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Vorratsdatenspeicherung in Deutschland: Das sollten Sie wissen


Beschlossene Sache
Was Sie zur Vorratsdatenspeicherung wissen sollten

Von reuters, dpa-tmn, t-online
Aktualisiert am 18.10.2015Lesedauer: 3 Min.
Auch Standortdaten von Smartphone-Nutzern sollen über die Vorratsdatenspeicherung erfasst werden.Vergrößern des BildesAuch Standortdaten von Smartphone-Nutzern sollen über die Vorratsdatenspeicherung erfasst werden. (Quelle: dpa-bilder)

Aller Kritik zum Trotz hat der Bundestag heute endgültig die Wiedereinführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Bis zu zehn Wochen sollen die Kommunikationsdaten in Deutschland gespeichert werden. Wir erklären, was wie gespeichert wird und wie Behörden auf die gigantische Sammlung zugreifen dürfen.

  • Festnetztelefon: Gespeichert werden die Rufnummern von Anrufer und Angerufenem sowie Beginn und Ende des Telefonats. Läuft das Gespräch über IP-Telefonie (VoIP) werden auch die IP-Adressen von Anrufer und Angerufenem inklusive der Benutzerkennung festgehalten. Die Daten sollen zehn Wochen lang gespeichert werden.
  • Mobiltelefon: Auch hier wird gespeichert, wer wann und wie lange mit wem telefoniert. Zusätzlich wird festgehalten, in welcher Funkzelle sich das Telefon zum Zeitpunkt des Anrufs befindet. Auch bei SMS, MMS und Messenger-Nachrichten wird protokolliert, wann sie von wo an wen gesendet wurden – und wann sie empfangen wurden. Diese Daten sollen vier Wochen lang gespeichert werden.
  • Internetzugang: Hier wird die IP-Adresse des Anschlusses gespeichert. Sie wird als eine Art Hausnummer bei der Einwahl ins Internet vergeben. Dazu werden die vom Dienstanbieter vergebenen Nutzerkennungen sowie Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Internetnutzung festgehalten. Diese Daten sollen zehn Wochen lang gespeichert werden.
  • Das wird nicht gespeichert: Laut Bundesjustizministerium werden Inhalte der Kommunikation nicht erfasst oder aufgezeichnet. Daten zum E-Mail-Verkehr sollen nicht gespeichert werden. Auch sind den Angaben zufolge beim Surfen nur aufgerufene Server nachvollziehbar, aber nicht unbedingt jede einzelne angesehene Internetseite.
  • Wann dürfen die Daten verwendeten werden? Der Entwurf nennt hier etwa terroristische Straftaten sowie Attacken gegen Leib, Leben und Freiheit und Sexualdelikte. Ein Richter muss den Datenabruf billigen. Dabei soll er die Verhältnismäßigkeit im Blick behalten. Die betroffenen Personen sollen vor dem Abruf der Daten benachrichtigt werden. Wird eine heimliche Verwendung von einem Richter gebilligt, müssen sie nachträglich informiert werden. Wer sich nicht an die Bestimmungen zu Sicherung und Schutz der Daten hält, dem drohen Sanktionen. Zudem wird ein Straftatbestand der "Datenhehlerei" geschaffen.
  • Gibt es Schlupflöcher, um der Datenspeicherung zu entgehen? Ja, wer will, hat etliche Möglichkeiten, beim mobilen Telefonieren oder im Internet seine Spuren zu verwischen – etwa mit freigeschalteten Prepaid-Handys, die keiner bestimmten Person mehr zuzuordnen sind, oder mit Krypto-Telefonen, die Kommunikation sicher verschlüsseln und auch die Verbindungsdaten verschleiern. Im Internet können Verbindungsdaten unter anderem durch das Anonymisierungsnetzwerk TOR verborgen werden.

Ist die Vorratsdatenspeicherung überhaupt sinnvoll?

Der massenhaften Speicherung von Kommunikationsdaten ohne konkreten Verdacht schlug entsprechend scharfe Kritik von der Opposition entgegen. Renate Künast (Grüne) hält das Gesetz für verfassungswidrig. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki kündigte eine persönliche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an. Auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sowie ihr Vorgänger Peter Schaar haben erhebliche Zweifel daran, dass die Neuregelung mit den Grundrechten vereinbar ist.

Auch einer der vornehmlichen Zwecke der Vorratsdatenspeicherung – der Kampf gegen den Terrorismus – wird von Kritikern in Frage gestellt. Den Anschlag auf das französische Satire-Magazin Charlie Hebdo etwa konnten die französischen Sicherheitsbehörden trotz Vorratsdatenspeicherung nicht verhindern. Dennoch diente der Anschlag der Koalition als argumentative Stütze.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die EU-weiten Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung 2014 gekippt – wegen Verstößen gegen Grundrechte. In Deutschland gibt es schon seit Jahren kein Gesetz mehr dazu. Das Bundesverfassungsgericht hatte die deutschen Regelungen 2010 für verfassungswidrig erklärt.

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