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Aktuelle Forschung: Warum sich manche Menschen nicht mit Corona infizieren


Was bislang bekannt ist
Darum infizieren sich manche Menschen nicht mit Corona


Aktualisiert am 18.08.2022Lesedauer: 3 Min.
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Sommer im Olympiapark in München: Wo viele Menschen aufeinandertreffen, ist das Infektionsrisiko generell höher.Vergrößern des Bildes
Sommer im Olympiapark in München: Wo viele Menschen aufeinandertreffen, ist das Infektionsrisiko generell höher. (Quelle: Alexander Pohl/imago-images-bilder)

Die Corona-Sommerwelle flacht ab. Einige Menschen haben sich bereits mehrfach mit dem Virus angesteckt, andere bislang noch gar nicht – wie kommt das?

Urtyp, Alpha, Delta, Omikron, Subtyp BA.1, Subtyp BA.5 – in Deutschland hat das Coronavirus in seinen Varianten immer wieder zugeschlagen. Da die Impfstoffe vor allem bei den neueren Varianten nicht mehr zuverlässig schützen, haben sich auch viele geimpfte Menschen bereits mehrfach mit dem Virus infiziert.

Andere hingegen haben sich noch niemals angesteckt, obwohl sie exponiert, also dem Virus ausgesetzt waren. Dazu zählt unter anderem medizinisches Personal, das in den ersten Wellen auch im Beruf schlecht geschützt war, als es noch zu wenig Schutzkleidung gab. Berichtet wird aber auch von Familien in einem Haushalt, in dem alle Familienmitglieder bis auf eines infiziert waren.

Was steckt dahinter? t-online fragte den Immunologen Andreas Radbruch nach dem aktuellen Forschungsstand.

t-online: Herr Radbruch, es gibt verschiedene Forschungsansätze, um zu erklären, warum sich einige Menschen gar nicht infizieren oder sie asymptomatisch infiziert sind. Welche sind das?

Andreas Radbruch: Unser Immunsystem ist von Mensch zu Mensch sehr verschieden, geprägt von vielen verschiedenen Genvarianten und Immunreaktionen. Diese Individualität des Immunsystems spielt hier sicherlich eine große Rolle. Es beginnt damit, dass die Zellen des angeborenen Immunsystems bei einigen Menschen die Krankheitserreger besser erkennen, bei anderen schlechter. Diese Zellen alarmieren die T-Lymphozyten, die die Krankheitserreger sehr genau auseinanderhalten können und eine Immunreaktion einleiten. Die Reaktion kann gut oder weniger gut ausfallen, je nachdem, wie unser individuelles Immunsystem geprägt ist.

Wie sieht eine gute Reaktion aus?

Eine gute Immunreaktion verläuft schnell und eliminiert den Krankheitserreger, bevor er größeren Schaden anrichten kann. Man hat wenig oder keine Symptome.

Weiß man, woher Menschen diese gute T-Zell-Antwort haben?

Viele Menschen haben vorgeprägte T-Lymphozyten, die SARS-CoV-2 erkennen, wahrscheinlich aus früheren Infektionen mit anderen Coronaviren (Anm. der Redaktion: Bei vier unserer bekannten Erkältungsviren handelt es sich um Coronaviren, die als endemisch gelten). Wir nennen das Kreuzreaktivität. Solche Menschen können also aus dem Stand eine Immunreaktion gegen SARS-CoV-2 starten.

Andreas Radbruch
Andreas Radbruch (Quelle: Gero Breloer)

Dr. Andreas Radbruch

ist Immunologe und Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin. Er berät u. a. auch den Gesundheitsausschuss des Bundestages.

Das funktioniert nach dem gleichen Mechanismus wie die Impfungen, oder?

Ja, es ist die gleiche Wirkweise. Das Immunsystem ist vorbereitet, erkennt gewisse Strukturen wieder und reagiert schnell und effizient. Die bisherigen Impfstoffe schützen allerdings vorwiegend vor schwerer Erkrankung. Einen Schutz vor Infektion bieten weder die vorgeprägten T-Lymphozyten noch die Antikörper im Blut.

Wie ließe sich eine Ansteckung verhindern?

Dazu braucht es Antikörper auf den Schleimhäuten der Atemwege, die das Andocken der Viren an unsere Zellen verhindern.

Welche Rolle spielen die Gene bei jenen Menschen, die sich offenbar nicht infizieren?

Ob es Gene gibt, die die Ansteckung komplett ausschließen, ist noch unklar. Aber wir wissen, dass es bestimmte Genvarianten gibt, die einen Einfluss darauf haben, wie schwer der Krankheitsverlauf sein wird. Einige dieser Gene haben wir übrigens von den Neandertalern geerbt. Und Forscher der Uni Duisburg-Essen haben jüngst eine Genvariante identifiziert, die das Risiko, an einem schweren Covid-Verlauf zu versterben, um 35 Prozent senkt.

Auch die Blutgruppen scheinen eine Rolle zu spielen?

Wenn die Viren sich in einem Menschen mit einer bestimmten Blutgruppe vermehren, nehmen sie quasi diese Blutgruppe an. Infizieren sie dann einen Menschen, der Antikörper gegen diese Blutgruppe hat, werden die Viren von diesen Antikörpern attackiert.

Welche Blutgruppe schützt am besten?

Am besten sind Menschen mit der Blutgruppe 0 geschützt, die Antikörper gegen A und B haben.

Geforscht wird auch daran, welchen Einfluss das Mikrobiom auf eine Infektion mit Corona hat. Worum geht es da?

Das Mikrobiom sind die Mikroorganismen, die unsere Haut und die Schleimhäute besiedeln. Sie benutzen unser Immunsystem, um Konkurrenten auszuschalten, aber auch, um sich selbst auf den Schleimhäuten festzusetzen. Es gibt vorläufige Ergebnisse, dass bestimmte Bakterien dafür sorgen könnten, dass auf den Schleimhäuten auch Antikörper gegen SARS-CoV-2 sind. Das würde dann gegen Infektionen schützen.

Neue Erkenntnisse zeigen auch, dass ein gehöriger Prozentsatz von älteren Menschen eine Art Autoimmunerkrankung entwickelt, mit der ein sehr schwerer Krankheitsverlauf bei SARS-CoV-2 einhergehen kann.

Ja, man versteht immer noch nicht wirklich, warum vor allem ältere Menschen so schwer von Covid-19 betroffen sind. Eine Erklärung ist, dass man im Verlauf seines Lebens eine Immunschwäche entwickeln kann, sozusagen als Kollateralschaden von bereits durchgemachten Immunreaktionen bei anderen Infektionserkrankungen.

Herr Radbruch, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Andreas Radbruch
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