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Kampagne: "A World Without 1": Forschung kämpft gegen Typ-1-Diabetes


Eins von 1.000 Kindern betroffen
So kämpft die Forschung gegen Typ-1-Diabetes


22.01.2019Lesedauer: 4 Min.
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Insulinspritze: Menschen mit der Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1 müssen sich täglich mehrfach Insulin spritzen, damit ihr Körper die Nahrung verarbeiten kann.Vergrößern des Bildes
Insulinspritze: Menschen mit der Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1 müssen sich täglich mehrfach Insulin spritzen, damit ihr Körper die Nahrung verarbeiten kann. (Quelle: Niehoff/imago-images-bilder)

Die Zahl der Kinder, die an Diabetes vom Typ 1 erkranken, wächst rasant. Wissenschaftler rätseln noch, warum und forschen intensiv dazu. Menschen, die diese Krankheit bekommen, sterben deutlich früher. Ziel der Forschung ist es, Typ-1-Diabetes auszurotten. Mit einer bundesweiten Kampagne sollen die Bürger aufgeklärt werden.

Typ-1-Diabetes bricht meist vor dem 16. Lebensjahr aus. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung. Das körpereigene Immunsystem bekämpft dabei jene Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die Insulin produzieren. Ohne dieses Stoffwechselhormon kann der Organismus jedoch keine Nahrung verarbeiten. Unbehandelt wäre die Krankheit tödlich.

Deshalb müssen Menschen mit Typ-1-Diabetes ein Leben lang täglich mehrfach Insulin spritzen. Ihr Essverhalten muss massiv überwacht werden, damit weder eine Unterzuckerung, noch eine Überzuckerung droht. Die Betroffenen führen ein Leben im Ausnahmezustand. Fast 350.000 Menschen sind in Deutschland erkrankt.

10 von 1.000 Kindern in Deutschland haben Typ-1-Risikogene

Viele tragen allerdings ein erhöhtes Risiko und die Zahl der Betroffenen, bei der es zum Ausbruch der Erkrankung kommt, steigt jährlich dramatisch an, warnen die Experten. Etwa alle zwölf Jahre verdoppele sich die Häufigkeit von Diabetes dieses Typs.

Typ-1-Diabetes hat nichts mit der Zuckerkrankheit Diabetes vom Typ 2 zu tun, die auch als Altersdiabetes bezeichnet wird. Bei dieser Zivilisationskrankheit ist Überernährung und damit einhergehendes Übergewicht der Auslöser.

Diese Krankheit ist ein "Sche1ßtyp". Das ist das provokante und deshalb aufsehenerregende Motto einer Kampagne des Helmholtz Zentrum München, das intensive Forschungsarbeit zu Typ-1-Diabetes leistet und die Bevölkerung aufklären möchte.

Betroffene müssen ihr Leben komplett umkrempeln

Im Alter von 17 Jahren wurde bei Karin Seyffarth Typ-1-Diabetes diagnostiziert. Aus heiterem Himmel hatte sie unnatürlich viel Durst: "Ich trank sechs Liter Wasser am Tag und habe mich dann selbst ins Krankenhaus eingeliefert, weil ich das äußerst komisch fand", beschreibt Seyffarth, die heute Mutter von zwei kleinen Mädchen ist, wie sich die Krankheit bei ihr bemerkbar machte.

Im Krankenhaus erhielt sie Insulin-Infusionen. "Ich hatte 14 Tage Zeit, mit dieser Krankheit klarzukommen." Sie musste lernen, wie man den Blutzucker misst und sich selbst Insulin spritzt, welche Auswirkung ein Stück Brot hat, was passiert, wenn man Alkohol trinkt und wie viel Insulin ihr Körper nach einer Pizza benötigt. Zunächst sind Betroffene und Eltern mit dieser Aufgabe vollkommen überfordert. "Die Krankheit tritt meist unerwartet und nicht selten lebensbedrohlich mit einer schweren Stoffwechselentgleisung auf", erklärt Gabriele-Anette Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München.

Das Tückische: Die Krankheit schreitet häufig lange im Verborgenen voran, weil sie zunächst keine Symptome verursacht. Auch die Zuckerwerte im Blut sind anfangs ganz normal. Die Forscher wollen deshalb die Krankheit im Frühstadium sichtbar machen.

Der Zucker ist nicht schuld an Typ 1 Diabetes

Die Wissenschaftler tappen noch im Dunkeln, wie es zu der Krankheit kommt. Es scheinen verschiedene Ursachen gleichzeitig zu sein. Dazu gehört ein erhöhtes genetisches Risiko.

Erstaunlicherweise ist der Zuckerkonsum jedoch gerade nicht entscheidend für den Ausbruch von dieser Art Diabetes, wie Anette-Gabriele Ziegler erklärt. "Es gibt derzeit überhaupt keinen Hinweis, dass Zucker zu Typ-1-Diabetes führt, weil es sich hierbei um eine Autoimmunerkrankung handelt. Auch Übergewicht hat keinen Einfluss", erklärt Ziegler und schließt damit einen Zusammenhang von Essverhalten und Diabetes Typ 1 aus.

Insulin:

Ohne das Stoffwechselhormon Insulin ist unser Körper nicht in der Lage, Nahrung zu verwerten. Bei gesunden Menschen wird es in der Bauchspeicheldrüse von bestimmten Zellen gebildet. Wenn das Insulin fehlt, kursiert Zucker im Blut. Denn das Hormon transportiert den Zucker normalerweise in die Körperzellen, wo er als Energie dient

Es gibt bestimmte Risikogene für Typ-1-Diabetes

Ein Kind von 1.000 erkrankt an Diabetes vom Typ 1. In fünf Jahren werden es doppelt so viele sein, prognostiziert die Wissenschaftlerin, die seit Jahren den Verlauf der Erkrankung erforscht. "Es gibt eine starke genetische Prädisposition", erklärt Ziegler. Bestimmte Gene tragen demnach die Erbinformation mit der Erkrankung.

Mehrere Studien mit Tausenden Teilnehmern in Bayern, Niedersachsen und Sachsen haben zum Ziel, die kleinen Patienten mit erhöhtem Risiko zu entdecken und ihnen dann zu helfen, indem sie die Krankheit mithilfe einer Immunisierung behandeln.

So haben die Wissenschaftler Modelle zur Früherkennung entwickelt, die weltweit einmalig sind. Derzeit wird einerseits ein Screening entwickelt, mit dem bereits Säuglinge direkt nach der Geburt über eine Blutuntersuchung auf Typ 1 Diabetes hin untersucht werden. Für Stoffwechselerkrankungen wie Zöliakie ist das bereits Standard. Schon jetzt können in den drei Bundesländern Kinder an einer solchen Untersuchung zur Diabetes-Früherkennung teilnehmen. Die Forscher wünschen sich jedoch, dass ein solcher Test Teil der Regelversorgung in Geburtskliniken wird.

Mit einer Immunisierung sollen die Kinder gesund werden

Schritt eins ist die Früherkennung und in einem zweiten Schritt wollen die Forscher die Kinder immunisieren. Auch dazu laufen mehrere Studien wiederum mit Tausenden Teilnehmern. Die Kinder erhalten dafür täglich eine kleine Menge Insulin ins Essen verabreicht. Der Körper soll so lernen, wieder normal auf das Insulin zu reagieren. Der Effekt ist vergleichbar mit einer Impfung. Das Immunsystem der Kinder soll korrigiert und die Krankheit aufgehalten werden. Die ersten Ergebnisse sind laut den Studienmachern vielversprechend, Nebenwirkungen gebe es praktisch keine.

Die Forscher suchen weitere Teilnehmer für ihre Studien, um das Programm auf ganz Deutschland auszuweiten, erklärt Prof. Dr. Otmar D. Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft: "Ich hoffe, dass viele Familien motiviert werden, an den Screening-Studien teilzunehmen. Wir gehen damit einen innovativen Weg der präventiven Medizin." Interessierte können sich für eine Teilnahme bewerben. Die Forscher sind zuversichtlich, dass sie hier einen Durchbruch in der Früherkennung erreichen.

Teilnahme an Studien zu Diabetes Typ 1

Die niedersächsische sucht noch Teilnehmer: An Fr1dolin können Kinder zwischen zwei und sechs Jahren teilnehmen.

In der Früherkennungsuntersuchung der Freder1k-Studie wird bei Neugeborenen bis zu einem Alter von vier Monaten anhand weniger Blutstropfen getestet, ob ein Kind Typ-1-Diabetes-Risikogene aufweist. Etwa 1 Prozent oder 10 von 1.000 Kindern in Deutschland haben Typ-1-Diabetes-Risikogene.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Helmholtz Zentrum München
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