. Das kann man auch an den Statistiken von sozialen Netzwerken sehen. Da sind die Deutschen ganz vorn mit dabei...

Gleichzeitig haben wir die größten Bedenken wegen Datenschutz...

...und mit Recht!

Wirklich?

Die Frage, wem Daten gehören und ob Personen transparent werden sollen, das muss man diskutieren. Deshalb auch diese warnenden Stimmen zur KI. Wenn alles, was ein Prozess ist, heute von einer KI übernommen werden kann, dann ist die Frage: Wie kann ich das implementieren? Die meisten Unternehmen arbeiten seit 200 Jahren an ihren Geschäftsprozessen. Was machen wir Menschen dann noch? Ich glaube, da steckt eine riesige Chance drin. Wir arbeiten seit 200 Jahren daran, dass Menschen wie Maschinen arbeiten. Ich glaube, so viele depressive Menschen wie jetzt gab es noch nie. Vielleicht finden wir wieder dazu zurück, dass Menschen Dinge tun, die menschlich sind und die sie glücklich machen.

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Im Moment füttern wir Maschinen...

Ja, wir arbeiten wie Maschinen, damit unser ganzer Komfort funktioniert. Damit Geld aus dem Bankautomaten kommt und Pizza geliefert wird. Das macht uns unglücklich. Jetzt kommen die Maschinen, machen den Krempel und darin steckt eine Riesen-Chance: Wir werden den Kreativen wieder einen Wert zuweisen. Egal, ob es Künstler, Erfinder oder Pioniere sind. Alle drei haben in Deutschland eine große Tradition. Wir machen Dinge gern richtig. Das sind diese besonderen Eigenschaften, die wir haben. Damit kann man die eine Hälfte der Menschen glücklich machen. Und indem die andere Hälfte mit dem was sie tut andere zum Lächeln bringt, bekommt sie sofort Feedback zurück. Wenn Service und Menschlichkeit wieder etwas wert sind, dann kommen sie mit den Grundeigenschaften, die der Mensch hat, schon recht weit.

Ist KI eine Chance für die Zukunft?

Wenn KI wie die Dampfmaschine gekommen wäre, hätten wir nur eine Effizienz-Sammlung. Aber es sind KI und neue Wirtschaft gleichzeitig gekommen. Die alte Wirtschaft steht jetzt unter Druck, sich neu erfinden zu müssen. KI kann dabei helfen, Dinge effizienter und besser zu machen. Dadurch wird Geld und Personal frei, um sich neu zu erfinden. Dieses Zusammenkommen ist die große Chance.

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